Ebersberg:Die Platzfrage

Im Stadtrat werden die Entwürfe zur Umgestaltung des Zentrums vorgestellt. Nicht allen gefallen diese, Grüne und Freie Wähler sind dagegen, dass die Bäume an der Mariensäule fallen sollen.

Von Anselm Schindler

Die Anstrengungen stehen Stadtplaner Hermann Brenner noch ins Gesicht geschrieben. Kein Wunder: 14 Stunden lang hatte die Jury des Preisgerichts beraten um die - ihrer Meinung nach - schönsten und praktikabelsten Vorschläge für den Umbau des Ebersberger Marienplatzes auszusuchen. Heraus kamen vier Preisträger, auch ein Architektenbüro aus Berlin war darunter.

Gemacht haben das Rennen bekanntlich Claudia Weber-Molenaar und Klaus Molenaar, die in Gräfelfing zusammen ein Architektenbüro betreiben. Doch nur weil jetzt der Sieger feststeht, ist der Stress für Stadtplaner Brenner noch nicht beendet - im Gegenteil: Es geht erst richtig los. Am Dienstag stellte Brenner die Ergebnisse des Wettbewerbs im Stadtrat vor. Zu Anfangs rang er sich noch ein Lächeln ab, im Laufe der Diskussion wirkte es zunehmend verbissen.

Verbissen war auch die Diskussion selbst. Das mag verwunderlich sein, schließlich steht ja noch gar nicht fest, welcher der vier ausgezeichneten Architekten-Vorschläge auch wirklich umgesetzt wird - die Einteilung in ersten bis vierten Platz solle nur eine erste Wertung sein, betont Stadtplaner Brenner immer wieder. Zudem ist noch nicht einmal klar, wann die Bauarbeiten beginnen, schließlich fehlt immer noch ein finanzielles Konzept zur Umsetzung der Ideen. Und schließlich seien die Entwürfe "nur die Grundlage, auf der weitergearbeitet werden kann", versucht auch Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) die Situation zu beruhigen.

Trotzdem wird die Debatte mit einer Vehemenz geführt, die dahinter stehende Grabenkämpfe vermuten lässt: Es geht um weit mehr als den Marienplatz: Darum, worauf man Wert legt in einer Stadt, Alltagstauglichkeit oder Ästhetik. Oder um die Frage, wie viel Urtümlichkeit der Modernität zum Opfer fallen darf.

"Es gibt auch wunderbare Plätze ohne Bäume", verteidigt der Bürgermeister die Pläne

8000 Autos sind es täglich, die den Marienplatz passieren, sagt Susanne Schmidberger von den Grünen. In den bisherigen Vorschlägen zum Umbau des Platzes vermisst sie deshalb die Lärmschutzmaßnahmen. Denn ein "schöner Platz bringt auch nichts, wenn es total laut ist", so Schmidberger. Brenner bremst sie aus, es sei "technisch unmöglich", Lärmschutzwände oder ähnliches auf dem Marienplatz zu errichten. Stein des Anstoßes sind nach wie vor auch die Bäume im Herzen des Platzes - beziehungsweise deren Verschwinden.

Ebersberg: Eine italienische Piazza wird er nicht werden, der Ebersberger Marienplatz, aber zumindest soll das Zentrum nicht länger wie ein Parkplatz aussehen.

Eine italienische Piazza wird er nicht werden, der Ebersberger Marienplatz, aber zumindest soll das Zentrum nicht länger wie ein Parkplatz aussehen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Denn eines haben alle vier ausgezeichneten Architekten-Entwürfe gemeinsam: Viel wird den Kettensägen zum Opfer fallen. Einzig der Vorschlag der Freisinger Landschaftsarchitekten Grabner und Huber sieht wenigstens einen Baum neben der Mariensäule vor. Vor allem Stadträtin Rosemarie Will, ebenfalls von den Grünen, kritisiert das scharf: Denn auch wenn an anderer Stelle neue Bäume gepflanzt werden sollen: "das Zentrum des Platzes wirkt einladender, wenn es dort grün ist".

Schlendert man über den Marienplatz, fühlt man sich manchmal wie auf einer Kreuzung, das Zentrum der Stadt ist auch Verkehrsknotenpunkt. Dass dies in absehbarer Zeit nicht zu ändern ist, wissen Stadträte wie Bürger. Mit dem Flair einer italienischen Piazza, den sich Zweiter Bürgermeister Toni Ried (Freie Wähler) für den Marienplatz wünscht, wird es deshalb wohl nichts. Ried spricht sich immer wieder gegen eine "Steinwüste" aus, die unweigerlich auf das Fällen der Bäume folgen werde. "Das Blätterdach um die Mariensäule macht die Qualität des Platzes aus", sagt Ried, der auch dem Ebersberger Verschönerungsverein vorsitzt. Bürgermeister Brilmayer reagiert gereizt, auch wenn er das mit Verständnis zu kaschieren versucht: "Schauen Sie auf den Münchner Marienplatz, steht da ein Baum?", sagt er und kann den Sarkasmus in seiner Stimme kaum verbergen. "Es gibt auch wunderbare Plätze ohne Bäume."

Auch auf die Kritik der Bürger reagiert Brilmayer eher harsch: Die Stadt habe im Stadtmagazin schon vor langer Zeit versucht, die Bürger bei der Planung mit ins Boot zu holen, genau wie die Geschäftsleute rund um den Marienplatz, es gab es sogar Workshops. Deshalb sei die Kritik, man sei nicht gefragt worden, nicht gerechtfertigt. Ins selbe Kerbholz schlägt auch die Sozialdemokratin Elisabeth Platzer: Es mache sie ärgerlich, dass "nicht richtig hingeschaut wird und gleich gewettert". Um so mehr gelte es jetzt, sich "mutig gegenüber den Bürgern zu erklären" und sich nicht verunsichern zu lassen. Dafür soll auch die Bürgerversammlung am 26. November Gelegenheit bieten. Auch Stadtplaner Brenner wird dann wieder Rede und Antwort stehen. Die kommenden Wochen werden wohl anstrengend bleiben für das menschliche Aushängeschild der Platz-Umgestaltung.

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