Ebersberg:Feiern, ohne dass der Arzt kommt

Das Ebersberger Kreisjugendamt möchte Veranstalter mehr für den Jugendschutz sensibilisieren. Aber auch bei den Familien will man für verantwortungsvolles Verhalten werben

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Jugend und Einsicht, das sind zwei Dinge, die sich eigentlich ausschließen." So umschreibt Ingo Pinkofsky vom Ebersberger Kreisjugendamt das Problem, mit dem er und seine Kollegen regelmäßig zu tun haben; gerade wenn es um den Unterschied zwischen Ge- und Missbrauch von Alkohol geht. Um so wichtiger ist es dem Jugendamt, dass zumindest die Veranstalter von Festen und Feiern Bescheid wissen, was ihre Gäste dürfen und was nicht. Zu diesem Zweck hat das Kreisjugendamt nun den Leitfaden überarbeitet, in dem Organisatoren die Regeln des Jugendschutzgesetzes und deren Umsetzung in der Praxis erklärt werden.

Dies sei wegen einiger Änderungen im Gesetz - etwa zu E-Zigaretten oder zu Ausnahmeregelungen bei der Sperrstunde für ehrenamtliche minderjährige Helfer - ohnehin nötig geworden. Aber auch generell will man im Jugendamt den Leitfaden Veranstaltern ans Herz legen. Denn es gebe bei der Organisation von Festen viel Unsicherheit, sagt Amtsleiter Christian Salberg. Nicht zuletzt wegen negativer Berichte über volltrunkene Minderjährige, wie erst kürzlich beim Grafinger Volksfest. Was bei manchen Veranstaltern dazu führe, dass sie unter 18-Jährige gar nicht mehr zu ihren Feiern zulassen, sagt Florian Robida, Teamleiter im Jugendamt. Diesen Ausschluss begrüße man aber ausdrücklich nicht. Schließlich, so Salberg, sollten die jungen Leute "nicht ausgesperrt werden, sondern sie sollten feiern dürfen und können", nur eben verantwortungsvoll.

Einen wichtigen Teil zu dieser "Kultur des Feierns", wie Salberg sagt, könnten die Veranstalter leisten, einfach durch die Umsetzung geltender Gesetze. "Wer den Leitfaden durchliest, ist in der Lage, ein Fest auszurichten, das dem Jugendschutz genügt", ist Salberg überzeugt. Wer trotzdem noch Fragen hat, könne sich immer an das Jugendamt wenden. Oft geschehen Verstöße gegen Jugendschutzauflagen aus Unwissenheit, hat Robida beobachtet. Etwa wenn in einem Verein ein neuer Vorstand ein Fest organisiert, aber die Rechtslage vielleicht nicht so genau kennt. Etwa bis zu welcher Uhrzeit welche Altersgruppe heimgeschickt werden muss, wer Bier und Wein aber noch keinen Schnaps ausgeschenkt bekommen darf, oder wo ein Sicherheitsdienst eine sinnvolle Investition ist.

Auch anderswo gebe es oft Unwissenheit, sagt Pinkofsky, der im Rahmen der präventiven Jugendhilfe auch Kontrollen vornimmt. Etwa 100 Mal im Jahr überprüfe man Feiern, Gaststätten und Lokale genau wie Kioske oder Getränkemärkte auf Einhaltung der Jugendschutzes - und werde oft fündig: Bei etwa 80 Prozent der Kontrollen gebe es Beanstandungen, gerade wenn viele Aushilfen beschäftigt seien. Meist seien die Verstöße zwar nur kleinere Dinge, etwa wenn die Jugendschutzbestimmungen nicht sichtbar ausgehängt sind. Trotzdem könne dies ein Indiz sein, "dass man es auch ansonsten nicht so genau nimmt."

Grundsätzlich kann das Jugendamt bei Verstößen auch durchaus schmerzhafte Bußgelder verhängen, sagt Salberg. Wer etwa Schnaps an Minderjährige verkauft, kann mit bis zu 4000 Euro pro Fall zur Kasse gebeten werden. Wobei es nicht das Ziel des Jugendamtes sei, möglichst vielen Wirten oder Geschäften Bußgeldbescheide auszustellen, sagt Robida. "Unser Ziel ist es, die Verkäufer zu sensibilisieren." Wenn es Anzeichen dafür gebe, dass irgendwer Alkohol an Minderjährige verkauft - der Vorwurf war unter anderem beim vergangenen Grafinger Volksfest laut geworden, weil einige Jugendliche schon sichtlich betrunken ins Bierzelt kamen - versuche man es zunächst im Guten, sagt Salberg. "Mir ist es lieber, wenn einer nach einem Gespräch einsichtig ist, als wenn er ein hohes Bußgeld kassiert und sich dann künftig einfach nicht mehr erwischen lässt."

Wobei - da macht sich Pinkofsky keine Illusionen - das Problem des sogenannten Vorglühens, also des Betrinkens vor der eigentlichen Veranstaltung mit Billigalkohol aus dem Supermarkt, sich wohl nie vollständig verhindern lassen könne. Eine grundsätzlich legale Droge wie Alkohol sei eben immer irgendwie aufzutreiben, auch von denen, die eigentlich noch zu jung dafür sind, sagt Robida. Nicht zuletzt, wenn von der Industrie gezielt um Jugendliche als Trinker geworben werde. Etwa bei der Vermarktung von süßen Mischgetränken wie Alkopops. Die Kombination aus coolem Image und limoartigem Geschmack, "das senkt die Hemmschwelle", so Salberg.

Wichtig sei daher, dass auch die jungen Leute selbst sensibilisiert werden. Dabei wolle man niemandem das Feiern oder - ab einem bestimmten Alter - auch das Trinken verbieten, aber eben in einem nicht gesundheitsgefährdenden Rahmen: "Es geht darum, die Grenzen zu finden, wo es noch gut geht, und wo eben nicht mehr", fasst es Robida zusammen. Und auch wenn es mit der Einsicht altersbedingt oft noch nicht so weit her ist, gebe es durchaus Argumente, denen die jungen Leute zugänglich seien, hat Pinkofsky beobachtet. Etwa dass, wer gleich am Anfang der Party besoffen in die Notaufnahme muss, nicht mehr viel von der Feier hat, oder - bei den älteren - der Hinweis auf den drohenden Verlust des Führerscheins.

Auch das private Umfeld der Jugendlichen habe hier eine Verantwortung, sagt Robida. Hier seien vor allem die Eltern in der Pflicht. Zum einen durch ihr Vorbild, aber auch, um klare Grenzen zu setzen. "Das ist nicht immer schön, aber man muss als Eltern aushalten, auch mal nicht der beste Freund der Kinder zu sein." Falls Eltern dazu Fragen haben, sei das Jugendamt immer beratend zur Stelle, sagt Salberg. "Wir wollen auch den Eltern einen Leitfaden geben".

Den Leitfaden zum Jugendschutz mit Tipps und Vordrucken für Veranstalter gibt es im Landratsamt. Zusätzliche Fragen beantwortet Ingo Pinkofsky telefonich unter (08092) 823-311 oder per E-Mail an jugendschutz@lra-ebe.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: