Ebersberg:Eine Lobby für die ältere Generation

Seniorenbeirat Ebersberg

Seit drei Jahren sind Judith Scharnagl, Karin Scharl (vorne von links) und Thomas John Seniorenbeiräte in Ebersberg.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 2013 gibt es in Ebersberg einen Seniorenbeirat. Dieser hat nun seine Agenda für die kommenden Jahre vorgestellt, besonders im Straßenverkehr sieht man viel Verbesserungsbedarf

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Die Strukturen in Ebersberg stimmen, viele Angebote gerade für ältere Menschen seien bereits vorhanden. Nach dieser lobenden Bestandsaufnahme könnte Thomas John, seit drei Jahren Vorsitzender des Seniorenbeirats der Kreisstadt sein Ehrenamt eigentlich gleich wieder ruhen lassen. Doch dafür ist der gebürtige Offenbacher nicht der Typ, er will etwas bewegen - und sieht trotz allen Lobes für das Bestehende noch einige Dinge, die man verbessern kann. Bewegt hat sich auch John viel: 17 Mal ist er in seinem Leben bereits umgezogen. "Deshalb dachte ich auch, es wäre ungefährlich, mich bei der Wahl des Seniorenbeirats aufzustellen: Mich kannte da ja niemand!", erinnert er sich.

Doch dem Endsechziger mit der energischen Art wurde ein Vertrauensvorschub geschenkt und so vertritt John nun die Interessen der Generation 60 Plus. "Faktisch setzt sich unsere Zielgruppe eher aus Menschen zusammen, die älter als 70 sind", sagt John. Wichtig ist ihm, dass der Ebersberger Beirat gewählt ist und nicht wie in anderen Gemeinden von der Verwaltung eingesetzt. "In unserer Satzung ist außerdem festgehalten, dass keiner von uns ein Amt in der Stadt innehaben darf."

Dass er sich in dieser Form engagiert, obwohl er weiter berufstätig ist, nennt er "seinen Beitrag für die Gemeinschaft." John ist gelernter Koch, hat lange in der Hotelbranche gearbeitet und war Geschäftsleiter von Krankenhäusern. "Ich kenne das Sozialgesetzbuch in und auswendig", scherzt er. Mit den Bedürfnissen von Senioren und Menschen mit Behinderungen ist er vertraut: "Wenn man die Forderungskataloge der mehr als 65 Behinderten-Verbände durchgeht, stellt man rasch fest, dass es zahlreiche Überschneidungen gibt", erläutert er. Das gelte in Krankenhäusern und Hotels ebenso wie in Privathäusern: Genug Platz zum Rangieren in Badezimmern sowie breitere Türen seien beispielsweise eine große Erleichterung im Alltag.

Sieben Mitglieder hat der Seniorenbeirat. Die meisten sind zusätzlich in anderen Strukturen eingebunden und somit gut vernetzt. So war es möglich, die bereits vorhanden Angebote in der Kreisstadt zu überblicken und auf der Homepage übersichtlich darzustellen. Zweimal im Monat werden zusätzlich dazu im Familienzentrum Beratungsstunden angeboten. "Tatsächlich kommen da aber nur sehr wenige", wirft der 68-Jährige ein, "die eigentliche Interaktion läuft persönlich ab." Persönlich - oder über die Homepage. Ein beachtlicher Prozentsatz der Zugriffe auf die Homepage läuft über Smartphones ab. "Wir gehen davon aus, dass das häufig Angehörige der Senioren sind - wobei es auch einige ältere Menschen gibt, die sich mit neueren Technologien gerne auseinandersetzen", so John.

Bei einem der Projekte, das der Seniorenbeirat im vergangenen Jahr in Angriff genommen hat, könnte das nun eine Rolle spielen: nämlich bei der Grünphasen-Verlängerung von Ampeln. "Die Grünphase ist so kalkuliert, dass man pro Sekunde einen Meter 20 zurücklegt", erklärt John. Das ist jedoch unrealistisch, da behinderten- und seniorengerecht eher 80 Zentimeter pro Sekunde wären. Der Ansatz des Seniorenbeirates ist nun, bei einigen strategisch wichtigen Ampeln in der Kreisstadt eine Software zu installieren, die es denjenigen, die den Bedarf haben, ermöglicht, die Grünphase individuell zu verlängern. "Wir hatten bereits Gespräche mit den Anbietern solcher Software-Programme und das ist im Grunde alles kein Hexenwerk und nicht völlig unerschwinglich." Praktisch ablaufen würde das über einen Chip, den man beispielsweise am Schlüsselbund tragen kann, der den in der Ampel installierten Mechanismus aktiviert. Zusätzlich zu dem Chip gibt es die Möglichkeit dies über das Handy per Fernschaltung zu machen.

"Aber die Ampeln sind nicht das einzige Projekt, das wir mit ins nächste Jahr nehmen." Auch einige Zebrastreifen wünscht sich der Beirat, dasselbe gilt für Seniorenparkplätze. "Es gibt Mutter-Kind-Parkplätze und Behindertenparkplätze - aber die Älteren sind außen vor", sagt John. Dabei wäre das Problem leicht gelöst: Wichtig wäre nur, dass genug Platz vorhanden ist, um die Autotüre komplett aufzumachen. Das ließe sich erreichen, indem der erste Parkplatz in einer Reihe für die Senioren reserviert würde. "Es gibt immer noch viel zu tun und wir arbeiten zum Glück mit der Verwaltung sehr gut zusammen", so der 68-Jährige. Er sei jedoch ein "ungeduldiger Mensch", dem die teils behäbigen Strukturen zu schaffen machen: "Nashorngeburt nenne ich das manchmal scherzhaft", fügt er hinzu. Ab einem gewissen Alter können zwei Jahre Wartezeit zum Problem werden.

Für das kommende Jahr hat der Seniorenbeirat ein großes Herzensthema: Die Bekämpfung der Altersarmut. Auch wenn es in Ebersberg unter den 3200 Menschen über 60 nur zirka 50 Personen gibt, die ihre Rente aufstocken müssen, glaubt John an eine hohe Dunkelziffer. "Häufig wissen die Menschen gar nicht, was ihnen zusteht." Aufgrund von Datenschutz komme man an die Menschen jedoch nicht leicht persönlich heran. Ziel des Seniorenbeirates ist nun, über die Homepage ein Angebot zu schaffen, das in diesem Fall eine Verbesserung schafft. "Wir verstehen uns als Wegweiser: Wir beraten und zeigen Verbesserungsvorschläge auf", so John. Für alle möglichen Interessensgruppen werde Lobbyarbeit geleistet. "Wir sind die Lobby für die Senioren."

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