Ebersberg:Dicke Kartoffeln, leere Bäder

An diesem Wochenende endet der Sommer, der keiner war. Ein Rückblick

Das Wasser warm wie in der Badewanne, der Himmel tiefblau - das konnten sich die Daheimgebliebenen im August in ihren Träumen ausmalen. Wer es warm haben wollte, musste unter die Dusche, statt einer Mass im Biergarten empfahl sich Glühwein auf der Couch, und überhaupt gab es in diesem Sommer, der ein Winter war, kaum anderes zu tun, als Keller aufzuräumen, begonnene Bücher zu Ende zu lesen und mit den Kindern MauMau zu spielen. Oder? - Eine Bilanz.

Beschaulichkeit am See

"Nur ein einziges Mal waren wir diesmal am Steinsee." So oder ähnlich hört man es von vielen Stammgästen des Seebads, das seit dem Frühjahr von Nicole und Karl-Heinz Wildmoser gemanagt wird. Auch im Freibad an der Wiesmühle ist die Bilanz horrend. "Die ganzen Ferien waren nichts", sagt Leiter Josef Gruber. Steinsee-Geschäftsführer Wildmoser schätzt 30 Prozent weniger Gäste als in den Vorjahren - gemessen an den Berichten seines Vorgängers. "Aber so hatten wir wenigstens Gelegenheit, das Gelände schön herzurichten." Jetzt übrigens "schau' I grad' 'nunter auf'n See", sagt er am Donnerstagvormittag, "und da sind mindestens zehn Leit im Wasser." Klar, die Ferien sind vorbei und die Meteorologen endlich zuversichtlich.

Glückspilze im Wald

Schluss mit der Wetter-Jammerei! Es war ein Super-Sommer - vielleicht nicht für's Freibad, wohl aber für die Schwammerl. Die sprießen noch immer wie wild im Ebersberger Forst. "Die Leut' tragen sie säckeweise zusammen" hat wohl nicht nur Försterin Kirsten Joas beobachtet. "Die feucht-warme Witterung lässt sie schneller und üppig gedeihen." Und das perfekte Pilz-Wetter hat noch mehr Vorteile: Waldbrandgefahr? "Geh weida." Und auch keine Gefahrenmeldungen vom Borkenkäfer, diesem kleinen gefräßigen Gesellen.

Melancholie am Biertisch

Oktoberfestwirt müsste man sein, da hätte man das Geschäft des Jahres noch vor sich. Oder einen Biergarten in München haben, wo die Septembersonne auch am Werktag "d'Leit" an die Tische bringt. "Aber hier draußen", sagt Adi Warta, Betreiber des Gasthofs Hubertus im Ebersberger Forst, "da brauch' ma scho' die Wochenenden." Wenn es "an jedem Samstag und Sonntag und auch am Feiertag schlechtes Wetter is', dann tut das wirklich weh." Richtig leid aber, sagt er, "tun mir die Hüttenwirte."

Ebersberg: ...Feuermachen beim Waldmuseum...

...Feuermachen beim Waldmuseum...

(Foto: Christian Endt)

Dickes vom Feld

Wie war das noch mit den dümmsten Bauern und den dicksten Kartoffeln? Na, so stimmt das in dem Fall nicht. Aber: So dick wie heuer waren die Kartoffeln der Familie Haas vom Weber-Hof noch nie. "Zu nass, zu kalt und vor allem stressig" - Franz Lenz, Kreisobmann des Bauernverbandes, kann dem Sommer 2014 indes nicht viel Positives abgewinnen. Wenn es das Wetter mal zuließ, mussten die Landwirte sofort aufs Feld - bis zur nächsten Chance konnte viel Zeit verstreichen. Vor allem die Strohernte - eine einzige Katastrophe. Es musste sogar künstlich getrocknet werden.

Mister Cool auf der Baustelle

Schmutziges Unterhemd, verschwitzte Muskeln - für Bauarbeiter war der Sommer die Möglichkeit, diesem Klischee zu entkommen. Viel zu kalt für das luftige Outfit. Ferienzeit ist Baustellenzeit - dabei ist es wenigstens geblieben. Eher Ferien- als Regen-Gewinner war das Großprojekt "Sanierung B 304 in Kirchseeon", das verhältnismäßig reibungslos über die Bühne ging.

Andrang im Ausstellungsraum

Pilze

...die Beute eines Schwammerlsuchers...

(Foto: dpa)

Das Waldmuseum konnte vor zwei Wochen mit einer Erfolgsmeldung aufwarten: 1600 Besucher besuchten die Sonderausstellung "Zeugen der Urzeit". Davon abgesehen aber tröpfelten an den Ferienwochenenden oft nur vereinzelt die Besucher herein, wie Stadtgeschäftsführer Erik Ipsen berichtete. Dafür prasselte der Regen.

Stille im Freibad

"Wir haben verlängert! Bis einschließlich Sonntag, 21. September geöffnet" heißt es auf der Homepage des Strandbads Kastenseeon. Ein letzter Hilfeschrei, um die Bilanz vielleicht doch noch aufzupolieren? Ins Freibad Grafing kamen etwa ein Drittel weniger Besucher als üblich, zwischen 60 000 und 70 000, trotz der treuen Frühschwimmer. "Sie können unser Freibad aber bitteschön nicht als Flop des Sommers bezeichnen", sagt Stadtkämmerer Christian Bauer. Zu den Gewinnern jedenfalls dürfte in vielfacher Hinsicht das Hallenbad Ebersberg zählen: Nach zweimonatiger Renovierung öffnete das Bad Mitte August wieder seine Türen.

Flut im Keller

"Einen guten Ausgleich", nennt Karl Seebauer vom Wasserverband Baldham den verregneten Sommer: Der trockene Winter und Frühling hätten den Grundwasserspiegel sinken lassen: In Ebersberg um bis zu eineinhalb Meter, schätzt Christian Pfeiffer vom städtischen Bauamt, zuständig auch für die Wasserversorgung. Eher Wasserentsorgung stand bei den Feuerwehren im Landkreis an: Eine Menge voll gelaufene Keller oder Unterführungen habe man leer pumpen müssen, berichtet Kreisbrandrat Andreas Heiß. Die Ebersberger Wasserwacht hatte dafür umso weniger Arbeit, berichtet ihr zweiter Vorsitzender, Wilhelm Bauer - weil sich kaum Badegäste in die Seen wagten.

Ebersberg: ...Frühschwimmer in Grafing...

...Frühschwimmer in Grafing...

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Flucht in den Süden

Ein "sehr gutes Geschäft, vor allem mit kurzfristigen Buchungen." Gerhard Sixt vom Raiffeisen-Tours Reisebüro in Ebersberg zieht eine positive Bilanz. Dabei zählte für die Wetteflüchtlinge offenbar nur eines: Warm sollte es sein. Mit der August -Wettervorhersage in der Hand, lehnten sie alles ab, was nach Norden klang, sogar den Norden von Kroatien, erzählt er. Wem für die echte Sonnenbräune das nötige Kleingeld fehlte, dürfte bei der Suche nach der Variante Solarium aber Pech gehabt haben. Fünf der im Branchenbuch verzeichneten sieben Telefonanschlüsse sind nicht mehr zu erreichen. Vielleicht hatten die Inhaber auch aber auch keine Lust mehr auf den Regen und sind in den Süden ausgewandert.

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