Ebersberg:Größen auf Wanderschaft

Ebersberg: Stimmliches Phänomen: Nina Plotzki verzaubert die Zuhörer in der Ebersberger Zimtblüte.

Stimmliches Phänomen: Nina Plotzki verzaubert die Zuhörer in der Ebersberger Zimtblüte.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Renè Walden und Nina Plotzki in der Ebersberger Zimtblüte

Von Claus Regnault, Ebersberg

Es gibt wandernde Kunst, nicht nur den Zirkus, sondern auch das Wandertheater (so fing der große Molière an) - und sogar die Wander-Big-Band. Denn die Band, mit der Organisator René Walden nun in der Ebersberger Zimtblüte aufgetreten ist, hat kein Zuhause in einer Rundfunkanstalt oder einem sonstigen Kunstzentrum. Vielmehr stellt der Engländer für jedes Konzert am jeweiligen Ort wieder eine neue Band zusammen. Walden ist leidenschaftlicher Arrangeur und zur Verwirklichung seiner Partituren ein großartiger Bandleader, und dass seit 38 Jahren! Das Publikum konnte ihn und die eine oder andere seiner jeweils ad hoc zusammen gestellter Bands schon mehrfach in diesen Breiten hören, einmal im Alten Kino Ebersberg mit dem unvergesslichen Leadsänger Mario Lehner, ein andern Mal im Garten des Kastenwirts, hier schon mit der Leadsängerin Nina Plotzki, dem stimm- und auch sonst schönen Erbstück aus der legendären Al Pacino Band.

Diesmal hatte die Band als Thema "goes Latin" gewählt und zeigte dank der griffigen Arrangements Waldens gekonnt, wie früh das Latin-Idiom schon in den Jazz eingedrungen ist. Beispiele waren Herby Hancocks "Cantaloupe Island", Sonny Rollins "St. Thomas", Dizzy Gillespies "Tin Tin Deo" und Duke Ellingtons "Caravan" (wahrscheinlich von seinem Posaunisten Juan Tizol komponiert). Walden hatte hierfür bemerkenswerte Solisten engagiert, so die beiden Trompeter Max Rammler und Matthias Lampert, den Posaunisten Steve Crane, dessen gewaltiger Ton die Erinnerung an seine Mitwirkung bei der Rockgruppe Supercharge wach rief, sowie Michael Keul, drums, gleichfalls traumhaft virtuoses Erbstück aus der Al Pacino Band.

Das ganz Besondere des Abends war der Beitrag Nina Plotzkis, auch sie eine Wandersängerin, der Walden in jedem der beiden Sets je vier Songtitel einräumte. Ihre an diesem Abend ungemein präsente Stimme hatte die Wirkung der Herstellung eines Klangraums, der das begleitende Orchester und die faszinierte Zuhörerschaft einbezog. Über das Phänomen ihrer Stimme hinaus ist sie auch eine liebenswürdige Moderatorin, die sprachlich sowohl ihre Kollegen wie das Publikum in Bann ziehen kann. Als Beispiel ihrer Sangeskunst die Zugabe "Besame mucho" (Consuelo Velatquez), in der sie in äußerstem Pianissimo die Stimme von weither kommen ließ, ein Liebeslied, dessen zärtliche Entfaltung bei den Zuhörern das Gefühl entstehen ließ, sie seien gemeint.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: