Ebersberg:Emotionale Klangsprache

Leszek Zadlo ist ein begnadeter Saxofonist mit brennender Leidenschaft für den Jazz

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Wenn Leszek Zadlo spricht, wünscht man sich, er möge nicht so bald damit aufhören, denn seine Sprache klingt weich und gefühlvoll, so wie auch ein Saxofon klingen kann, wenn ein Könner es spielt. "Mein erstes Deutsch war Wienerisch", sagt der polnische Tenorsaxofonist. "Ich bin halt ein typischer Immigrant" - ein Immigrant allerdings, der im Landkreis Wurzeln geschlagen hat.

Zwanzig Jahre hat Zadlo in Baldham gewohnt. "Es war meine Idee, die heutige Karl-Böhm-Straße nach dem Dirigenten zu benennen", sagt er. "Damals habe ich das dem Bürgermeister vorgeschlagen." Zadlo hat Karl Böhm, der mit seiner Familie in Baldham lebte, noch gekannt; er war 15 Jahre lang mit der 1995 verstorbenen Schauspielerin Barbara Böhm verheiratet.

Zadlo ist 1945 in Krakau geboren. Schon als Kind, erzählt er, habe er den Jazz geliebt. "Louis Armstrong habe ich im Radio gehört, zumindest, wenn es mir gelungen ist, Sender herein zu bekommen, die ihn gespielt haben." Im "Helicon", dem legendären Krakauer Jazzclub, auch "Jazzwiege Polens" genannt, wird er endgültig infiziert. "Das Regime hat uns zum Glück in Ruhe gelassen", erinnert Zadlo sich an diese Zeit.

Von 1966 an studiert er in Wien und Graz und gehört eine Zeitlang auch der Bigband des ORF an. 1972 gründet er eine eigene Formation, das Leszek-Zadlo-Ensemble, zu dem Paulo Cardoso, Bass, und Billy Elgart, Drums, gehören. Ein Jahr später kommt die erste Langspielplatte heraus, zehn Jahre später gründet er eine weitere Band - das Polski Jazz Ensemble. 1999 wird Zadlo zum Leiter des European Art Orchestra ernannt. Seine Verbindungen und Projekte sind international, vielfältig, völkerverbindend. Leszek Zadlo ist mit nahezu allen bedeutenden Größen des Jazz und in mehr als vierzig Ländern aufgetreten, hat 70 Platten und CDs eingespielt, ist als Komponist von Bühnen- und Filmmusik tätig.

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Der Saxofonist Leszek Zadlo ist am 22. Oktober im Rahmen von Ebe-Jazz 15 in einer Session bei Jazz im Turm in Grafing zu erleben.

(Foto: Georgine Treybal)

Aus der Zusammenarbeit mit dem Organisten und Komponisten Claus Bantzer etwa entsteht die CD "Illumination" mit atemraubenden Improvisationen für Saxofon und Orgel. "Ich habe mich im Lauf der Jahre durch alle Stilistiken des Jazz gespielt", sagt Zadlo, darunter Modern Jazz, Swing, Free Jazz. Sein großes Vorbild war und ist aber John Coltrane, der 1967 starb und mit seiner besonderen, extrem verdichteten Spielweise die Klangsprache des Saxofons erweitert und verfeinert hat. "Heute würde ich meinen Stil als relativ melodiös und rhythmisch, aber trotzdem frei bezeichnen", sagt Zadlo. Von "emotionaler Geschlossenheit" in Zadlos Musizieren, ja einem tragenden Gefühl wie Liebe spricht SZ-Kritiker Claus Regnault. Die jüngste, in Krakau aufgenommene Scheibe heißt "Emotion". Exemplarisch für Zadlos Vielseitigkeit und Emotionalität ist auch das Projekt "Jazz and Lyrics" mit Peter Rühmkorf, sind gemeinsame Konzerte mit Friedrich Gulda, der vor 15 Jahren gestorben ist. Leszek Zadlo lacht. "Da fällt mir gerade ein: Ende der 60er Jahre, als ich an einem Workshop für junge Talente in Hamburg teilnahm, wohnte ich mal mit Udo Lindenberg zusammen. Netter Kerl".

Seit dreißig Jahren unterrichtet Zadlo Saxofon und Flöte an den Musikhochschulen Würzburg und München. Er ist einer der Gründer des Jazzclubs "Unterfahrt" und Vorsitzender der Gesellschaft zur deutsch-polnischen Verständigung. In diesen Tagen ist er wieder mal auf dem Weg nach Krakau, wo er mit dem European Art Ensemble sechs Konzerte spielen wird.

Beim Jazzfestival Ebersberg wird Leszek Zadlo einer der ersten sein, die den im September neu eröffneten Grafinger Turm bespielen werden - zusammen mit dem Blue Monday Jazzquintet: "Bebop and Beyond" heißt das Programm. "Am liebsten würde ich natürlich mit meinem Ensemble spielen", erklärt Zadlo, "aber so passt es auch: Die Kollegen vom Blue Monday Quintett sind alte Freunde."

Ebersberg: Saxofonist Leszek Zadlo spielt beim Jazzfestival Ebersberg im neu eröffneten Grafinger Turm.

Saxofonist Leszek Zadlo spielt beim Jazzfestival Ebersberg im neu eröffneten Grafinger Turm.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Donnerstag, 22. Oktober, 20 Uhr, spielt das Blue Monday Quintet, featuring Leszek Zadlo, bei Jazz im Turm in Grafing. Der Eintritt ist frei.

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