Süddeutsche Zeitung

Windenergie:AfD ruft Europa um Hilfe

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Kreisrat Manfred Schmidt hat bei der EU-Kommission eine Petition gegen die Windräder im Ebersberger Forst eingereicht.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

In der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen und in der Not scheint man sich bei der AfD einer Institution zu besinnen, die man bei Rechtspopulisten gemeinhin für schlimmer hält als alle Teufel zusammen: die Europäische Union. An diese, genauer an die EU-Kommission, hat sich nun der Vaterstettener AfD-Kreisrat Manfred Schmidt mit einer Petition gegen die im Forst geplanten Windräder - im besten AfD-Sprech "Großwindkraftanlagen (WKA)" genannt - gewandt. Darin bittet er die Kommission "auf den Landkreis Ebersberg als den verantwortlichen Entscheidungsträger einzuwirken und ihn zum Planungsverzicht zu veranlassen".

Hintergrund ist natürlich der für den 16. Mai geplante landkreisweite Bürgerentscheid zum Thema, weshalb Schmidt seine Eingabe auch als "eilige Terminsache" deklariert. Denn wie es Schmidt schon wiederholt im Kreistag und seinen Ausschüssen kund getan hat, äußert er auch in der Petition Zweifel an der geplanten Abstimmung. So sei zum einen die Frage auf den Stimmzetteln nicht nur "von ihrem sprachlich ,gedrechselten' Wortlaut her kaum verständlich", dass darin auch die Passage "Förderung der Landschaftspflege" vorkommt erwecke dies "geradezu offenen Hohn, ja begibt sich in gefährliche Nähe zur ,Volksverdummung'".

Zum anderen "ist eine absolut objektive und tiefschürfende Bürgerinformation nicht unbedingt zu erwarten, da die damit beauftragte Ebersberger Energieagentur als eifrige Befürworterin dieser WKA-Planung schon von ihrer Interessenlage her wohl eher auf Zustimmung hinwirkt", schreibt Schmidt.

Ebenfalls bemängelt er, dass das Projekt in einem Gebiet stattfinden soll, das als "Bannwald sowie als Landschaftsschutz-, Trinkwasser- und Wildschutzgebiet" ausgewiesen und noch dazu Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) ist. Zudem seien die Windräder "ausnahmslos innerhalb des Landschaftsschutzgebietes und nur etwa 1800 Meter von den benachbarten FFH-Gebieten geplant".

Auch die "erforderliche Infrastruktur einschließlich schwerlasttauglicher Straße für Wartung, Reparaturen, Abbau etc. und Übertragungsleitungen", wirke sich schädlich auf den Wald aus, schreibt Schmidt weiter. Vor allem weil, so argwöhnt er, unterirdische Stromleitungen "aus Kostengründen nicht in Betracht kommen", da dies "zwei- bis zehnmal so teuer ist wie eine Freileitung". Weshalb wohl "von sog. Pylonen getragenen Frei- und Überlandleitungen" errichtet würden, die ebenfalls schädlich für Tier- und Pflanzenwelt seien, ganz besonders für die benachbarten FFH-Gebiete.

Des weiteren führt er zahlreiche Tierarten an, die durch das Vorhaben gefährdet wären. Etwa "Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini)", "Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)", "Wimperfledermaus (Myotis emarginatus)" und "Großes Mausohr (Myotis myotis)" sowie die Gelbbauchunke, die allerdings in der Petition auf ihren lateinischen Namen verzichten muss - vielleicht wird "Bombina variegata" ja noch nachgereicht.

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SZ vom 26.03.2021
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