Kommunalwahl 2020:Die Grünen sind die großen Gewinner der Ebersberger Kreistagswahl

Kommunalwahl 2020: Momentaufnahme aus einer Kreistagssitzung im Dezember 2018. Künftig werden die Grünen-Kreisrätinnen und -räte mehr Platz an den Tischen im Sitzungssaal beanspruchen, dafür muss die SPD einige Stühle räumen.

Momentaufnahme aus einer Kreistagssitzung im Dezember 2018. Künftig werden die Grünen-Kreisrätinnen und -räte mehr Platz an den Tischen im Sitzungssaal beanspruchen, dafür muss die SPD einige Stühle räumen.

(Foto: Landratsamt)

Sie gewinnen fünf Mandate dazu und werden zweitstärkste Fraktion. Die SPD erleidet große Verluste. So sieht der neue Kreistag aus.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Eigentlich wäre für die Grünen im Landkreis jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo man sich gegenseitig um den Hals fällt, zusammen jubelt und einander auf die Schulter klopft: Doch damit wird es nichts, statt einer großen Party gibt es in nächster Zeit allenfalls eine Videokonferenz und viele, viele Telefonate. Doch auch wenn das Coronavirus momentan fast alles verändert - die Freude über das Abschneiden bei der Kreistagswahl ist bei der Ökopartei dennoch groß:

24,5 Prozent haben die Grünen eingefahren, damit stellen sie wohl künftig 15 Kreisrätinnen und Kreisräte, fünf mehr als bisher. Die Berechnung stützt sich auf den Stand vom Dienstagabend, gegen 20 Uhr waren zwei von 207 Wahllokalen noch nicht ausgezählt. Dramatische Einbußen erleidet hingegen die SPD, die Fraktion halbiert sich fast, statt elf Mitglieder werden es künftig nur noch sechs sein. "Das tut weh", bekennt Fraktionschef Albert Hingerl. Zwar hatte er befürchtet, dass die SPD schlechter abschneidet als beim letzten Mal - mit so einem Absturz hätte er nach eigenen Angaben aber nicht gerechnet.

Waltraud Gruber, Fraktionssprecherin der Grünen und stellvertretende Landrätin, wäre hingegen mit einem geringeren Zuwachs nicht zufrieden gewesen, wie sie erzählt: "Das Ziel waren mindestens 15 Kreisrätinnen und Kreisräte, und das haben wir auch geschafft." Als jetzt zweitstärkste Fraktion gehen die Grünen mit gestärktem Selbstbewusstsein in die neue Wahlperiode. Sie erwarte, dass Themen wie der Erhalt der Lebensgrundlagen, die Mobilität und das soziale Miteinander eine wichtige Rolle in der künftigen Kreistagsarbeit spielten, sagt Gruber.

Außer über das Wahlergebnis freut sie sich auch über die Zusammensetzung ihrer neuen Fraktion: Neben erfahrenen Kräften seien auch sehr junge Bewerber wie etwa Antonia Schüller, Ronja Ofner oder Niklas Fent gewählt worden, auch die Geschlechter seien recht paritätisch vertreten: Acht Frauen und sieben Männer wurden gewählt. Sie alle nun noch besser kennenzulernen, Pläne zu diskutieren und Sitze in Ausschüssen zu verteilen, das wäre nun an sich der nächste Schritt - doch die Fraktionssitzungen, die normalerweise im Landratsamt stattfinden, und die übliche Klausur zum Beginn einer Amtsperiode wird es bis auf weiteres nicht geben. "Da müssen wir eben jetzt neue Wege gehen", sagt Waltraud Gruber.

CSU: Ein Mandat weniger als vor sechs Jahren

So ist es auch bei der CSU, die 24 Mandate erreicht hat, eines weniger als 2014. Telefoniert haben aber nicht nur die CSU-Politiker untereinander, auch mit der FDP habe man bereits Kontakt aufgenommen, erzählt der bisherige Fraktionschef Martin Wagner. Denn die Liberalen waren in der vergangenen Wahlperiode Partner der CSU, man bildete eine Fraktionsgemeinschaft. Eine absolute Mehrheit erreichten die beiden Parteien zwar auch dadurch nicht mehr im Kreistag, immerhin aber vereinten sie auf diese Weise 27 von 60 Sitzen auf sich.

Die Zusammenarbeit war in den Augen Wagners "sehr gut und sehr fruchtbar", für ihn gäbe es keinen Grund, sie nicht auch die nächsten sechs Jahre fortzusetzen. Entscheiden müssten das aber natürlich die jeweiligen Parteigremien. Die FDP hat wie bisher zwei Mandate, allerdings wird neben Alexander Müller nicht mehr Renate Will sitzen, sondern ein Neuzugang im Kreistag, der allerdings vielen aus der Landespolitik bekannt sein dürfte: Martin Hagen, der in Vaterstetten lebende Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag. Damit ist er der dritte Landtagsabgeordnete im Kreisgremium, außer ihm werden auch Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD) dort weiter vertreten sein.

Bei der SPD ist Doris Rauscher eine der Konstanten im Gremium, auch sonst haben die Wählerinnen und Wähler bei der SPD keine Experimente gewagt und fast ausschließlich Kreisrätinnen und Kreisräte gewählt, die bereits im Kreistag vertreten waren - Ausnahme ist Landratskandidat Omid Atai, der neu in das Gremium einzieht. Einige bekannte Gesichter werden freilich in den Reihen der Sozialdemokraten auch nicht mehr zu finden sein. Günter Lenz scheidet ebenso aus wie Thomas Kroll, Thomas Vogt und Ursula Bittner. Ernst Böhm hatte nicht mehr kandidiert. Die frühere SPD-Kreisrätin Renate Glaser bleibt zwar im Kreistag, dort vertritt sie aber nun die ÖDP.

Neue Rolle für die SPD

Die SPD muss sich nun in ihrer Rolle als kleinerer Partner im Kreistag einrichten, "der Wähler ist Souverän, und diese Rolle ist uns zugewiesen worden", sagt Albert Hingerl. Er sieht das Wahlergebnis als das Ergebnis einer Entwicklung, "die begonnen hat mit Kanzler Schröder und sich bis heute fortgesetzt hat". Zwar habe sich die SPD bemüht, auch im Wahlkampf das Augenmerk aufs Lokale zu lenken und die direkten Gespräche mit den Bürgern in den Vordergrund zu stellen, nicht die große Politik. Doch habe dieses Konzept letztlich nicht gefruchtet.

Zufrieden sein kann hingegen die ÖDP, sie ist künftig mit zwei Sitzen statt nur einem im Kreistag vertreten. Neben Renate Glaser ist das Karl Schweisfurth, der Herrmannsdorfer Unternehmer und Bio-Landwirt. Neu in den Kreistag eingezogen ist die Linke, allerdings nur mit einem Sitz, der an Marlene Ottinger fällt, die bisher noch für das "Bündnis für Grafing" im dortigen Stadtrat sitzt. Landratskandidat Vincent Kalnin hingegen hat nicht erneut den Sprung in den Kreistag geschafft, wo er bei der vergangenen Wahl für die Grünen eingezogen ist und nun für die Linke weiter arbeiten wollte.

Die Bayernpartei erreicht wie bisher zwei Sitze, die allerdings von anderen Kreisräten als bisher eingenommen werden. Die AfD stellt künftig drei statt zwei Kreisräte. Außer Manfred Schmidt, der durch seine Kandidatenwerbung mit nach Aussage Betroffener sehr dubiosen Methoden bundesweit bekannt geworden ist, werden dies voraussichtlich Helmut Demmel und Heidelinde Pelz sein. Ob diese auch tatsächlich ihre Ämter antreten, ist allerdings noch nicht ganz sicher, wie der kommissarische Kreisvorsitzende Wolfgang Wiehle mitteilt: Möglicherweise könnten "aus beruflichen Gründen nicht alle Gewählten ihre Wahl annehmen".

Wer auch immer für die AfD mit dabei ist, Waltraud Gruber hofft, dass es unter den übrigen Parteien einen Konsens gibt: Es dürfe "nicht passieren", dass die AfD in eine Fraktionsgemeinschaft aufgenommen werde und somit in den Ausschüssen vertreten sei, sagt Gruber.

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