Amtsgericht Ebersberg:Sturköpfe am Gartenzaun

Lesezeit: 2 min

Grantige Gartenzwerge haben die streitenden Nachbarn zwar noch nicht aufgefahren, sonst aber eine breite Palette an gegenseitigen Schikanen. (Foto: imago stock&people/imago/Westend61)

Seit längerer Zeit pflegen zwei Nachbarsfamilien aus dem nördlichen Landkreis eine erbitterte Feindschaft, die nun in einem Gerichtsprozess gipfelt.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wenn sich zwei streiten, freut sich bekanntermaßen der Dritte. Dieses Sprichwort gilt allerdings nicht, wenn es sich bei der besagten dritten Partei um Vertreter der Justizbehörden handelt - beispielsweise eine Richterin am Amtsgericht. Zumindest war der Ebersberger Vorsitzenden Vera Hörauf jüngst wenig Begeisterung anzumerken, als sie den Streitfall zweier verfeindeter Nachbarsfamilien aus dem nördlichen Landkreis zu verhandeln hatte. "Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen fassungslos", lautete das ernüchternde Fazit der Richterin, nachdem sie zuvor geduldig den Ausführungen der Prozessbeteiligten gelauscht hatte.

Diese unterschieden sich wenig überraschend diametral voneinander. Auslöser der Gerichtsverhandlung war ein eigentlich recht unspektakulärer Zwischenfall vom Mai vergangenen Jahres. Die 63-jährige Angeklagte wollte mit dem Auto aus ihrer Garage herausfahren, deren Zufahrt jedoch der 43-jährige Nachbar mit seinen Fahrrädern blockierte. Als die Frau daraufhin gehupt hatte, habe der Mann gegen die Fahrzeugscheibe geklopft und ihr schließlich den Mittelfinger gezeigt. So zumindest behauptete es die 63-Jährige bei der Polizei, wo sie Anzeige gegen ihren Nachbarn wegen Nötigung und Beleidigung erstattete. Der allerdings war der Dame bereits zuvorgekommen und hatte ebenfalls die Beamten verständigt - was nun zur Folge hatte, dass sich die Frau wegen falscher Verdächtigung vor Gericht verantworten musste.

Ein Angebot zur Schlichtung lehnt der Mann ab

Dort versuchte sich Richterin Hörauf zunächst in die Situation der Beteiligten hineinzuversetzen. Warum sie nicht einfach zu ihrem Nachbarn gesagt habe, dass sie aus der Garage rausfahren wolle, fragte sie die Angeklagte. "Wir reden nicht miteinander", entgegnete diese. Damit war bereits viel darüber gesagt, was man zur Gemengelage dieses Prozesses wissen musste - die Fronten zwischen den beiden Parteien sind - gelinde gesagt - verhärtet. So erzählte die Angeklagte etwa, der Nachbar habe an seinem Haus mehrere Videokameras installiert, wodurch er sie und ihre Familie beobachten könne. Sie habe sogar das Gefühl, der Mann würde heimlich ihre Gespräche belauschen. Auch habe er sie schon bei der Gemeinde angezeigt, weil sie angeblich keine Hundesteuer bezahlen würde. Dabei gehöre der Hund ihrer Tochter, und sie passe nur gelegentlich darauf auf. "Er empfindet alles als Angriff und rennt zur Polizei", sagte die Angeklagte über ihren Nachbarn.

Bauprojekte im Landkreis
:"Es wird halt alles teurer"

Der Landkreis Ebersberg muss für die Sanierung seiner Schulen deutlich mehr Geld ausgeben als ursprünglich geplant. Das liegt vor allem am Krieg in der Ukraine, aber nicht nur. Die ganz großen Investitionen stehen ohnehin erst noch bevor.

Von Andreas Junkmann

Den Vertretern der Justiz war schnell klar, dass ein Urteil hier kaum Frieden schaffen würde. Richterin Hörauf schlug deshalb mit Einverständnis von Staatsanwältin und Verteidiger einen Täter-Opfer-Ausgleich vor - also ein klärendes Gespräch aller Beteiligten im Beisein einer neutralen Instanz. Während sich die Angeklagte für diese Idee durchaus offen zeigte, lehnte der 43-jährige Nachbar nach Rücksprache mit seiner Frau den Vorschlag ab. "Wir sind nicht bereit, die Sache einfach so einzustellen", sagte er im Zeugenstand. Da half auch das gute Zureden von allen Seiten wenig: Ein solches Gespräch sei vielleicht eine Basis, um in Zukunft vernünftig Gartenzaun an Gartenzaun zu leben, sagte etwa der Verteidiger. Die Staatsanwältin ergänzte: "Wenn man nie darüber spricht, findet man auch keine Lösung." Der Mann jedoch beharrte darauf, die Sache bis zu einem Urteil auszufechten.

Vor dem Gerichtssaal zanken sich die beiden Nachbarn weiter

Auf dieses Spiel ließ sich Richterin Hörauf jedoch nicht ein. Sie stellte das Verfahren gegen die Frau ein, schließlich lasse sich nicht beweisen, wer hier im Recht und wer im Unrecht sei. Die Kosten für den Prozess muss die Staatskasse tragen. "Das ist jetzt aber kein Freibrief für neue Auseinandersetzungen", betonte die Richterin. Dass sich diese Hoffnung erfüllt, scheint eher unwahrscheinlich. Nachdem der Mann seiner Nachbarin beim Verlassen des Gerichtssaals den Handschlag verweigert hatte, zankten sich die beiden auf dem Flur weiter.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Skulptur am Marktplatz
:Der Umzug vom Brunnenbub

Immer wieder wird eine berühmte Kirchseeoner Steinskulptur von Unbekannten beschädigt. Das soll nun aufhören.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: