Ebersberg:Dem Landkreis geht das Geld aus

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Wegen zu spät im Landratsamt eingegangener Rechnungen für Bauvorhaben könnten in diesem Jahr bis zu 4,5 Millionen Euro in der Kasse fehlen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, wusste Michail Gorbatschow. Doch auch die Verspätung anderer kann eine Strafe sein, wie derzeit der Landkreis erfahren muss. Denn weil einige hohe Rechnungen für Bauvorhaben erst im Landratsamt eingingen, als der Haushalt für das laufende Jahr schon beschlossen war, konnten die entsprechenden Summen, insgesamt bis zu 4,5 Millionen Euro, nicht eingeplant werden. Eine komplette Gegenfinanzierung über Kredite ist nicht möglich, als letzte Möglichkeit bleibt nur noch eine Leihgabe aus den Rücklagen der kommunalen Abfallwirtschaft.

Es waren eigentlich gute Neuigkeiten, die Kreiskämmerin Brigitte Keller auf der Sitzung des Liegenschaftsausschusses verkünden konnte: Bei drei Großprojekten, bei den Generalsanierungen der Markt Schwabener Realschule und des Landratsamts sowie bei der Erweiterung der Ebersberger Realschule, konnte der Kostenrahmen eingehalten werden. Weniger positiv ist jedoch dass die Rechnungen für die Großprojekte nun zu bezahlen sind. Denn als der aktuelle Haushalt aufgestellt wurde, lagen die Rechnungen noch nicht vor, weshalb das Geld auch nicht in das Zahlenwerk eingestellt wurde. Nun muss der Kreis heuer für die Realschule Markt Schwaben 2,8 Millionen Euro mehr bezahlen als geplant, die Schule in Ebersberg schlägt mit immerhin noch 1,5 Millionen Euro zusätzlich zu Buche und auch für die bereits im vergangenen Jahr abgeschlossenen Generalsanierung des Landratsamtes flatterte der Kämmerei im Laufe des Jahres noch eine letzte Rechnung ins Haus, hier sind es 350 000 Euro.

"Auch wenn nicht mehr Geld ausgegeben werden muss, ist das sicherlich unerfreulich", kommentierte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) die Situation. Man habe sich aber durchaus bemüht, eine realistische Einschätzung über den Finanzbedarf vor der Haushaltsplanung zu bekommen, sagte Andreas Stephan, Leiter der Abteilung Zentrales. So habe man schon Ende 2014 bei den Auftragnehmern nachgefragt, ob noch Rechnungen für erbrachte Leistungen zu erwarten seien. "Es wurde uns versichert, dass alle Rechnungen bis zum Jahresende kommen werden - aber sie kamen nicht, so dass wir das Geld nicht mehr einplanen konnten."

"Das ist ein alltägliches Problem", sagte Martin Esterl (SPD), aber eigentlich sei es "gar kein Problem, so lange die Gesamtkosten nicht steigen". Schließlich hätte die Verspätung auch dazu geführt, "dass wir letztes Jahr einen schönen Haushalt hatten, da müssen wir heuer halt ein bisschen büßen". Esterl regte aber an, künftig genauer zu planen, damit es nicht zu so extrem teuren Überraschungen kommt. Für Waltraud Gruber (Grüne) ist dies sogar bitter nötig: Zwar sei es immer schon vorgekommen, dass die eine oder andere Rechnung noch nicht im Budget eingeplant sei, "aber so viel war es noch nie, ich bin total überrascht."

Auch Keller gab zu, dass man das sicher besser hätte planen können. Derzeit fehle aber im Finanzmanagement des Kreises "eine funktionierende Liquiditätsabflussplanung", was die Höhe der nun aufgelaufenen Forderungen erkläre. Für die Zukunft wäre eine solche Abflussplanung "sicher gut", so Keller, diese aufzubauen sei allerdings nicht ganz einfach. "Aber wir arbeiten daran". Zumindest in den kommenden Jahren werde es aber wohl nicht erneut zu ähnlich hohen Überschreitungen kommen, versicherte Stephan, "das passiert uns nicht mehr, denn alle Projekte in dieser Größenordnung sind heuer abgeschlossen. Außerdem könne es sein, dass der Landkreis in diesem Jahr auch auf der Einnahmenseite eine Überraschung erlebe, sagte Stephan: "Es scheint so, dass heuer mehr Zuschüsse eingehen als geplant."

Da allerdings noch nicht feststeht wie hoch diese Zuwächse genau ausfallen werden, muss sich die Kämmerei zunächst etwas anderes einfallen lassen, um die Mehrkosten auszugleichen. Denn ansonsten, das stellte Keller unmissverständlich klar, könnte es "im Kreishaushalt zum Jahresende zu erheblichen Liquiditätsproblemen" kommen. Im Klartext: dem Landkreis geht das Geld aus. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Kämmerei nicht einfach Geld leihen kann, da die vom Kreistag genehmigten Kredite in Höhe von zehn Millionen Euro bereits zu 60 Prozent ausgeschöpft sind, also nur noch maximal vier Millionen zur Verfügung stehen. Dennoch wird es wohl nicht zur Zahlungsunfähigkeit des Landkreises kommen. Denn wie Keller weiter erläuterte, könnte sich der Kreis das noch fehlende Geld aus dem Vermögen der kommunalen Abfallwirtschaft ausleihen - ein Vorgehen von dem die Kämmerei in den vergangenen Jahren schon des öfteren Gebrauch gemacht hat.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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