Flüchtlingsunterkunft:Grafing schiebt Entscheidung auf

Der Grafinger Bauausschuss vertagt den Beschluss zur geplanten Flüchtlingsunterkunft am Bauhof. Man möchte sich zuerst mit dem Investor treffen.

Von Thorsten Rienth

Etwa 120 Flüchtlinge leben aktuell in Grafing. "Ende nächsten Jahres werden es mehr als 320 sein", legte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) dem Bauausschuss am Dienstag einmal mehr dar. Anlass für schnelle Entscheidungen, die zum Bau einer neuen Unterkunft führen könnten, sieht das Gremium allerdings trotzdem nicht: Anstatt einen Beschluss zu fassen, stattete es die Verwaltung lediglich mit einem neuen Verhandlungsmandat aus. Das Angebot des Grafinger Unternehmers Martin Löchle ist darin kein Gegenstand, weswegen der Mann aus dem Rennen scheint. Ein dritter Investor blitzte am Dienstag regelrecht ab.

Flüchtlingsunterkünfte sind zurzeit eine attraktive Geldanlage. Miet- oder Pachteinnahmen sind vertraglich auf Jahre festgelegt. Bezahlt wird das Geld von überaus solventen Geschäftspartnern, nämlich der Regierung von Oberbayern oder dem Landratsamt. Und der Bedarf scheint in Deutschland selbst langfristig ungebrochen.

Der Bauausschuss kommt nicht weiter

Im Grafinger Rathaus geben sich bauwillige Investoren deshalb gerade die Klinke in die Hand. Trotzdem ging es in der Bauausschusssitzung am Dienstag in der Sache kaum weiter. Neu hinzu kam lediglich der förmliche Beschluss, dass die Stadt das Gelände neben dem geplanten neuen Bauhof für eine Flüchtlingsunterkunft verwenden will. Das Votum fällte der Bauausschuss ohne Gegenstimmen.

Interessanter hätte es im nicht öffentlichen Teil werden können. Doch das wurde es nicht. "Es wurde kein Beschluss gefasst", berichtete die Bürgermeisterin am Mittwochmorgen. Zustande kam lediglich das Mandat, mit dem Investor aus Bad Wiessee noch einmal Vertragsdetails nachzuverhandeln.

Die Bebauung im Gewerbegebiet soll ausgeschlossen werden

Die Beschränkung auf eben dieses Mandat kommt überraschend. In den Tagen vor der Sitzung war innerhalb des Stadtrats der Ruf laut geworden, doch auch das Löchle-Angebot in die weiteren Planungen mit aufzunehmen. Von zwei Verhandlungspartnern würde die Stadt doch nur profitieren, so das Kalkül. Weil aber bislang nur ein Beschluss für Verhandlungen mit dem Investor aus Bad Wiessee existiert, hätte es dafür mindestens eines Änderungsantrags bedurft. Stellen wollte ihn ganz offensichtlich niemand aus dem Gremium.

Bürgermeisterin Obermayr konnte das nur recht sein. Sie macht kein Geheimnis daraus, dass sie das Angebot des Bad Wiesseer Investors für das Grundstück neben dem neuen Bauhof für die beste Option hält. Nicht, weil sie die Pläne des Grafinger Bewerbers schlecht findet. Sondern: "Wir müssen aber das Ziel der eigentlichen Planungen im Auge behalten", erklärte sie dem Gremium. "Und das ist doch, den Bebauungsplan so zu ändern, dass wir Asylbewerberunterkünfte im Gewerbegebiet künftig ausschließen können."

Das erreiche die Stadt aber nur, wenn sie zeitnah Alternativgrundstücke anbiete. Andernfalls würde die Veränderungssperre rechtlich angreifbar. "Wir dürfen hier wirklich keine Zeit mehr verlieren", mahnte auch Bauamtsleiter Josef Niedermaier.

Die Entscheidung bleibt offen

Einen Beschluss wollte der Bauausschuss trotzdem nicht fällen, so dass die finale Entscheidung weiter offen bleibt. Vertreter der Stadt werden sich jetzt erst einmal mit dem Bad Wiesseer Investor treffen. Ein Votum über einen wie auch immer aussehenden nächsten Schritt kann es daher frühestens in der nächsten Stadtratssitzung am Dienstag, 19. Januar, geben. Selbst dann sei aber die Suche nach größeren Grafinger Unterkünften nicht am Ende, betonte die Rathauschefin. "Wir werden mindestens noch eine weitere Unterkunft brauchen."

Im Gewerbegebiet wird es diese sicher nicht geben. Die Teilnutzungsänderung eines Fensterherstellers aus dem Gewerbegebiet war im vorangegangenen Tagesordnungspunkt regelrecht abgeblitzt. "Das ist ja genau das, was wir mit der Veränderungssperre verhindern", erläuterte der Bauamtsleiter. Der Ausschuss sah es genauso und lehnte den Antrag einstimmig ab.

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