Ebersberg:Angst vor neuem Genmais-Anbau in Grub

Naturschützer befürchten, dass Saatgut-Hersteller Einfluss auf EU-Zulassungsverfahren nehmen.

Karin Kampwerth

Die 18 bayerischen Europaabgeordneten haben in diesen Tagen einen Brief mit brisantem Inhalt erhalten. Absender ist der Ebersberger Arbeitskreis Gentechnik, der in dem Schreiben seine Sorge über eine angeblich von der Industrie beeinflusste Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut ausdrückt. Das könnte nach Ansicht des Arbeitskreises (AK) einem erneuten Versuchsanbau von Genpflanzen auf den Flächen der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub Tür und Tor öffnen.

AK-Sprecher Klaus Schöffel zufolge habe das gentechnikkritische Institut Testbiotech Anfang des Jahres die Verflechtung zwischen Wissenschaftlern der europäischen Lebensmittelbehörde Efsa und Lobbyisten der Herstellerfirmen von Genpflanzen aufgedeckt. Die Internetplattform Wikileaks habe bereits Ende 2010 berichtet, wie US-Diplomaten Druck auf EU-Parlamentarier ausüben, um deren Widerstand gegen die Einführung von Genpflanzen zu brechen.

Zu den Adressaten der Briefaktion gehören auch zwei Vaterstettenerinnen: Angelika Niebler, die den Wahlkreis Oberbayern in Brüssel vertritt, und ihre frühere Nachbarin Monika Hohlmeier, die seit 2009 für den Regierungsbezirk Oberfranken im Europaparlament sitzt. Beide werden mit ihren Kollegen aufgefordert, die Zulassungspraxis in der EU-Behörde kritisch zu überprüfen.

Die Efsa ist Schöffel zufolge in den Risikobewertungen für Genpflanzen von Wissenschaftlern abhängig, die Verbindungen zu Biotech-Konzernen hätten. Dies hatte die Efsa-Chefin Catherine Geslain-Lanéelle im Februar in einem Interview mit der Berliner Tageszeitung taz eingeräumt. Gleichwohl hatte sie darin eine Beeinflussung der Risikobewertung zurückgewiesen. Wissenschaftler, die befangen seien, würden von den Entscheidungen über eine Zulassung ausgeschlossen. Schöffel traut den Beteuerungen nicht: Selbst der Vorsitzende des Wissenschaftlergremiums, Harry Kuiper, habe Studien für die Lobbyistenorganisation verfasst, so der Gentechnik-Gegner.

Abgesehen vom Chef der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, hat Schöffel noch keine Antworten auf seinen Brief erhalten. Besonders enttäuscht ihn die Zurückhaltung von Angelika Niebler. Der Arbeitskreis habe sich des öfteren mit der CSU-Politikerin getroffen, um auf seine Anliegen hinzuweisen. Die Atmosphäre dabei sei immer angenehm gewesen, Niebler habe den Vertretern des Arbeitskreises mit großer Ernsthaftigkeit zugehört. Auf Nachfrage bei Nieblers Ebersberger Büroleiterin Heike Maas habe es aber geheißen, sie sei im Stress. "Das ist auch schon wieder drei oder vier Wochen her", so Schöffel. Auch Monika Hohlmeier hat noch nicht geantwortet.

Der 3000 Quadratmeter große Acker in Grub, auf dem von 2002 bis 2008 gentechnisch veränderter Mais der Sorte Mon 810 angebaut worden war, liegt derzeit brach, weil die Sorte 2009 aus dem Verkehr gezogen wurde. Schöffel warnt aber: "Nur Mon 810 wurde verboten." Versuche mit anderen Genpflanzen, die von der EU zugelassen werden, können jederzeit stattfinden.

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