Ebersberg: Aus für Biogasanlage:Einstiges Prestigeobjekt meldet Insolvenz an

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Einst war die Biogasanlage in Pliening ein Vorzeigeprojekt der Branche. Die Branche boomt - doch das einst so gewinnträchtige Unternehmen muss nun Insolvenz anmelden. Warum? Die Ursachen sind unklar.

Ronen Steinke

Lange warf die Biogasanlage in Pliening Gewinne ab, heute wirkt der Name ihres Betreiberunternehmens fast wie ein bizarrer Gruß aus einer anderen Zeit: "Dritte Cash Cow" nannten die Verantwortlichen vom Regensburger Energieunternehmen Aufwind Schmack Betriebs GmbH die kleine Kommanditgesellschaft, über die sie ihre 2006 eröffnete Biogasanlage in Pliening betrieben. Dort, auf einem zwei Hektar großen Areal nördlich des Weidachwegs, gelang es deutschlandweit zum ersten Mal, Biogas so weit von methanfremden Stoffen zu reinigen, dass es in das allgemeine Erdgasnetz eingespeist werden konnte. Der Freistaat Bayern schoss Geld zu, von einem Vorzeigeprojekt war 2006 die Rede. Nun, keine fünf Jahre später, hat die "Cash Cow" Insolvenz angemeldet.

Wie erst jetzt bekannt wurde, versucht der Regensburger Rechtsanwalt Rudolf Dobmeier als vorläufiger Insolvenzverwalter seit vergangenem Dienstag, die Anlage zu retten. Dobmeier hat sich bereits mit Landwirten verständigt, welche die Plieninger Anlage mit Rohstoffen, vor allem Mais, beliefern. Und er hat Gespräche mit der Hessisch-Thüringischen Landesbank (Helaba) aufgenommen.

Von dieser Bank hatte das Unternehmen "Cash Cow" Kredite aufgenommen. Die Bank habe sich kürzlich überraschend von dem Projekt zurückgezogen, sagt Willi Schäfer, der Leiter der Betriebsführung der Plieninger Biogasanlage. Derzeit könne der Betrieb noch aufrecht erhalten werden. Die Arbeitsplätze der vier Mitarbeiter in Pliening seien vorerst gesichert. "Wir brauchen diese Leute", sagt Schäfer.

Die Frage allerdings, wie es zu der Insolvenzanmeldung kommen konnte, wird nun von dem Insolvenzverwalter Dobmeier aufgearbeitet werden müssen, der sich erst langsam einen Überblick über die wirtschaftliche Situation verschafft. Das Rätselhafte daran ist: Die Biogas-Branche boomt eigentlich. Jährlich gehen um die 1000 neuen Anlagen in Betrieb. Zwar kam es im Jahr 2007 für kurze Zeit zu einem Einbruch auf dem Markt: Die Hersteller von Biogas erhalten für ihr Produkt eine gesetzlich festgelegte Vergütung, wenn jedoch die Preise für die benötigten Getreidesorten steigen, kann die Gewinnmarge schnell dahinschmelzen. Seit 2009 gelten diese Schwierigkeiten aber weithin als überwunden: Die Branche floriere seither wieder, sagt Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas. Durch eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wurde die Vergütung 2009 wieder deutlich attraktiver. Gleichzeitig sei der Getreidepreis gesunken, sagt Horbelt.

Willi Schäfer sieht das anders. Schäfer, der die "Cash Cow" Kommanditgesellschaft bis zur Insolvenzanmeldung führte, und damit nicht nur die Plieninger Anlage, sondern zugleich zwei weitere - eine in Schlanstedt (Sachsen-Anhalt), eine in Großefehn (Niedersachsen) -, sagt, die für die Biogasproduktion relevanten Rohstoffpreise seien zuletzt nicht gesunken, sondern "förmlich explodiert".

Er kritisiert auch das Verhalten der Bank. Die Helaba habe einen Überbrückungskredit nicht bewilligt, als die "Cash Cow" in Schwierigkeiten geriet. Angesichts der politischen Bedeutung der erneuerbaren Energien müsse gerade eine staatliche Bank ein Interesse daran haben, den Betrieb am Leben zu halten. "In der momentanen politischen Situation eine Biogasanlage vor die Wand zu fahren, wäre ein ziemlicher Hammer."

Das Einkommen der vier Plieninger Mitarbeiter ist noch durch das so genannte Insolvenzgeld gesichert - zunächst für die nächsten drei Monate.

© SZ vom 12.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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