Der 8er-Rat in EbersbergWo Jugendliche mitreden können

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Der 8er-Rat gleicht bei Betrachtung von oben einem Marktplatz der Ideen.
Der 8er-Rat gleicht bei Betrachtung von oben einem Marktplatz der Ideen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um die Jugend in Ebersberg stärker an der Stadtentwicklung zu beteiligen, veranstaltet die Stadt das 8er-Treffen. Ziel ist es, einen Austausch über Probleme und Ideen zwischen Achtklässlern und Personen aus Politik und Verwaltung zu ermöglichen.

Von Mariella Kleebinder, Ebersberg

Ein Mittwochmittag im Alten Speicher in Ebersberg. Im Saal wuselt es. 130 Achtklässlerinnen und Achtklässler aus dem Landkreis mischen sich mit Erwachsenen, tauschen sich aus, stehen vor bunten Plakaten. Mittendrin Dominic Mayer vom TSV Ebersberg. Eine Schülerin aus Ebersberg stellt ihm ihr Plakat vor, das den Titel „mehr Geräte im Kraftraum“ trägt. Da sie begeistert Leichtathletik trainiert und sich darin auch weiter verbessern möchte, muss sie auch im Kraftraum des Vereins trainieren. Dieser sei jedoch viel zu klein für die vielen Athleten der Leichtathletik-Abteilung. An den Geschäftsführer des Sportvereins hat sie deshalb einen klaren Wunsch: „Wir brauchen einen größeren Kraftraum.“

Ein Austausch zwischen Verwaltung und Jugend wie dieser steht sinnbildlich für das bayernweit einzig in Ebersberg realisierte Konzept des 8er-Rats. Finanziert wird es von der Stadt Ebersberg, unterstützt vom Kreisjugendring. Bei dem Projekt geht es darum, jungen Ebersbergern die Gelegenheit zu bieten, aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt mitzuwirken und ihre Ideen und Anliegen direkt mit Verwaltung und Politik zu diskutieren. Am diesjährigen 8er-Rat nehmen sowohl Mitglieder verschiedener Parteien aus dem Stadtrat, Geschäftsführer von Vereinen als auch der Bürgermeister der Kreisstadt Ulrich Proske (parteilos) sowie der Landrat Robert Niedergesäß (CSU) teil. Im 8er-Rat soll Jugendlichen aller Schulformen – unabhängig von ihren sozioökonomischen Ressourcen und ihrem persönlichen Zugang zu gesellschaftlicher und politischer Beteiligung – gesellschaftspolitische Teilhabe erklärt und ermöglicht werden.

Politische Bildung als Grundlage für das Projekt

Um eine gewisse Umsetzbarkeit der Wünsche und Ideen der Achtklässlerinnen und Achtklässler zu garantieren, ging dem Treffen mit Politik und Verwaltung bereits ein Treffen voraus. Schon im Vorfeld der Veranstaltung beschäftigten sich die Jugendlichen mit den Fragen: Wie funktioniert Verwaltung? Wie funktioniert Lokalpolitik? Wer darf und kann was genau entscheiden? Welche Themen werden lokal finanziert und umgesetzt und welche nicht? Dadurch entsteht auch ein positiver Nebeneffekt: Die Jugendlichen erfahren durch die aktive Einbindung, wie Mitbestimmung und Zivilgesellschaft funktionieren, und lernen, demokratische Prozesse aktiv mitzugestalten.

Dass die Jugendlichen die Mechanismen und Prinzipien einer funktionierenden Zivilgesellschaft verstanden haben, zeigt dieses Plakat. Die Jugendlichen äußern nicht nur ihren Wunsch nach einem Park, sie erkennen auch, dass sie selbst etwas beisteuern müssen – zum Beispiel Aufräumarbeiten.
Dass die Jugendlichen die Mechanismen und Prinzipien einer funktionierenden Zivilgesellschaft verstanden haben, zeigt dieses Plakat. Die Jugendlichen äußern nicht nur ihren Wunsch nach einem Park, sie erkennen auch, dass sie selbst etwas beisteuern müssen – zum Beispiel Aufräumarbeiten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um eine möglichst große Bandbreite der Lebenswelten der Ebersberger Achtklässlerinnen und Achtklässler abzubilden, kommen die 130 Teilnehmenden aus unterschiedlichen Schulen rund um Ebersberg. Vertreten sind Jugendliche der Mittelschule, Realschule und beider Gymnasien aus Grafing und Kirchseeon. Bedingung für die Teilnahme: Man muss in der Kreisstadt wohnen.

Sport, Mobilität, Digitalisierung – das alles interessiert die jungen Leute

Am Tag der Präsentation von Wünschen und Anregungen der Achtklässler bildet sich ein Marktplatz der Ideen im Alten Speicher. Menschen aus Politik und Verwaltung gehen zwischen den mit Plakaten bestückten Pinnwänden hindurch und lassen sich Vorschläge der Schüler genauer erklären. Halten die Entscheidungsträger das jeweilige Projekt für realisierbar und fällt es in ihren Zuständigkeitsbereich, so tragen sie sich auf Listen ein, die neben jedem Plakat hängen und auch über die Kontaktdaten der Ideengeber verfügen. Dadurch besteht die Möglichkeit, sich über den Projekttag hinaus noch einmal zusammenzusetzen und über die konkrete Idee zu sprechen.

Alex und Noah präsentieren ihre Lösungsvorschläge für die Problemstellen des öffentlichen Nahverkehrs in Ebersberg.
Alex und Noah präsentieren ihre Lösungsvorschläge für die Problemstellen des öffentlichen Nahverkehrs in Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Themen, die die Jugendlichen am meisten beschäftigen, sind das Sportangebot, digitale Geräte in der Schule oder Bücherei sowie das Thema Mobilität - genauer gesagt, ihre persönliche Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Einen Platz, um sich mit Freunden zu treffen und seine Freizeit zu verbringen, wünschen sich die jungen Ebersberger und Ebersbergerinnen genauso wie mehr für ihre Altersgruppe attraktive Einkaufsmöglichkeiten in der Kreisstadt.

Nach der Dialogrunde ziehen die Gäste aus Politik und Verwaltung ein Resümee: Welche Projekte konnten im vergangenen Jahr bereits durch den 8er-Rat verwirklicht werden? Und welche Ideen möchten und können sie nun in diesem Jahr in ihrem Bereich angehen?

Landrat Niedergesäß blickt zurück auf bereits im vergangenen Jahr realisierte Projekte: Die IT-Situation an Schulen habe schon stark verbessert werden können. Auch dem Wunsch nach Hygieneartikeln an den Schulen konnte das Landratsamt nachgehen. Im Dezember trete ein neuer Fahrplan der Buslinien 442 und 445 in Kraft, der auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schülern abgestimmt worden sei. Zudem macht Niedergesäß den Jugendlichen klar, dass das Busangebot im Landkreis in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt wurde und man auch die dementsprechend hohen Kosten bedenken müsse.

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Peter Hölzer, Sachgebietsleiter im Amt für Familie und Kultur, nimmt sich vor, sich um Computer in der Ebersberger Bücherei, den zu kleinen Kraftraum des TSV Ebersberg und einen Basketballkorb beim Waldsportplatz zu kümmern. Letzteres hat auch Dominic Mayer vom TSV-Ebersberg vor. Als Schlüsselthema sieht er zudem die Frage: „Was mache ich außerhalb der Schule und außerhalb vom Computer daheim?“ Dahin gehend möchte er das Sportangebot im Winter durch eine Reaktivierung des Ebersberger Skilifts vergrößern.

Am Ende der Veranstaltung sind sich alle einig: „Die Veranstaltung hat uns alle weitergebracht“, sagt Stadträtin Elisabeth Platzer (SPD), „auch mich persönlich.“ Nicht nur werde sie mit vielen Ideen und Denkanstößen die Veranstaltung verlassen – sie habe auch gelernt, welche Bedeutung das Wort „Talahon“ hat. Da lachen auch die Jugendlichen im Saal, sie treten nun mit guter Laune und einem positiven Bild von demokratischer Teilhabe den Heimweg an.

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