Was das Höhenwachstum angeht, macht dem Bambus niemand etwas vor: Einige Sorten schaffen bis zu 25 Zentimeter pro Tag. Deutlich behäbiger bewegen sich die Alpen gen Himmel, ein bis zwei Millimeter pro Jahr, was angesichts der Masse dennoch bemerkenswert ist. Irgendwo dazwischen scheint die Wachstumsleistung eines Einfamilienhauses im Ebersberger Westen zu liegen, ganze 30 Zentimeter in knapp 35 Jahren.
Oder wie ist es sonst zu erklären, dass das Gebäude bei einer Messung wegen eines geplanten Verkaufs um ebenjene 30 Zentimeter höher ist, als in der Baugenehmigung von 1989 steht? Ebersbergs Bauamtsleiter Christian Stöhr hatte in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses da sehr wohl eine andere Erklärung: Der Bauherr hat sich einfach nicht an die Vorgaben der Genehmigung gehalten - was dann dreieinhalb Jahrzehnte lang niemandem aufgefallen ist.
Besonders dieser Punkt führte im Ausschuss zu einer regen Debatte. Wer denn dafür verantwortlich sei, dass so etwas nie jemand gemerkt hat, wollte etwa Christoph Münch (SPD) wissen. Zuständig sei das Landratsamt, so Stöhr, dort sei man für die Bauaufsicht zuständig. Die aber eher locker gehandhabt werde, kritisierte Bernhard Spötzl (FDP). Aus seiner Arbeit als Vermessungsingenieur könne er berichten, dass andere Landkreise da sehr viel gründlicher prüfen würden.

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Das Problem liege doch im System, befanden Josef Riedl (CSU) und Gerd Otter (Pro Ebersberg), schließlich habe der Gesetzgeber vor 30 Jahren die offizielle Bauabnahme abgeschafft, damals mit dem Argument, Bürokratie abzubauen - als das fragliche Haus seinen Wachstumsschub erlebte, gab es die Regelung aber noch. Weshalb Otter auch anfügte, wer es darauf anlege, zu betrügen, finde schon Möglichkeiten.
Letztlich sprach sich der Ausschuss dafür aus, die 30 Zentimeter zu viel nachträglich zu genehmigen. Auch, weil die aktuellen Eigentümer nicht die Bauherren sind, das etwas zu hohe Haus wurde bereits zwei Mal weiterverkauft. Letztlich entscheiden muss die Baubehörde im Landratsamt, die Chancen stehen laut Stöhr aber gut. Denn zwar sind die 30 Zentimeter offiziell ein Schwarzbau, wie er auf Nachfrage von Bürgermeister Ulrich Proske bestätigte, dennoch dürfte die Behörde wohl nach so langer Zeit kaum einen Rückbau verfügen - jedenfalls, solange das Haus nicht noch weiter wächst.