"Mama, wann kommt endlich das Christkind?" Dieser Satz ist Eltern wohl nur allzu gut bekannt. In der Adventszeit werden kleine Kinder immer besonders nörgelig, wer wartet auch schon gerne auf die Geschenke? Für Andrea Mittlmeier war die Fragerei ihrer sechsjährigen Tochter der ausschlaggebende Punkt, dass sie Ende November vergangenen Jahres ihren Kollegen Florian Thoma in der Kantine ansprach, ob man da keine technische Lösung finde könne. Aus diesem simplen Gespräch entwickelte sich das "private Herzensprojekt" der beiden, wie es in der Pressemitteilung genannt wird. Vom 1. Dezember an beantworten nun Amazon Alexa und Google Assistant die Frage, wie oft die Kinder bis Weihnachten noch schlafen müssen. Und um etwas mehr Beschäftigung zu bieten, gibt es jeden Tag eine kleine Geschichte zu hören.
Die beiden haben die Texte kurzerhand selbst geschrieben
Da das Einfügen bereits vorhandener Geschichten zu rechtlichen Problemen geführt hätte, schrieben die beiden Produktentwickler des Bayerischen Rundfunks die Texte einfach selber, mit ein bisschen Unterstützung ihrer Freunde aus dem Medienbereich. Eine Besonderheit ist der Beitrag einer Frau, mit der sie Kontakt über Facebook geknüpft haben und die ein Gedicht als Audio und Text geschickt hat. "Wir haben das Audio dann eingefügt, weil wir das so cool fanden", so die 38-Jährige. Die meisten Texte hat die Münchnerin selbst eingesprochen, schließlich ist sie ausgebildete Sprecherin. "Zwei oder drei Texte kommen aber auch von Florian, damit er auch mal zu hören ist", sagt sie und lacht.
Entwickelt wurde der Adventskalender bereits im vergangenen Jahr, allerdings nur für den privaten Gebrauch der Familie Mittlmeier. Dabei habe es noch Basteltipps und Erklärungen gegeben, was der Advent ist. Ihre Tochter habe das aber langweilig gefunden, woraufhin acht Türchen für dieses Jahr ausgetauscht wurden. An einem Tag wird beispielsweise der Brauch der Barbarazweige erklärt, bei dem Obstbaumzweige abgeschnitten und ins Wasser gestellt werden, bis sie an Weihnachten anfangen zu blühen. Um das ganze interessanter zu gestalten, hat die Münchnerin diese Fakten in eine Geschichte gepackt, in der ein Kind das alles mit seiner Oma erlebt. "Das Ziel ist es, den Kindern gleichzeitig Unterhaltung zu bieten, aber ihnen auch etwas zu geben, über das sie sich unterhalten und das sie ausprobieren können."
Es gibt nicht nur was für die Ohren, sondern auch etwas zu sehen
Auch Bilder lassen sich bei manchen Smartspeakern anschauen. Mittlmeier hat dafür jeden Tag ein Bild auf ihre Kreidetafel in der Küche gemalt und abfotografiert. Ihre Tochter sei davon ganz begeistert gewesen und habe immer die entsprechenden Geschichten hören wollen. "Sie ist meine beste Testerin", sagt die Mutter stolz. Neben den Geschichten ist auch oft Musik zu hören. Typische Weihnachtslieder können dafür aber oft aus rechtlichen Gründen nicht verwendet werden. Die Produktentwickler mussten sich aus dem Fundus verfügbarer Songs bedienen. Manche Lieder wurden auch selbst eingespielt, beispielsweise mit einem Kinderxylophon. Für die Geschichte über Piraten, die zu Weihnachten gern "O Tannenbaum" rülpsen hat der Ebersberger versucht, dies möglichst rülpsend am Keyboard zu imitieren.
Dieses Jahr haben sich die beiden mehr Zeit genommen, um das Produkt bestmöglich zu verbreiten und einen Facebook-Account sowie eine Website zu erstellen. Letztere wurde von Thoma designt, konzipiert und programmiert, ebenso wie die Voice-Anwendung. Mittlmeier übernahm die anderen Aufgaben als Projektmanagerin, Konzepterin, Kommunikationschefin und Designerin. Da das Projekt aber nur von den beiden organisiert wurde, dauerte die Entwicklung nur vier Wochen.
Alexa und Google Assistant sind die einzigen Sprachassistenten, mit denen das Angebot nutzbar ist, da diese am weitesten verbreitet sind und die meisten Anwendungen haben. Um den Geschichten-Adventskalender zu hören, muss man für seine Alexa bei Amazon den kostenlosen Skill im Store suchen und dann aktivieren und in den Einstellungen Skills für Kinder erlauben. Beim Google Assistant heißt die Applikation "Action" und man kann mit dem Kommando "OK Google, sprich mit dem Geschichten Adventskalender" direkt loslegen. Für diejenigen, die keinen Sprachassistenten zu Hause haben, können die 24 Türchen auch auf Youtube abgespielt werden.
Für viele mag die Technik in der Vorweihnachtszeit vielleicht ein bisschen entzaubernd wirken. Mittlmeier hat aber, wie sie sagt, die Erfahrung gemacht, dass das Projekt ziemliche Begeisterung auslöst. "Die Leute merken, das ist handgemacht, gerade auch, da nicht Alexa, sondern eine echte menschliche Stimme zu ihnen spricht." Ihrer Traumvorstellung nach soll der Geschichten-Adventskalender kein Ersatz für das normale Vorlesen sein, sondern ein Zeitpunkt, wo "die Eltern mit ihren Kindern auf dem Sofa sitzen, mit einem warmen Tee in der Hand und gemeinsam kuschelnd der Geschichte lauschen".