Ebersberg:Autohändler fährt mit Absicht reihenweise Autos zu Schrott

  • Ein Karosseriemeister täuschte Verkehrsunfälle vor, um die Fahrzeuge dann in seiner eigenen Werkstatt zu reparieren und die Rechnungen später bei Versicherungen einzureichen.
  • Nun wurde der Mann vom Amtsgericht Ebersberg zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Von Christian Endt

Gelegentlich ertappt die Polizei einen Brandstifter, der selbst bei der Feuerwehr ist. Ähnlich tatkräftig in der Auftragsakquise ist der Betreiber einer Autowerkstatt gewesen, der nun vom Amtsgericht Ebersberg wegen Betrug zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde: Der Karosseriemeister hatte Verkehrsunfälle fingiert, die Fahrzeuge in seiner eigenen Werkstatt repariert und die Rechnungen dann bei Versicherungen eingereicht.

Ein Gesamtschaden von mindestens 280 000 Euro kam so über mehrere Jahre zusammen. Häufig ging es um teure Fabrikate wie BMW oder Mercedes. Einmal war sogar ein Ferrari beteiligt, wobei die Staatsanwaltschaft diesen Anklagepunkt nach einer Absprache mit Richter, Schöffen und Verteidigern fallen ließ.

Der 53-jährige Hauptangeklagte betrieb eine Autowerkstatt im westlichen Landkreis. Zusätzlich hatte er eine Halle im Landkreis München angemietet. Auf diesen Grundstücken führte der Mann die Zusammenstöße absichtlich herbei. Zusammen mit wechselnden Komplizen reichte er Schadensmeldungen bei diversen Versicherungen ein, häufig im fünfstelligen Bereich. Dabei gaben die Täter an, es habe sich jeweils um Verkehrsunfälle gehandelt, etwa um missachtete Vorfahrt. Von insgesamt 19 Beteiligten sprach der ermittelnde Polizeihauptkommissar in seiner Zeugenaussage, und sogar von insgesamt über 70 Fällen. 31 davon sah der Polizist als erwiesen an, 16 brachte die Staatsanwaltschaft nun zur Anklage.

Reparaturen wurden zu teuer angesetzt

Der Tatvorwurf an den Hauptangeklagten lautete auf gewerbsmäßigen Betrug in zwölf Fällen, dazu zweimal versuchter Betrug. Im gleichen Verfahren waren drei Mitbeteiligte in jeweils vier Betrugsfällen angeklagt, darunter die Lebensgefährtin des Angeklagten und ein weiterer Autohändler. Andere Beteiligte wurden in eigenen Verfahren verfolgt.

Das Geschäftsmodell der Betrüger beruhte darauf, dass Versicherungen gemeldete Unfallschäden nach festgelegten Sätzen abrechnen. Die seien, so der Polizeihauptkommissar, "sehr hoch gehalten. Man kann in der Regel günstiger reparieren." Vor allem, wenn man das in der eigenen Werkstatt mache. Der Angeklagte selbst geht nach Abzug der Steuern, Material- und Personalkosten von einer Gewinnspanne von 25 Prozent aus.

Alle Angeklagten gaben die Vorwürfe zu. "Die Taten waren großer Mist", sagte der Hauptangeklagte, "ich weiß nicht was uns geritten hat." Inzwischen hat der Autohändler mit der Rückzahlung der Gelder begonnen, über hunderttausend Euro seien bereits überwiesen. Allerdings hätten die Versicherungen es ihnen auch leicht gemacht. Das deckt sich mit der Aussage des Polizisten, wonach dieser bei den eingereichten Schadensmeldungen "erhebliche Mängel" festgestellt habe.

Wie die Betrügereien entdeckt wurden

Und der Staatsanwalt sagte: "Ich habe auch gestaunt, wie lange das nicht bemerkt wurde." Schließlich war es aber doch eine der geschädigten Versicherungen, die Verdacht schöpfte und Anzeige erstattete. Die Polizei nahm daraufhin umfangreiche Ermittlungen auf, durchsuchte Firma und Wohnungen des Hauptangeklagten. Dabei kam so viel Material zusammen, dass Richter Markus Nikol in der Verhandlung zwölf Leitzordner auf dem Pult stehen hatte.

Direkt nach Verlesung der Anklageschrift unterbrach Richter Nikol die Verhandlung für ein sogenanntes Rechtsgespräch. Dabei sprechen Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hinter verschlossenen Türen miteinander. Im Wesentlichen geht es dabei darum, eine milde Strafe gegen ein Geständnis zu tauschen. Anschließend kann das Verfahren zur Entlastung aller Prozessbeteiligten deutlich abgekürzt werden.

So schickte das Gericht nach dem Gespräch auch in diesem Fall alle geladenen Zeugen mit Ausnahme des Kriminalbeamten nach Hause. In Folge der Absprache bestand beim geforderten Strafmaß weitgehende Einigkeit zwischen Staatsanwalt und Verteidigern.

Was den Mann nun erwartet

Auch das Urteil des Schöffengerichts folgte der Vereinbarung. Demnach erhielt der Hauptangeklagte eine Haftstrafe von zwei Jahren mit einer relativ langen Bewährungszeit von vier Jahren. Zu den Auflagen gehört, den Schaden "nach Kräften" wieder gut zu machen. Dabei solle er, so der Staatsanwalt, "den Daumen der Justiz spüren". Die Mitangeklagten erhielten Bewährungsstrafen von zwölf, zehn und acht Monaten, dazu teilweise mehrere hundert Sozialstunden.

Im Ton der Plädoyers freilich gab es durchaus Unterschiede zwischen den Parteien. Besonders stach dabei Rechtsanwalt Marco Noli als Verteidiger des Hauptangeklagten hervor. Er betonte, dass die Unfälle allesamt auf dem Betriebsgelände erfolgten, somit im Gegensatz zum "klassischen Autobumser-Fall" keine Dritten in Gefahr waren. Außerdem zog Noli Parallalen zur ehemaligen "Abwrackprämie" der Bundesregierung - auch da seien Autos ja mutwillig verschrottet worden.

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