Süddeutsche Zeitung

Elektromobilität:Immer mehr E-Autos im Kreis Ebersberg

Lesezeit: 3 min

Im Jahr mit den schlechtesten Autoverkaufszahlen in Deutschland seit drei Jahrzehnten steigen die Zahlen der umweltfreundlicheren Fahrzeuge.

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

Man sieht sie immer häufiger: E-Autos beim Laden, auf der Straße, in Einfahrten. Laut dem VDIK, dem Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller, seien in Deutschland im November, fast 60 000 Elektrofahrzeuge - rein batteriebetriebene Autos sowie Plug-In-Hybride - neu zugelassen worden. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahresmonat betrage 442 Prozent - im Jahr mit den schlechtesten Autoverkaufszahlen seit drei Jahrzehnten wohlgemerkt. Tatsächlich spiegelt sich dieser Trend - wenn auch in anderen Dimensionen - im Landkreis wider.

"Doch, doch", antwortet Paul Eichhorn, auf die Frage nach den Verkaufszahlen von E-Autos und Hybriden, "es boomt sehr". Gerade im November habe er noch einige Fahrzeuge ausliefern können, das seien Modelle gewesen, die im Sommer in seinem Autohaus Eichhorn in der Kreisstadt bestellt worden sein. "Es gibt merklich mehr Nachfrage", sagt er, das Interesse nehme bei beiden Antrieben - reine Elektroautos sowie Hybride - merklich zu. Grund sei sowohl steigendes Umweltbewusstsein als auch die bundesweite Kaufprämie für E-Mobilität. "Ich hoffe, dass es auch im neuen Jahr so weitergeht", so der Inhaber, "die Prämien sind ein gutes Zugpferd." E-Mobilität sei der Lauf der Zeit.

Der Inhaber des Autohauses Frisch in Forstinning Werner Frisch bestätigt ebenfalls wachsende Nachfrage bei umweltfreundlicheren Fahrzeugen. Diese werde ausgelöst durch die Prämie, aber auch durch Unsicherheit bei Kundinnen und Kunden. "Man weiß nicht, wie es mit den Verbrennermotoren weitergeht", sagt er. Seine Kunden seien vom Alter gemischt, es gebe keine bestimmen Gruppen, die vermehrt auf e-mobiliät zurückgreifen. Wie es im nächsten Jahr weitergehen wird? "Das ist ein Blick in die Glaskugel", so Frisch, "das hängt von vielen Faktoren ab, etwa wie lange der Markt geschlossen bleibt". Er traue sich nicht, eine Prognose zu machen, "man liegt immer falsch", sagt er. Generell glaube er aber, dass ein Umdenken stattgefunden habe, "Viele Hersteller wechseln gerade ihre Strategie". E-Autos seien nicht mehr nur ein Luxusangebot, sondern nun auch für Normalverdienende interessant. "Ob es sinnvoll ist, muss jeder selbst wissen", sagt Frisch, "reine E-Autos beispielsweise machen nur auf Kurzstrecken Sinn."

Eine Auflistung des Landratsamtes zeigt: Während zu Silvester 2016 gerade mal 132 reine Elektroautos und 300 Hybride im Landkreis fuhren, waren es drei Jahre später schon 465 beziehungsweise 699. Bis zum 20. Dezember dieses Jahres waren schon 863 Elektroautos und 2166 Plug-in-Hybride im Landkreis zugelassen. Zum Vergleich: Die Zahl der Dieselfahrzeuge und Benziner lag 2016 bei etwa 100 000, 2019 bei knapp 10 000 mehr und heuer bei 112 500. In anderen Worten: Die Zulassungen von Elektroautos und Hybriden haben sich allein im vergangenen Jahr fast verdreifacht, während Fahrzeuge mit herkömmlichen Motoren im selben Zeitraum nur einen Zuwachs von rund 2,5 Prozent zu verzeichnen haben.

Auch beim Autohaus Kirchseeon macht der Verkauf von Elektroautos eine Menge aus: Besonders Hybrid-Modelle "verkauften wir dieses Jahr wie geschnitten Brot", so heißt es von Geschäftsführer Christian Kraft. Der Umweltbonus sei vor allem bei Privatkäufern ein sehr starker Anreiz, bei Geschäftskunden sei es natürlich die deutlich vergünstigte Versteuerung des Firmenfahrzeugs. Und in der Zukunft? "Ich gehe fest davon aus das der Trend so weitergehen wird", so Kraft, "und der Anteil an Elektro- und Hybridfahrzeugen sich weiterhin rapide steigern wird." Finanzielle Anreize seien hier für alle Zielgruppen weiterhin eine enorme Kaufmotivation.

Anderer Meinung ist Maximilian Noder, Verkaufsleiter im Autohaus Mascher und Noder in Grafing: In keinster Weise könne man die Zukunft abschätzen, sagt er. Die ganze Kauflaune sei durch die Pandemie sehr gedämpft, so Noder, "außerdem sind Vorurteile zur Beladung der Fahrzeuge immer noch nicht ganz draußen aus den Köpfen der Menschen." Wenngleich der Verkauf von Elektroautos im Grafinger Autohaus innerhalb eines Jahres ein Volumen von zehn bis 15 Prozent ausmache, würde er nicht von einem "Boom" sprechen. "Es wäre toll", sagt er, "wenn das weiterginge."

Mit "gemischten Gefühlen" blickt Franz Mittermüller auf die E-Mobilität. Auch in seinem gleichnamigen Autohaus in Glonn "läuft es okay" mit dem Verkauf von e-Autos, "wir sind zufrieden", sagt er, "es muss aber gar nicht mehr sein". Warum ist schnell erklärt: Ein batteriebetriebenes Auto habe deutlich weniger Wartungen als ein herkömmlicher Verbrennermotor, so Mittermüller, deshalb fehle ihm der Ertrag in der Werkstatt. "Das ist die Kehrseite für uns." Bei Mittermüller begann man erst im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von E-Autos. "Man merkt, dass das Leasing von E-Autos fast bei 100 Prozent ist", berichtet der Inhaber. Die Menschen seien sich oft nicht sicher, wie gut ein batteriebetriebenes Auto im Alltag funktioniere. Für ihn ist klar: "Hybride sind zu teuer, sie werden nur wegen der Steuer gekauft." Ohne die Prämie würde das niemand machen.

Die Kaufprämie, auch Umweltbonus genannt, kann bis Ende 2025 erhalten werden. Anträge für die im Juli zusätzlich eingeführte Innovationsprämie, die bis Ende 2021 gestellt werden, verdoppeln den staatlichen Anteil.

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Quelle:
SZ vom 07.01.2021
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