Die kleinen Pfeile am Ende der drei Grafiken zeigen allesamt nach oben - und das bedeutet nichts Gutes für den Landkreis Ebersberg. Was Brigitte Keller vom Landratsamt da nämlich in Händen hält, ist die prognostizierte Entwicklung der Corona-Zahlen. Diese hat sich die Abteilungsleiterin natürlich nicht einfach ausgedacht, sondern die Werte basieren auf den wissenschaftlich durchgeführten Abwasseruntersuchungen in drei Klärwerken des Landkreises. Was sich daran unschwer erkennen lässt: Das Infektionsgeschehen nimmt auch hier in der Region wieder an Fahrt auf. Im Landratsamt gibt man sich dennoch entspannt und verweist auf die höheren politischen Ebenen.
Dort ist man sich seit Wochen ziemlich uneinig, wie man in den diesjährigen Corona-Herbst gehen will. Eine Evaluierung der bisherigen Schutzmaßnahmen, die der Sachverständigenrat am 1. Juli vorlegen will, könnte etwas mehr Klarheit bringen. Bis dahin heißt es abwarten. Und das tut man auch im Ebersberger Landratsamt. "Ich werde nicht für Ebersberg eine Maskenpflicht einführen, wenn sie in ganz Deutschland nicht gilt", sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU) dazu im Rahmen eines Pressegesprächs. Es gebe derzeit eben keinerlei Vorgaben vom Gesetzgeber, deshalb bleibe seiner Behörde nicht viel anderes übrig, als an die Vernunft der Menschen zu appellieren, weiterhin vorsichtig zu sein.
Das Abwasser-Monitoring gibt Auskunft über das künftige Infektionsgeschehen
Dabei liegen im Landratsamt eigentlich die Fakten auf dem Tisch und zeigen auf, wohin die Corona-Reise in den nächsten Wochen gehen wird. "Wir wissen, dass die Werte steigen", sagt Brigitte Keller mit Verweis auf die Abwasseruntersuchungen. Beim sogenannten Monitoring, bei dem Proben aus den Städten Ebersberg und Grafing sowie der Gemeinde Glonn entnommen werden, arbeitet der Landkreis eng mit Wissenschaftlern der TU München zusammen. Die Ergebnisse werden für das Landratsamt zwar in Form von Handlungsempfehlungen aufbereitet, die letztendliche Entscheidung über mögliche Maßnahmen liegt aber bei der Bundes- beziehungsweise Landespolitik.
Für den Landkreis Ebersberg entscheidend ist dagegen die Auslastung der Kreisklinik. "Und da ist im Moment nichts los", sagt Brigitte Keller. Tatsächlich war die Zahl der Corona-Patienten zuletzt meist einstellig, auch auf der Intensivstation müssen nur noch sehr selten Covid-19-Erkrankte behandelt werden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Patientenzahl im Krankenhaus der letzte aller Indikatoren ist. Während das Abwasser-Monitoring gewissermaßen einen Blick in die Zukunft ermöglicht, geben die Tests Aufschluss über den aktuellen Stand des Infektionsgeschehens. "Die Klinik ist sehr viel später dran", sagt auch Keller. Was unterm Strich heißt: Steigen im Ebersberger Krankenhaus die Infektionszahlen wieder, ist der Zug für Gegenmaßnahmen eigentlich schon abgefahren.
Für das Landratsamt sind die Patientenzahlen in der Kreisklinik ausschlaggebend
Dennoch will man sich im Landratsamt mangels anderer Vorgaben zunächst an der Kreisklinik orientieren. "Wenn dort wieder verstärkt was los ist, dann schauen wir, was wir tun", sagt Keller. Reichlich Erfahrung im Umgang mit dem Virus habe man bereits, "wir haben das ja alles schon durchgemacht", so die ehemalige Leiterin des Corona-Krisenstabs im Landkreis.
Für den Moment will man zumindest das Test- und Impfangebot weiter aufrecht erhalten, wenngleich in reduzierter Form. Von Juli an hat das Impfzentrum in der Kreisstadt nur noch am Mittwoch, Freitag und Samstag von 8 bis 18 Uhr geöffnet. An den restlichen Tagen bleibt die Einrichtung geschlossen. Derweil soll auch das Diagnostikzentrum, dessen Vertrag eigentlich Ende des Monats ausgelaufen wäre, weiter betrieben werden. Dieses hat täglich von 7.30 bis 17 Uhr geöffnet. Für einen PCR-Test allerdings müssen sich Bürgerinnen und Bürger vorher telefonisch oder per E-Mail anmelden.
"Wir haben das Angebot an die Nachfrage angepasst", sagt Landrat Niedergesäß zu den reduzierten Öffnungszeiten des Impfzentrums. Er betont aber auch, dass man die Einrichtung im Bedarfsfall wieder hochfahren könne, schließlich sei das ehemalige Sparkassengebäude ja in Landkreisbesitz. Brigitte Keller schränkt allerdings ein, dass eine Rückkehr zum Vollbetrieb nicht von jetzt auf gleich möglich sei. Die Räume seien zwar vorhanden, das nötige Personal dafür, müsse allerdings erst wieder gesucht werden - "und das ist schwierig".