Amtsgericht Ebersberg:Ohne Ticket in den Jugendknast

Amtsgericht Ebersberg: Um den Fahrkartenautomaten hat der 21-jährige Angeklagte immer einen großen Bogen gemacht.

Um den Fahrkartenautomaten hat der 21-jährige Angeklagte immer einen großen Bogen gemacht.

(Foto: Martin Schutt/dpa)

Weil er immer wieder ohne Fahrschein in S-Bahnen und Zügen unterwegs war, wird ein 21-Jähriger aus dem Landkreis Ebersberg zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Mal waren es 6,80 Euro, dann wieder nur 3,40 - die Fahrpreise, um die ein 21-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg die Deutsche Bahn geprellt hat, halten sich eigentlich in ziemlich überschaubaren Grenzen. Insgesamt beläuft sich die Summe aus den Schwarzfahrten, für die sich der junge Mann nun vor dem Amtsgericht verantworten musste, auf 23,80 Euro. Doch dieser Betrag kam den Angeklagten bei der Urteilsverkündung umso teurer zu stehen: Richter Frank Gellhaus schickte ihn für eine Woche in den Jugendknast.

Das mag angesichts der vier S-Bahn-Fahrten aus dem Frühling 2021, für die der 21-Jährige kein Ticket gelöst hatte, etwas hart erscheinen - allerdings ist der Mann kein unbeschriebenes Blatt vor Gericht, oder wie Gellhaus sagte: "Sie sind ein gebranntes Kind." Der Richter spielte dabei auf die zahlreichen Verfahren an, in denen sich der Angeklagte bereits wegen Schwarzfahrens - im Juristendeutsch Erschleichen von Leistungen genannt - verantworten musste. Zuletzt war er dafür vor dem Amtsgericht Stuttgart angeklagt, weil er bei 13 Fahrten kein Ticket dabei hatte. Damals hatte ihm bereits ein vierwöchiger Jugendarrest gedroht, den er nur durch die Zahlung von 500 Euro an die Deutsche Bahn umgehen konnte. Die Summe der nicht gelösten Tickets damals: 38 Euro.

Selbst zur Verhandlung fährt der Angeklagte ohne Ticket

Wenige Woche später setzte sich der 21-Jährige dann schon wieder ohne Fahrschein in die S-Bahn - und wurde erneut erwischt. Dafür stand er nun also vor dem Ebersberger Amtsgericht, wo er zwar seine Verfehlungen einräumte, allerdings keinen wirklichen Willen zur Besserung erkennen ließ. Nachdem er gegenüber Richter Gellhaus sagte, er sei an diesem Tag mit der S-Bahn zur Verhandlung gekommen, wollte der Vorsitzende den entsprechenden Fahrschein sehen. Diesen aber konnte der Angeklagte nicht vorzeigen. "Ich gehe davon aus, dass Sie keine Fahrkarte haben", so Gellhaus.

Sein andauerndes Schwarzfahren begründete der Angeklagte unterdessen damit, kein Geld für ein Ticket zu haben. "Wenn ich mir was nicht leisten kann, dann nehme ich es auch nicht in Anspruch", gab daraufhin der Vorsitzende zu bedenken. Daran, dass der 21-Jährige sich diesen Rat künftig zu Herzen nimmt, hatte das Gericht allerdings so seine Zweifel. Denn auch die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe stellte dem Angeklagten ein recht durchwachsenes Zeugnis aus: Er mache auf sie einen "hilfsbedürftigen Eindruck". Der junge Mann, der bereits Vater eines Kindes ist und mit seiner Freundin demnächst ein zweites erwartet, habe zudem "Schulden in beträchtlicher Höhe, die er nicht mal wirklich überblickt".

Auch für die Staatsanwältin war angesichts der vielen Brüche im Sozialleben des 21-Jährigen klar, dass dieser noch ein letztes Mal nach Jugendstrafrecht zu verurteilen ist. "Der Angeklagte muss lernen, dass es so einfach nicht geht", sagte die Juristin. Verteidiger Florian Alte regte deshalb an, es nochmal mit einer erzieherischen Maßnahme in Form einer einjährigen Betreuung zu versuchen. "Wir geben ihm die Chance, sich zu stabilisieren", argumentierte Alte.

Beim nächsten Vergehen droht dem Mann das Erwachsenen-Gefängnis

Von diesen Chancen aber hatte der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts bereits genug. "Bisherige Ahndungsmittel haben auf Sie nicht wirklich Wirkung gezeigt", sagte Richter Gellhaus, der den 21-Jährigen deshalb zu einer Woche Dauerarrest verurteilte. Möglicherweise sei das ja nun eine gute Gelegenheit, um einen Cut im Leben zu machen und Hilfe in Anspruch zu nehmen, so die Hoffnung des Vorsitzenden. Besser für den jungen Mann wäre es, denn bei der nächsten Verurteilung droht ihm dann das richtige Gefängnis.

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