Ebersberg:Derbyzeit in der Flüchtlings-Liga

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Am Mittwoch startet die Saison: Zum Auftakt spielt das Asyl-Mixteam des TSV Ebersberg gegen die Flüchtlings-Elf der Grafinger Black Bears. Die Vorbereitung ist in vollem Gange.

Von Jan Schwenkenbecher, Ebersberg

Nach einer kurzen Trinkpause geht es weiter. "Freies Spiel, Tore direkt", ruft Dominic Mayer. Keine Ballannahme also, stattdessen direkt passen und schießen. Bouba zieht gleich voll ab, aber Mayer steht im Weg, blockt. Gar nicht so leicht, hier einzunetzen, die Tore sind nur halb so groß wie Eishockeytore. Drei gegen drei spielen sie hier gerade, ein Team spielt in gelben Leibchen. Das Feld ist mit kleinen Plastikhütchen abgesteckt, 15 auf zehn Meter. Die kleinere Spielfeldgröße ändert nichts daran, dass die sechs ins Schwitzen kommen, seit eineinhalb Stunden kicken sie jetzt schon.

"Sonst sind wir so zehn, zwölf, manchmal auch 14 Leute", sagt Mayer, "das sind jetzt osterbedingte Ausfälle." Mayer ist der Abteilungsleiter Fußball beim TSV Ebersberg, trainiert aber auch die vierte Mannschaft, ein Mixteam, gemischt aus Jungs aus der Dritten, die nicht mehr so viel Zeit fürs Training haben, und Geflüchteten. Immer mittwochs trainiert die Vierte im Jugendstadion am Volksfestplatz. Umziehen müssen sie sich in einem alten, zerbeulten Container, nach einem Wasserschaden musste die Tribüne samt den darunter gelegenen Kabinen abgerissen werden. Ein Bauzaun sperrt derzeit den mit Sand aufgeschütteten ehemaligen Tribünenplatz ab. Trainingsbeginn ist eigentlich um halb acht, heute aber schon um halb sieben. Weil am Abend Champions-League-Fußball im Fernsehen läuft.

Seit April 2015 gibt es den "Asylkick" schon, damals hat Dominic Mayer das Projekt gestartet. Und das kam so: "Im Herbst 2014 kamen immer mal ein paar Flüchtlinge vorbei und haben mitgekickt", sagt Mayer. Auf einmal, als die Dritte gerade Training hatte, seien aber etwa elf, zwölf Jungs dagestanden, Sneakern, Baseball-Caps, Silberketten. "Da habe ich mir gedacht, dass geht ja so nicht, das machen wir richtig", sagt Mayer. Von April 2015 an gab es dann den Asylkick. Die Hobbykicker trafen sich jeden Sonntag mit Geflüchteten, spielten gemeinsam. Mittlerweile treffen sie sich mittwochs, machen richtiges Training, momentan ist Vorbereitung. Weil bald die Saison beginnt.

Der Bayerische Fußballverband sei letztes Jahr mit einem "super Angebot" auf sie zugekommen, sagt Mayer, mit einer eigenen Freizeitliga. Ganz offiziell existiert die Vierte nämlich gar nicht, sie ist nicht beim Verband gemeldet, die Jungs haben keine Spielerpässe. In der Freizeitliga ist das allerdings kein Problem. Letztes Jahr haben sie die erste Runde gespielt, vier Mannschaften waren dabei. Jetzt geht die zweite Saison los, und es sind schon sieben Teams. Das erste Spiel steht am kommenden Mittwoch halb acht Uhr abends an, es geht im Lokalderby gegen die Black Bears aus Grafing, eine Mannschaft, die komplett aus Flüchtlingen besteht.

Elf gegen elf - und manchmal auch sieben gegen sieben

"Wir haben ungefähr alle zwei Wochen ein Spiel", sagt Mayer. "Wenn es soweit ist, rufen wir die anderen an und machen einen Termin aus, der allen gut passt." Das sei nicht immer ganz unkompliziert, ein Team der Freizeitliga bestehe aus Kellnern, "die wollen dann immer morgens um neun Uhr spielen, da bekomme ich keinen von meinen Jungs auf den Platz."

Kommt es zum Match, wird elf gegen elf gespielt, Großfeld. Zumindest planmäßig, denn wenn mal nicht genug Leute zusammenkommen, geht auch neun gegen neun, oder sieben gegen sieben, wie es eben passt. "Die Saison geht jetzt bis Ende Juni", sagt Mayer. Rückspiele gibt es nicht. Noch nicht. "Unser Ziel ist schon", so Mayer, "einen richtigen Saisonbetrieb hinzubekommen, mit Hin- und Rückrunde."

Dominic Mayer hat sich inzwischen ein Bier aus dem Umkleidecontainer geholt, dort ist auch das Materiallager. "Ich finde das wichtig, dass wir hier ein gemischtes Team haben", sagt er, "da kommen alle zusammen und das nimmt ihnen ein bisschen die Scheu. Den Jungs bringt das viel." Einige von ihnen sind echt gute Kicker. Joseph Dalmeida etwa. Der Senegalese spielt mittlerweile für die Dritte, war dort bei zwölf von 14 Spielen dabei und schoss zwei Tore.

Eines ist Mayer noch wichtig: "Fußballsprache ist Deutsch." Das sei wichtig, um anzukommen. "Wir versuchen das deswegen einzuschränken, wenn dann auf einmal in einer anderen Sprache diskutiert wird." Bei vielen klappe das aber schon ziemlich gut. Etwa bei Bouba, auch Senegalese, "weltberühmt in Ebersberg", wie Mayer in beschreibt. Nachdem er sich schnell umgezogen hat, kommt er aus dem Container gesaust. "Ich muss los", sagt Bouba und lehnt Mayers Getränke-Einladung dankend ab, schließlich spielt heute Abend noch der Verein, für den er schon im Senegal mitfieberte: "Ich muss los. Weil Bayern spielt."

Das erste Spiel der Saison hat die Mannschaft am Mittwoch, 19. April, um 20 Uhr in Grafing gegen die Grafinger Black Bears. Das Lokalderby findet auf dem Kunstrasenplatz an der Sportanlage statt.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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