Ebersberger Frauenhaus:„Wir brauchen Geld, sehr viel davon“

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Lange hat es gedauert, nun ist es endlich so weit: Ein Träger für das Ebersberger Frauenhaus ist gefunden, möglichst im Januar soll die Einrichtung eröffnen. (Foto: Maja Hitij/dpa)

Die Trägerschaft des Ebersberger Frauenhauses übernimmt der hiesige Verein „Frauen helfen Frauen“. Zu Beginn des neuen Jahres soll die Einrichtung nun eröffnen – bis dahin braucht es aber Personal und vor allem viele Spenden.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Pünktlich zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am kommenden Montag steht nun ganz offiziell fest: Der Ebersberger Verein „Frauen helfen Frauen“ übernimmt die Trägerschaft des neuen Frauenhauses für den Landkreis. Dies gab Landrat Robert Niedergesäß (CSU) am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekannt. Demnach sei er froh, dass der Landkreis in dem sehr erfahrenen Verein einen Träger gefunden habe, der schon seit Jahrzehnten mit dem Frauennotruf-Team Frauen und Mädchen in Krisensituationen beisteht – in diesem Jahr feiert die Beratungsstelle ihr 35-jähriges Bestehen. „Das garantiert, dass die Frauen, die sich ins Frauenhaus flüchten, in guten Händen sind und die Hilfe erfahren, die sie in solch einer Situation dringend benötigen“, sagte der Landrat bei Vertragsunterzeichnung. „Wir freuen uns auf eine lange und gute Zusammenarbeit zum Wohle der betroffenen Frauen und Kinder.“ Mit der Eröffnung des Frauenhauses sei nun „ein weiterer wichtiger Mosaikstein im sozialen Landkreis Ebersberg“ gesetzt.

Dass der Landkreis ein eigenes Frauenhaus haben möchte, ist schon lange Konsens bei den Mitgliedern im Kreistag und seinen Gremien. Bislang finanzierte der Kreis Ebersberg das Erdinger Frauenhaus zu 50 Prozent mit – insgesamt gibt es dort fünf Plätze für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder. Viel zu wenig für den vorhandenen Bedarf: Ebersberger Frauen sind in dem Verbund oft gar nicht untergekommen, weil kein freier Platz vorhanden war.

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2019 dann stellte der zuständige Kreis- und Strategieausschuss die Weichen für eine eigene Ebersberger Einrichtung. Das war möglich, weil das bayerische Familienministerium eine neue Richtlinie erlassen hatte. Dieser zufolge soll pro 10 327 Einwohnerinnen im Alter von 18 bis 80 Jahren ein Platz in einem Frauenhaus zur Verfügung stehen. Damals bedeutete das 5,25 Plätze bei 54 234 Einwohnerinnen in Ebersberg, und noch einmal 5,05 Plätze bei 52 309 Einwohnerinnen in Erding. Mittlerweile leben insgesamt fast 4000 Bürgerinnen und Bürger mehr im Landkreis als vor fünf Jahren – dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Bedarf heute noch höher ist als es damals der Fall war.

Aktuell ist der Träger dabei, die Räume im Haus bezugsfertig auszustatten

Eigentlich hätte die Einrichtung 2022, nach Ende des Kooperationsvertrags mit dem Erdinger Haus, eröffnet werden sollen. Doch immer wieder verzögerten sich die konkreten Pläne – hauptsächlich, weil der Kreis durch die Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs nicht die notwendigen finanziellen Mittel auftreiben konnte. Ende 2022 beschloss der Kreistag dann, die Maßnahme für das Folgejahr in die Finanzplanung mit aufzunehmen. Im Sommer 2023 sagte Landrat Niedergesäß zu, dass das Frauenhaus 2024 kommen soll. Noch in diesem April hieß es, dass die Einrichtung im vierten Quartal eröffnen soll, „wir sind im Zeitplan“, sagte damals der Landrat.

Ganz klappt es damit nun nicht – laut aktueller Pressemitteilung sollen „möglichst ab Januar 2025 bis zu sieben Frauen und deren Kinder, die vor häuslicher Gewalt fliehen müssen, Zuflucht im neuen Ebersberger Frauenhaus finden“. Die Ausbauarbeiten in der Einrichtung, deren Standort der Öffentlichkeit zum Schutz der Frauen nicht bekannt werden soll, seien vonseiten des Landratsamts abgeschlossen, wie es weiter heißt. Aktuell sei der Träger dabei, die Räume bezugsfertig auszustatten.

Schlüsselübergabe für das neue Ebersberger Frauenhaus: Landrat Robert Niedergesäß, Vorstandsmitglied im Trägerverein Elke Zahner-Meike und die Leiterin im Landratsamt für den Bereich Soziales Marion Wolinski (v.r.). (Foto: Landratsamt Ebersberg/oh)

Beim Verein „Frauen helfen Frauen“ ist die Freude groß, den Zuschlag für die Trägerschaft bekommen zu haben, zumal gerade zum 35-jährigen Bestehen, wie Vorstandsmitglied Elke Zahner-Meike in der Pressemitteilung zitiert wird. Vor allem freuen sich die Mitarbeiterinnen des Frauennotrufs aber auch darüber, dass der Zuspruch von außen so groß ist: „Seit gestern bekomme ich viele Zuschriften und Anrufe. Die Menschen freuen sich, dass wir nun Träger sind, und beglückwünschen uns“, sagt Angela Rupp, Leiterin der Beratungsstelle, am Freitag der SZ.

„Ich freue mich wirklich riesig“, sagt auch Doris Rauscher. Die Sozialdemokratin ist nicht nur Mitglied im Ebersberger Kreistag und Bayerischen Landtag, sondern auch Patin des Vereins. Dank der langjährigen Erfahrung von eben jenem in der Beratung von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, sei die nun hinzugekommene Trägerschaft „eine runde Sache“: „Die Mitarbeiterinnen vom Frauennotruf haben eine große Expertise und machen großartige Arbeit“, so Rauscher weiter.

Mit Sachspenden für das Haus ist dem Verein nicht geholfen

Trotz aller Freude verschweigt Frauennotruf-Leiterin Angela Rupp aber eines nicht: Die Trägerschaft stellt den Verein auch vor Herausforderungen, und zwar finanzieller Natur. Zehn Prozent der Personalkosten muss der Verein künftig selbst stemmen – das sind ungefähr 25 000 Euro pro Jahr, schätzt Rupp. Hinzu kommen die einmaligen Kosten für die Grundausstattung des Hauses, noch sind alle Räume leer. Dabei sei dem Verein mit Sachspenden aber eher nicht geholfen: Ein Frauenhaus soll so gemütlich und ansprechend wie möglich gestaltet sein, damit sich die Frauen und Kinder dort wohl und sicher fühlen, damit sie dort beginnen können, sich wieder ein eigenes neues Leben aufzubauen – „ein Ort, der Ressourcen zurückgibt“, so beschreibt es Rupp. Bei zusammengewürfelten Möbelspenden, bei denen Fragen nach hygienischen und funktionsfähigen Standards zunächst unklar sind, sei dieses wichtige Kriterium nicht erfüllt. „Wir brauchen Geld, und zwar sehr viel davon.“

Neben Geld ist der Verein nun auch auf der Suche nach Personal: Sozialpädagoginnen und Erzieherinnen, die sich um die Bewohnerinnen und deren Kinder kümmern. Und zwar möglichst schnell, damit es mit der Eröffnung der Einrichtung im Januar nächsten Jahres klappt.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass mittlerweile fast 400 Bürgerinnen und Bürger mehr im Landkreis Ebersberg leben. Das ist falsch – hier ist eine Null verloren gegangen: Es sind eigentlich fast 4000 mehr.

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