Videospiele während der Arbeitszeit zu daddeln, wird am Ebersberger Landratsamt sicherlich nicht gerne gesehen. Dennoch sagte Sozialamtsleiterin Marion Wolinski nun: „Wir spielen wieder Tetris.“ Gemeint ist damit freilich nicht die muntere Klötzchen-Stapelei, sondern das Verteilen der ankommenden Flüchtlinge auf die Unterkünfte im Landkreis. Nach einigen ruhigeren Monaten ist der Zustrom zuletzt wieder stärker geworden. Inzwischen kommen wieder im 14-Tage-Rhythmus Geflüchtete mit Bussen in Ebersberg an – und diese müssen natürlich irgendwo untergebracht werden. Doch bis die Unterkunft auf dem Markt Schwabener Atron-Gelände bezugsfertig ist, sind die Kapazitäten weiterhin knapp.
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Geflüchtete im Landkreis:Weg frei für Flüchtlingsheim am Ziegelstadel
Der Markt Schwabener Gemeinderat beschließt die Umwidmung eines Teils des ehemaligen Atron-Geländes von einem Gewerbegebiet zu einem Gebiet mit sozialem Nutzen. Erste Geflüchtete könnten im August einziehen.
„Die Lage ist nicht so dramatisch, wie zu Jahresbeginn prognostiziert, aber der Druck auf dem Kessel bleibt“, sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) am Donnerstag im Rahmen eines Pressegesprächs. Erst vergangene Woche sei ein Bus mit ukrainischen Flüchtlingen im Landkreis angekommen, der nächste wird in sieben Tagen erwartet. Diese Neuankömmlinge – darunter viele Familien und Mütter mit ihren Kindern – könne man durch Umschichten noch in der Unterkunft im ehemaligen Ebersberger Sparkassengebäude unterbringen, wie Marion Wolinski sagte, „aber danach geht nichts mehr“.
Es ist eine Situation, die man am Landratsamt bereits kennt. Schon häufiger musste Ebersberg einen Aufnahmestopp für Geflüchtete ausrufen, weil die Kapazitäten erschöpft waren. Erst im Lauf der zweiten Jahreshälfte sollen wieder Plätze für die Unterbringung frei werden, wenn die Unterkunft in Markt Schwaben bezogen werden kann. Dort laufen bereits die Arbeiten auf Hochtouren, um das Gebäude zeitnah auf Vordermann zu bringen. Bis es so weit ist, wird man am Landratsamt aber weiter Tetris spielen müssen, oder wie Wolinski sagte: „Wir denken von Bus zu Bus.“ In diesen saßen zuletzt vor allem Menschen aus der Ukraine, aber auch der Zulauf von Asylbewerbern aus Afghanistan, Syrien und der Türkei hält dem Landratsamt zufolge weiter an.
Der Landkreis setzt große Hoffnungen in die Bezahlkarte für Asylbewerber
Da letztere unter das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz fallen, werden sie auch die neue Bezahlkarte erhalten, die im Landkreis Ebersberg von Juli an zum Einsatz kommt. Anstatt mit Bargeld, sollen Geflüchtete in Bayern künftig ihre Lebensmittel oder sonstige Dinge des täglichen Bedarfs elektronisch bezahlen können – was wiederum verhindern soll, dass die Unterstützungsgelder direkt weiter ins Ausland fließen. In anderen Landkreisen gibt es die Bezahlkarte bereits, nun steigt auch Ebersberg mit in das Projekt ein. Er sei eigentlich ganz glücklich darüber, dass man nicht als einer der bayerischen Pilotlandkreise ausgewählt wurde, sagte Landrat Niedergesäß. „Jetzt können wir von den Erfahrungen der anderen profitieren.“ Diese seien aber ohnehin recht positiv, wie ihm von seinem Amtskollegen mitgeteilt wurde. Bis auf einige „Kinderkrankheiten“ habe die Bezahlkarte überall einwandfrei funktioniert.
Etwa 400 solcher Karten, die im Grunde wie EC-Karten funktionieren, wird der Landkreis an seine Asylbewerber ausgeben. Ein Großteil davon sei bereits verteilt, wie Marion Wolinski sagte. Die Sozialamtsleiterin ist recht zuversichtlich, dass das System auch in Ebersberg ein Erfolg wird – zumindest das testweise Aufbuchen von Beträgen habe schon mal gut geklappt.