Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Verbotene Kunst

Das Landratsamt hat beim Arkardien-Festival strafrechtliche Verstöße erkannt. Für die Initiatoren ist das ein Ritterschlag.

Glosse von Anja Blum

Man muss Arkadien nicht mögen. Ganz im Gegenteil. Schon einige aufgeregte Beschwerden sind eingegangen, im Rathaus und bei der Polizei, weil die künstlerischen Interventionen in der Kreisstadt als solche nicht erkannt oder verstanden wurden. Doch genau das freut die Macher des Festivals ganz ungemein. Denn Befremden auszulösen, oder Ablehnung gar, gehört sie für zum Geschäft. All die Kunst im öffentlichen Raum, an denen die Ebersberger seit Wochen nicht vorbeikommen, soll ja gerade auch provozieren, denn das wiederum erzeugt Aufmerksamkeit.

Insofern hat Peter Kees, Aktionskünstler aus Steinhöring und Festivalchef, nun einen neuen, bislang größten Erfolg zu verzeichnen: Post aus der Unteren Straßenbehörde im Landratsamt - mit einer klaren Botschaft. Nämlich, dass zwei der Installationen strafrechtlich geahndet werden könnten und demzufolge sofort entfernt werden müssten. Es geht dabei um Amtsanmaßung und "verbotene Werbung/Propaganda für Ihren Kunstzweck im außerörtlichen Bereich". Die Rede ist einerseits von einem "Entschleunigten Parkplatz" in der Altstadtpassage, der die übliche Gebührenordnung umkehrt: je länger man stehen bleibt, desto weniger ist zu bezahlen. Die zweite verbotene Installation ist eine "Innehaltestelle" am östlichen Ortseingang, eine Sitzbank mit Schild, an dem jedoch nie ein Bus halten wird. Das Amt sieht darin ein "Hindernis im Straßenraum". Beide Arbeiten stammen von Martin Liebmann vom "Verein zur Verzögerung der Zeit".

Für Kees ist diese behördliche Anordnung ein Ritterschlag und zugleich eine Steilvorlage: "Uns hätte doch gar nichts Besseres passieren können", sagt er und lacht. Zumal mit ernsthaften Konsequenzen nicht zu rechnen ist. Sowohl vom Ebersberger Bürgermeister als auch vom Landrat hat Arkadien absolute Rückendeckung, beide haben auf die Causa völlig gelassen reagiert. Ob nun die Polizei, der das Schreiben in Kopie zuging, aktiv wird, darf daher zumindest bezweifelt werden. Zumal das Festival bereits an diesem Sonntag endet. Sprich: Am Montag wird ohnehin alles abgebaut. Allerdings beileibe nicht in dem Umfang, wie es die Verkehrsbehörde verlangt: Sollten sich noch weitere "Kunstobjekte" im Landkreis befinden, schreibt sie, seien auch diese zu entfernen.

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Quelle:
SZ vom 17.07.2021
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