Ebersberg:Gegen den Ärztemangel: Praxen werden in Kreisklinik integriert

Britischer Gesundheitsdienst sieht Patienten in Gefahr

Symbolfoto.

(Foto: dpa)

Um welche Arztpraxen es geht, ist derzeit nicht bekannt. Für die Eröffnung des neuen ambulanten Versorgungszentrums gibt es aber einen Termin.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

An der Ebersberger Klinik soll zum 1. April 2020 etwas entstehen, dass es so im Kreis bislang noch nicht gab: Ein ambulantes Behandlungsmodell. Laut aktuellen Plänen sollen zwei bestehende Facharztpraxen aus dem Landkreis Ebersberg in ein sogenanntes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) überführt werden - eine davon werde in den bisherigen Räumen sozusagen als Filiale des MVZ betrieben, die zweite werde in Räume des Krankenhauses umziehen, so Klinikchef Stefan Huber am Dienstag auf Nachfrage der SZ. Auskunft, um welche Praxen es sich handelt und ob sich etwa die Sprechzeiten verändern, gab Huber zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sprach in der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses, in der das MVZ Thema war, von einem Generationenwechsel: Ärzte, die ihr Leben lang eine eigene Praxis betreiben, gebe es immer weniger. Dadurch entstünden Versorgungslücken, die es zu schließen gelte, etwa durch ein MVZ. "Es wird Zeit, diesen Weg zu gehen."

Der erste Schritt für die Umsetzung dieser Pläne wurde in der Ausschusssitzung getan: Mehrheitlich stimmten die Kreisräte für den Beschlussvorschlag, die Satzung der Klink entsprechend anzupassen - nur Kreisrat Christian Eckert von der Bayernpartei sprach sich dagegen aus. Derzeit erlaubt die Satzung der Kreisklinik nur eine stationäre medizinische Versorgung. Ein MVZ fällt jedoch unter eine ambulante Behandlungsweise, wie Johann Semmelmayer in der Ausschusssitzung sagte. Der Anwalt der Kreisklinik war gekommen, um den Kreisräten die Notwendigkeit der Satzungsänderung zu erklären: Soll unter dem Dach der Kreisklinik GmbH ein MVZ entstehen, so müsse die Satzung um den Punkt erweitert werden, dass die Gesundheitsleistungen nicht mehr nur stationär, sondern auch ambulant erfolgen können.

Konkret soll es folgendermaßen aussehen: Trägerin des MVZ wäre die Kreisklinik GmbH, Betreiberin eine Tochtergesellschaft, nämlich die MVZ GmbH. Für die MVZ-Gesellschaft soll die bereits bestehende Klinikservice GmbH umgewandelt werden, so der Vorschlag von Semmelmayer. "Die ist sozusagen vorrätig und hat im Moment eh keine Aufgabe." Die Klinikservice GmbH beschäftigte früher Mitarbeiter etwa aus der Technik, der Hauswirtschaft oder dem Reinigungsbereich, wie Klinikchef Huber auf Nachfrage erklärt. Vor fünf Jahren wurden die dort Beschäftigten in die Kreisklinik GmbH übernommen und die Klinikservice GmbH stillgelegt - schon damals mit dem Hintergedanken, sie einmal in ein MVZ überführen zu können.

Rosenheim, Wasserburg und Mühldorf sind bereits versorgt

Niedergesäß, der in seiner Funktion als Landrat den Kreis als Klinikträger und Gesellschafter vertritt, sagte während der Sitzung, dass die Ebersberger Klinik nicht die erste sei, die ein MVZ etabliere, im Gegenteil. Dem pflichtete später Huber bei. Mittlerweile sei die Klinik die einzige in der Region ohne MVZ - Rosenheim, Wasserburg und Mühldorf haben ein solches ambulantes Versorgungsmodell bereits etabliert.

Am Dienstag erklärte Huber, dass sich das Ebersberger MVZ auf niedergelassene Fachärzte konzentrieren werde. "Wir möchten den Hausärzten keine Konkurrenz machen." Mittlerweile sprechen sich 90 Prozent der Fachärzte für ein MVZ aus, wie der Klinikchef während der Sitzung sagte. Vor zehn Jahren habe das noch anders ausgesehen.

SPD-Fraktionssprecher Albert Hingerl wollte wissen, ob ein MVZ den Kreishaushalt entlasten werde. Klinikchef Huber räumte ein, dass ein MVZ nicht immer wirtschaftlich sei. Er betonte aber, dass insgesamt betrachtet von einem Erfolg auszugehen sei, also davon, dass das wirtschaftliche Ergebnis für die Klinik als Muttergesellschaft positiv ausfallen werde. "Für die Tochter kann ich das nicht garantieren."

Entstehen soll das MVZ in einem Containerbau der Klinik, dem Pfarrer-Guggetzer-Haus. Ursprünglich war der Container 2015 als Provisorium angeschafft worden. Im Juni dieses Jahres erklärte Stefan Huber, dass sich indes eine dauerhaftere Nutzung ergeben habe: Personalwohnungen, Zimmer für den Bereitschaftsdienst und Patienten, Büros, sowie Räume für die ambulante Palliativversorgung der Caritas und des Hospizvereins - und nun eben auch Platz für ein MVZ.

Die Gegenstimme kommt von der Bayernpartei

"Kopfzerbrechen" bereitet das Vorhaben Bayernpartei-Kreisrat Eckert. Es gehe nicht nur um die Räume, sondern auch um deren Ausstattung mit medizinischen Geräten und Personal. Um all das möglich zu machen, müsse der Kreis Geld in die Hand nehmen. Als Gesellschafter und Träger der Kreisklinik würde der Kreis sowohl für die Klinik als auch für das MVZ bürgen.

Den Aspekt, dass der Kreis durch die Satzungsänderung dem MVZ Bürgschaften gewähren muss, brachte Klinikanwalt Semmelmayer zuvor an. Der Behauptung, dass der Kreis für Geräte und Personal aufkommen müsse, widersprach Klinik-Geschäftsführer Huber jedoch. Er erklärte, dass die Ärzte von ihrer Selbstständigkeit in ein Angestelltenverhältnis mit dem MVZ wechselten, aber den Betrieb der jeweiligen Praxis mitsamt ihrer Einrichtung und ihrem Personal weiterführen würden.

Kreisrat Eckert zeigte sich nicht überzeugt von Hubers Ausführungen und stimmte als einziger im Gremium gegen den Beschlussvorschlag, der für das Errichten eines MVZ notwendig ist. Die Zustimmung zur Satzungsänderung durch die Regierung von Oberbayern steht bislang noch aus, dem Ebersberger Kreistag wird der Beschlussvorschlag in der Sitzung am 16. Dezember zur Abstimmung vorgelegt.

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