Den Friseursalons und ihren Betreibern wird es im zweiten Corona-Lockdown schwer gemacht, ihre Unternehmen über Wasser zu halten. Vor allem durch diederzeitigen Einschränkungen der neusten Beschlüsse auf Bundes- und Länderebene, wie Uschi Elze, Betreiberin des "Haarraums" in Grafing erzählt: Viele aus der Branche bringe das erneut in eine existenzielle Notlage.
Mit dem alleinigen Versprechen auf finanzielle Unterstützung vom Staat fühlen sich viele Friseure zurzeit, so auch Elze, von der Regierung im Stich gelassen: Die Hilfen kämen oft erst spät und mit großem Vorlauf an. Gemeinsam mit einem befreundeten Inhaber eines anderen Haarsalons aus Grafing, möchte Elze nun in einem Brief einen Appell an die Regierung sprechen: "Um einen Stein ins Rollen zu bringen", denn anders als so mancher Kollege, möchte sie sich nicht machtlos fühlen und untätig zusehen, wie ihre Branche immer weiter Konkurs anmeldet. Am Montag, 18. Januar, ist zudem eine Demonstration vor dem Landratsamt Ebersberg geplant. Beginn ist um 18 Uhr.
Ein Problem für viele, die in einer ähnlichen Lage sind wie Uschi Elze: Der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von staatlichen Soforthilfen in Form von Krediten ist sehr groß und das Wissen vieler Betriebe über den Vorgang sehr klein. "Das geschenkte Geld" müsse dem Staat außerdem irgendwann zurückgezahlt werden, sagte Elze. Sie gehe davon aus, dass die Rückzahlung der Gelder vom letzten Frühling schon sehr bald anstehen wird.
Zusätzlich hat sie Restschulden von einem Kredit, den sie zur Eröffnung ihres Salons vor zwei Jahren aufnahm: Das bedrücke die finanzielle Situation zusätzlich. Nicht zuletzt hätte sie ihr Geschäft im ersten Lockdown einzig mit dem Verkauf von Gutscheinen an ihre Kunden am Laufen halten können, um so ihre Fixkosten zu decken. Auf diese Weise wurde der Umsatz nach vorne gelagert, aber weitere staatliche Hilfen seien durch diese Art der Kostendeckung ausgeschlossen worden.
Im Austausch mit anderen Gewerbetreibenden hätte sie zudem erfahren, dass die im November beantragten Zuschüsse erst in diesem Jahr auf den Weg gebracht worden wären. Auch sie selbst warte noch auf die angekündigten "Dezemberhilfen" zur "Überbrückung" der Einkommenssituation: Denn seitdem ihr Geschäft - nach dem letzten großen Ansturm vor dem 16. Dezember - geschlossen hat, sähe es nicht nur für sie finanziell schlecht aus: Die Zeit bis zum neuen Jahr hätte ihr Team noch mit Urlaub und Überstunden ausgleichen können, doch seit Januar beziehen ihre Beschäftigten Kurzarbeitergeld: 60 Prozent vom eigentlichen Lohn, das mache in ihrem Fall in etwa 800 Euro für ihre Angestellten aus, was weniger als die Grundsicherung sei. "Privat ist das sehr schwierig mit Versicherungen, Miete und Nahrungsversorgung", erklärt Uschi Elze die Problematik.
Sie selbst lebe gerade alleine vom Einkommen ihres Mannes: "So viel Glück haben nicht alle, viele pfeifen aus dem letzten Loch." So beschreibt die Friseurmeisterin die schwierige Situation vieler Kollegen. Zudem, so ihre Wahrnehmung, stünden viele Einzelhändler in der Region kurz vor der Insolvenz. Anders als einige Läden aus dem Einzelhandel, die im Lockdown das sogenannte "Click and collect"- System eingeführt haben, könnten Friseure auf kein alternatives Einkommensmodell zurückgreifen. Das Konzept, wonach Kunden im Internet Ware vorbestellen und zur späteren Abholung im Geschäft reservieren, ist für Friseure nicht umsetzbar: "Wir sind auf Menschenkontakt angewiesen", sagt Elze.
Den verantwortungsvollen Umgang mit den Kunden - die Abstandsregeln und die Hygienemaßnahmen - habe die Branche sehr ernst genommen, so Elze: Mit Maske, Plexischutzglas und Desinfektion sei kollektiv versucht worden, Infektionen zu verhindern und die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Jetzt, da die Friseurgeschäfte ausschließlich auf staatliche Hilfsgelder angewiesen sind und zuhause ausharren, bis die nächste Entscheidung der Bundes- und Länderregierungen gefallen ist, spitze sich die wirtschaftliche Lage vieler Betreiber immer weiter zu: "Meine Bank lässt mich mein Konto schließlich auch nicht einfach so um 10 000 Euro überziehen", sagt sie.
An diesem Montag, 18. Januar, 18 Uhr, wollen Elze und andere Betroffene bei einer Demonstration vor dem Landratsamt auf ihre Situation aufmerksam machen.