Mit einer Überraschung hat am Montag die Auftaktverhandlung im Verleumdungsprozess zwischen Grafings zweiter Bürgermeisterin Susanne Linhart und dem langjährigen Stadtrat Josef Emberger begonnen. Auf Antrag des Kläger-Anwalts Mike Tschirschwitz und auf eigenen Wunsch wurde ein Zeuge auf seine Aussage hin vereidigt.
Die Ereignisse, deren Folgen nun vor dem Amtsgericht verhandelt werden, liegen schon mehr als zwei Jahre zurück: Auf der Jahreshauptversammlung der CSU Grafing soll die damalige Ortsvorsitzende Linhart gegenüber ihrem Parteifreund Emberger den Vorwurf erhoben haben, dieser sammle Unterschriften gegen ihre Wiederwahl. Emberger sieht sich fälschlich bezichtigt und verlangt seither von Linhart eine Unterlassungserklärung. Doch Grafings zweite Bürgermeisterin verweigert diese standhaft und bestreitet den Vorwurf - was die Verleumdungsklage Embergers und den Prozess zur Folge hat.
Zum Auftakt der auf fünf Sitzungstage angesetzten Verhandlung wurden am Montag zwei Zeuginnen und ein Zeuge gehört, die vom Kläger benannt worden waren. Die beiden Frauen konnten vor Gericht Embergers Version der Ereignisse nicht bestätigen. Eine der Zeuginnen sagte aus, aufgrund eines Tumults auf der Versammlung habe sie den entscheidenden Teil von Linharts Rede nicht verstehen können. Sie wisse deshalb nicht, ob tatsächlich von einer Unterschriftensammlung gesprochen wurde.
Die zweite Zeugin war sich zwar sicher, dass Linhart in ihrer Rede Kritik an Emberger geäußert hatte; auf Nachfrage von Linharts Anwalt Herwig Eder-Richter konnte sie aber nicht bestätigen, dass das Wort "Unterschriftenliste" gefallen war. Es könne auch sein, dass Linhart einen schwächeren Vorwurf gegen ihren Parteifreund erhoben habe. Linhart selbst will auf der fraglichen Veranstaltung nur gesagt haben, Emberger klappere seit Wochen die Mitglieder des CSU-Ortsverbands ab und fordere diese auf, im Falle ihrer Wiederwahl aus der Partei auszutreten.
Ganz anders erinnerte sich vor dem Amtsgerichts der dritte Zeuge an die CSU-Versammlung. Linhart habe in ihrer Rede vor den Parteimitgliedern Emberger definitiv das Sammeln von Unterschriften vorgeworfen. Er habe zudem Interna aus einer drei Tage vor der Hauptversammlung abgehaltenen nichtöffentlichen Vorstandssitzung des CSU-Ortsverbandes erfahren, so der Mann in seiner Aussage, die er sich zuvor aufgeschrieben hatte. Bereits dort habe Linhart Emberger das Unterschriftensammeln vorgeworfen. Der Zeuge räumte aber ein, nicht persönlich dabei gewesen zu sein.
Zur allgemeinen Verwunderung hatte der Zeuge bereits vor seiner Aussage verlangt, vereidigt zu werden. Auch Embergers Anwalt beantragte die Vereidigung. Richterin Susanne Strubl versuchte zwar, dem Anwalt sein Vorhaben auszureden - eine Vereidigung sei in einem Zivilprozess eher unüblich und außerdem mit einem nicht unerheblichen Risiko für den Zeugen verbunden. "Ein Eid ist keine Gefälligkeit und nichts, mit dem man spaßen kann", so Strubl. Sollte sich auch nur ein Detail in der Aussage des Zeugen als unwahr herausstellen drohe ihm wegen Meineids eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug.
Die Klägerseite bestand dennoch auf der Vereidigung des Zeugen, weil dessen Aussage wichtig sei, um die Klage zu stützen, wie Tschirschwitz begründete. Auch der Zeuge zeigte sich von der Belehrung durch die Richterin und des aufgeregten Getuschels auf den Zuschauerbänken unbeeindruckt. Die Verhandlung wird erst am 12. September um 9 Uhr fortgesetzt. Wann die CSU-Landtagsabgeordnete Christa Stewens aussagt, die in dem Prozess auch als Zeugin benannt ist, steht noch nicht fest.