Die in Grafing-Bahnhof geplante Berufsschule kann nach Meinung von Landrat Robert Niedergesäß (CSU) nur mit einem privaten Investor umgesetzt werden. Bei einem Pressegespräch stellte sich der Landrat nun vollumfänglich hinter das vor knapp zwei Wochen von der CSU/FDP-Fraktion vorgestellte Positionspapier. Danach soll die Berufsschule nur gebaut werden, wenn es gelingt, die Kosten für Errichtung, Finanzierung und Betrieb aus dem Kreishaushalt herauszuhalten.
Hintergrund ist, dass der Landkreis zwei große Schulprojekte auf der Warteliste hat, neben der Berufsschule ist das ein fünftes Gymnasium, welches in Poing entstehen soll. Für beide Schulvorhaben reicht das Geld nicht ansatzweise aus, jedes der Projekte kostet laut bisherigen Schätzungen mehr als 100 Millionen Euro. Zwar ist man in Politik und Verwaltung bemüht, diese Kosten zu reduzieren – dass man die Schulen so günstig bekommt, um beide im gleichen Zeitraum umzusetzen, gilt jedoch als unrealistisch.
Gleichzeitig gibt es fraktionsübergreifend im Kreistag genau diesen Wunsch – nicht zuletzt, weil hier mehr der Wohnort als die Parteizugehörigkeit zur Präferenz des einen oder anderen Projektes führt: Die Kreisratsmitglieder aus dem Norden sind eher für das Gymnasium, jene aus dem Süden eher für die Berufsschule. Das gilt auch und besonders für die größte Fraktion, weshalb CSU und FDP eben kürzlich ihren Vorschlag mit dem PPP-Modell (Public Private Partnership) gemacht haben.
Demnach wird das Gymnasium vom Landkreis finanziert und auch betrieben, die Berufsschule jedoch von einem externen Partner. Der soll die Schule bauen, den Bau auch finanzieren und anschließend als Betreiber fungieren. Für den Landkreis soll dies weitgehend kostenneutral sein, die Gegenfinanzierung erfolge über die Gastschulbeiträge. Außerdem soll die Schule in Abschnitten errichtet werden und nur das entstehen, was für den Betrieb absolut nötig ist, Turnhalle oder Mensa wird es erst einmal nicht geben.
Was den Vorschlag der Christsozialen und Liberalen pikant macht, ist der Passus in dem Papier, wonach die Berufsschule nur umgesetzt wird, wenn es im PPP-Modell möglich ist. Laut Fraktionssprecher Martin Wagner stimmten nicht alle 26 Mitglieder für diese Einschränkung. „Darüber wurde sehr intensiv diskutiert“, sagt nun auch Niedergesäß, der aber keinen Hehl daraus macht, dass er im PPP-Modell den einzig gangbaren Weg sieht.
Auch in der Verwaltung – wo es durchaus kritische Meinungen zu dieser Art der Zusammenarbeit gibt – hält man PPP für realistischer, als die Schule selbst zu bauen. Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales und Bildung sowie davor lange Jahre Kreiskämmerin, hat ganz grundsätzlich nicht viel übrig für Investorenbeteiligungen an kommunalen Projekten: „Das ist Gift.“
Nicht nur sei man in der Verfügung über die Immobilien eingeschränkt – wie sich etwa gerade in Kirchseeon zeigt, wo man die Erweiterung des PPP-Gymnasiums als komplett eigenen Baukörper umsetzen muss, weil der Investoren-Teil vor Auslaufen des Vertrages in rund vier Jahren nicht angetastet werden darf. Auch finanziell lohne sich PPP meist nicht – außer bei einem Projekt, das sich durch Einnahmen gegenfinanziere.
Und dies sei eben bei der Berufsschule der Fall, so Keller, schließlich kämen die meisten der jungen Leute, die dort einmal unterrichtet werden, aus anderen Landkreisen, sodass von dort Gastschulbeiträge zu erwarten sind. Wie hoch diese nun aber ausfallen, dazu lasse sich derzeit noch nichts sagen, Keller und Niedergesäß gehen von einem Anteil zwischen 70 und 80 Prozent Gastschüler aus – entsprechend bliebe doch noch ein Kostenanteil von 20 bis 30 Prozent beim Landkreis.
Ebenfalls noch offen ist, welche Fächer nun in Grafing-Bahnhof unterrichtet werden sollen. Erst Anfang des Monats überraschte die Verwaltung mit einer Aussage im zuständigen Kreistagsausschuss, wonach derzeit eine Überprüfung der Fächer stattfinde, weil das 2017 erstellte Konzept nicht mehr aktuell sei. Auch vor diesem Hintergrund sei ein modulares Konzept, wie es auch die CSU/FDP-Fraktion vorschlägt, sinnvoll, so Niedergesäß: „Wir fangen mit einzelnen Berufsfeldern an, so können wir auf Trends reagieren.“
Ob der Trend im Kreistag Richtung Investorenmodell geht, wird sich dann in gut drei Monaten zeigen, wenn das Gremium über das Vorgehen bei den beiden Schulen abstimmt.