Ebersberg/Erding:Kreis-Linke verdreifachen ihre Mitgliederzahl

Die Linke

Bei den Parteimitgliedern haben die Ebersberger Linken den Nachbarlandkreis Erding überholt.

(Foto: DPA)

Der gemeinsame Verband der Nachbarandkreise legt ordentlich zu. Bei der Mitgliederzahl war bisher Erding in Front, innerhalb einer Wahlperiode änderte sich das.

Von Thomas Daller, Ebersberg/Erding

Der Kreisverband der Linken für Erding-Ebersberg ist im Aufwind. Bei der Bundestagswahl hat die Partei eine Verdoppelung der Zweitstimmen erzielt. Im Vergleich zu 2013 hat sich die Mitgliederzahl von zwölf auf 39 mehr als verdreifacht. Insbesondere für junge Menschen ist die Linke attraktiv: 46 Prozent der Mitglieder sind unter 30 Jahre alt. Prognosen zufolge kann die Linke bei den Landtagswahlen im Oktober ihren Stimmenanteil von zwei auf vier Prozent verbessern. Der Kreisverbandsvorsitzende Walter Koppe ist zuversichtlich, bei den Kommunalwahlen 2020 in den Erdinger Stadtrat sowie in den Landkreisen Ebersberg und Erding in den Kreistag einzuziehen.

Die Linke, für die im Wahlkreis Erding-Ebersberg bei der Bundestagswahl der damals 19-jährige Lukas Schmidt aus Baiern antrat, profitiert laut Koppe nicht nur vom Erosionsprozess der SPD. Auch der Kreisverband habe in den vergangenen Jahren erfolgreich Mitglieder geworben. Bei den Kommunalwahlen 2014 musste man noch Unterschriften sammeln, um antreten zu dürfen. Das erübrigt sich nun bei den nächsten Wahlen, weil die Linke bei der Bundestagswahl bayernweit 6,1 Prozent erzielt hat. Allerdings hatte das Sammeln von Unterschriften auch den Effekt, dass Koppe und andere Mitglieder mit Bürgern ins Gespräch gekommen sind. Das "Rumstehen in der Kälte" habe sich insofern gelohnt, als dass man doch einige Leute überzeugen konnte, den Linken beizutreten.

Darüber hinaus habe man vor ein bis zwei Jahren bewusst versucht, im Landkreis Ebersberg wieder Boden gut zu machen. Das sei vor allem in Grafing gelungen. "Die Stadt hat eine ausgeprägte alternative Kultur und eine grüne Bürgermeisterin", so Koppe. Dort sei man auch für die Linke aufgeschlossen. Bei den Mitgliederzahlen habe der Landkreis Ebersberg den Landkreis Erding bereits überholt. Allerdings liegen zwischen Grafing und Erding 50 Kilometer. Daher trifft sich der Kreisverband meist auf halber Strecke in Markt Schwaben oder Poing. Das führe dazu, dass man in Erding vom Zulauf bei den Linken noch nicht viel mitbekommen habe.

Gegen Dobrindts "konservative Revolution"

Das soll sich spätestens zu den nächsten Kommunalwahlen ändern. Koppe ist der Auffassung, dass es im Landkreis Erding etliche Themen gebe, bei denen die Kommunalpolitik angreifbar sei. Beispielsweise der soziale Wohnungsbau, der stark abgebaut worden sei. Stattdessen habe Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) das Modell Sozialgerechte Bodennutzung (Sobon) von München übernommen "und für Erding so verwässert, dass fast nichts mehr davon übrig ist". Aus der 30-Prozent-Förderquote für Finanzschwache seien im Erdinger Modell 30 Prozent für Familien mit Kindern geworden. "Und für die Finanzschwachen bleibt nichts übrig", so Koppe. "Die sollen im Stadtbild gar nicht vorkommen, das stört nur als Touristenstadt."

Dabei müsse man sich in Zukunft auf immer mehr finanzschwache Arbeitnehmer einstellen; insbesondere im Hinblick auf den von der Staatsregierung gewünschten Bau der dritten Start- und Landbahn. Denn eine Auslastung des Flughafens könne nur erfolgen, wenn man weitere Billigfluglinien ins Erdinger Moos hole. Damit sich das lohne, müsse man immer mehr Festangestellte am Flughafen durch Leiharbeiter ersetzen, die ein Drittel weniger verdienen würden. Die könnten sich das Leben in der Region aber eigentlich gar nicht leisten und müssten von den Landkreisen dann als Hartz-IV-Aufstocker unterstützt werden. Somit müssten die Bürger in der Region mit ihren Steuergeldern die niedrigen Preise der Billigflieger subventionieren. "Man muss auch die sozialpolitischen Aspekte bei der Startbahn im Blick haben und nicht nur, wie die Grünen, die ökologischen", findet Koppe.

Koppe interpretiert den Zulauf von jungen Menschen und ihr Interesse an linker Politik als Reaktion auf die "Gegenaufklärer", die in vielen Ländern an die Macht gekommen seien. Dazu müsse man gar nicht auf Trump in die USA blicken. Auch in Bayern versuche Alexander Dobrindt (CSU) mit einer "konservativen Revolution" die Zeit in die 1950er Jahre zurückzudrehen. Damit verteufele er die 68er-Bewegung und unterstelle, dass die Politik in Deutschland links sei. "Die 68er wollten eine Gesellschaft auf Augenhöhe und genau das Gegenteil ist passiert."

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