Noch etwas mehr als eine Woche, dann zeigt sich, wer – zumindest in Bayern – wichtig ist. Die nämlich, welche im Nockherberg-Singspiel als Dramatis Personae vorkommen, egal, wie blöde sich die dann auf der Bühne anstellen. Für die beiden Städte Ebersberg und Grafing gibt es zwar kein Singspiel, dafür erfüllen aber die jährlich von den jeweiligen Faschingsgesellschaften herausgegebenen Zeitungen einen ähnlichen Zweck: Wer sich darin wiederfindet – egal wie blöde – kann für sich einen gewissen Promi-Status reklamieren. Wobei es dabei dies- und jenseits der B304 dann doch gewisse Unterschiede gibt.
Die Ebersberger sind dabei nämlich traditionell etwas weiter aufgestellt, sowohl was Personen wie Themen betrifft. Das dominierende ist diesmal eines, das sich in der Kreisstadt quasi aufdrängt: Die sensationell schlechte Kassenlage, die zum einen dem gallischen Alter Ego von Bürgermeister Ulrich Proske den Namen „Uli Ihobehnix“ eingebracht hat, zum anderen eine Steilvorlage für zahlreiche originelle Ideen zur Haushaltssanierung bietet.

Haushalt der Kreisstadt:Kompromiss dank Rasenmäher
Nach zähen Debatten einigen sich die Ebersberger Stadtratsfraktionen auf einen Haushalt. Der sieht pauschale Kürzungen vor, dafür sind Einsparungen bei der Kultur und bei den Vereinen vom Tisch, genau wie Steuererhöhungen.
Die zweifellos fotogenste ist der städtische Erotik-Kalender, der – dank hochprofessioneller Bildbearbeitung durch die Faschingsgesellschaft, die man mit Schere und Klebestift nicht besser hinbekommen könnte, und „inspiriert von verschiedenen ähnlichen Projekten“ – unter anderem die drei Bürgermeister als ölige und muskelbepackte Pin-ups zeigt.
Die Ebersberger finden die Grafinger deutlich lustiger als umgekehrt
Weitere Vorschläge zur Auffüllung der Stadtkasse sind unter anderem – wo man doch eine österreichische Firma mit dem Mobilitätskonzept beauftragt hat – ein Jahrespickerl für die Innenstadt, Dauerblitzer nach dem Vorbild von Kirchseeon, aber an allen Straßen, eine eigene Kryptowährung und ein städtischer Cannabis-Club. Nur einem Finanzierungsvorschlag räumen die Urheber selbst eher geringe Erfolgschancen ein: „Man wollte auch versuchen, Grafing zu veräußern. Aber wer kauft das schon?“
Überhaupt die Grafinger: Die kommen zwar nicht ganz so prominent vor, wie in manch früheren Jahren, als man es in Ebersberg für nötig befand, einen Warnhinweis für die Leser aus der Nachbarstadt voranzustellen, aber ein bisschen Neckerei muss heuer schon auch sein. Etwa wenn im aktuellen Brettspiel, diesmal geht es um das Entschleunigungserlebnis bei Bankgeschäften, das unguteste Ereignisfeld mit dem Grafinger Bären-Coin zu tun hat. Oder die Ebersberger ihren Nachbarn aus deren ebenfalls desolaten Haushaltslage helfen wollen – unter anderem durch Stadtratssitzungen als „Real Kabarett“ auf dem Markplatz.
Jenseits des Gspraiter Weihers, bei den Faschingsbären – die heuer, vielleicht aus Spargründen, bei ihrem Orden auf ein „S“ verzichten – bleibt man bei den Witzeleien eher unter sich: Den Ebersbergern wird zwar attestiert, dass selbst sie inzwischen wissen, dass es in Grafing einen Narrenbaum gibt und dass Landrat Robert Niedergesäß unter den jungen Faschingsbären schon nach Nachwuchs fürs Landratsamt sucht.

Ansonsten erfährt man dort vor allem über die größeren und kleineren Ausreißer der Grafinger, vom Bürgermeister, der einen ganz speziellen Kurs besucht haben soll, über die langen Lieferketten einer örtlichen Metzgerei oder über den wirklich wahren Grund für den Pächterinnenwechsel in einer Grafinger Weinstube.
Auch bei den Ebersbergern geht der Großteil des liebevollen Spotts auf eigene Kosten: Sei es über die angeblich zweifelhafte Qualität des Weihnachtsmarkt-Glühweins, die Ewigkeits-Baustelle Hölzerbräu, der ganz eigenen Konkurrenz für Dubai-Schokolade oder, oder, oder...
Und auch für einen Sympathiebeweis Richtung Süden reicht es am Ende noch: Falls nämlich Donald Trump nach Grönland und Kanada auch Grafing übernehmen wolle, werde man den Bärenstädtern beistehen: „So einfach lassen wir uns unsere Lieblings-Rivalin nicht wegnehmen.“ Zur Not habe man ja noch die Reste aus dem Melak-Weiher und die vergangenen Sommer in einem Ebersberger Schuppen gefundene Waffensammlung.

