Einkaufen im Landkreis Ebersberg:Die Dorfläden profitieren von der Corona-Krise

Mehr Platz, weniger Gedränge, das schätzen die Kunden. Selbstläufer sind die kleinen Läden deshalb aber nicht

Von Karin Pill

Einkaufen im Landkreis Ebersberg: Einkaufen in entspannter Atmosphäre und mit persönlicher Beratung, das können Kundinnen und Kunden etwa im Dorfladen von Petra Bley (links) und Martina Schärfl in Schlacht bei Glonn.

Einkaufen in entspannter Atmosphäre und mit persönlicher Beratung, das können Kundinnen und Kunden etwa im Dorfladen von Petra Bley (links) und Martina Schärfl in Schlacht bei Glonn.

(Foto: Christian Endt)

Im Corona-Jahr 2020 haben die Menschen Zeit. Viel Zeit. Viele Veranstaltungen sind abgesagt und das Reisen ist gerade auch schwierig. Neben Spieleabenden und Serien-Marathons kristallisierte sich da eine weitere Beschäftigung heraus: Die Deutschen fingen wieder an, ausgiebig zu kochen und zu backen. Kein anderes Produkt steht dafür so beispielhaft wie die Hefe. Dieses einfache Grundnahrungsmittel, das kaum mehr als einen Euro das Päckchen kostet, war über Monate vergriffen. Überhaupt ging es im März und April vielerorts heiß her in den Supermärkten. Die Schlangen waren lang und die Kunden gereizt. Daraufhin kehrten viele Menschen den großen Geschäften und damit dem Infektionsrisiko, dem Stress und der Anonymität den Rücken. Stattdessen kauften sie in kleinen Dorfläden ein, wie dem in Harthausen in der Nähe von Zorneding.

"Während der Corona-Hochphase im März haben wir regen Zulauf bekommen", erinnert sich Johanna Mayer. Sie gehört zu den Mitgründern des Harthauser Dorfladens. "Die Leute hatten einfach Angst im großen Supermarkt einzukaufen", sagt Mayer. Wie in herkömmlichen Supermärkten, gibt es auch im Harthauser Dorfladen alles zu kaufen - und das auch noch in entspannter Atmosphäre. Von Brot, Wurst, Milch, Käse und Eiern, bis hin zu Gemüse, Obst und Süßigkeiten - alles da. "Selbstverständlich gibt es bei uns auch Hefe und Klopapier", sagt Mayer. Das war ihr Glück. Denn Hof- und Dorfläden wie der in Harthausen leben von jedem Produkt, das sie verkaufen. Dabei legen die Eigentümer Wert auf Regionalität: das Gemüse kommt aus Neufahrn, das Mehl aus Bruckmühl, die Milch aus Finsing und der Kaffee aus einer Asslinger Rösterei.

Es kommen viele Überstunden zusammen, bezahlt werden diese nicht

Doch Regionalität auch dauerhaft umzusetzen ist gar nicht so einfach. Die Gewinnmarge eines Dorfladens ist bei weitem nicht so groß wie die der großen Supermarktketten. Die vielen Überstunden, die Mayer und ihre Kollegen machen, leisten sie aus Überzeugung - natürlich unentgeltlich. Als Mayer das erzählt, kommt gerade ein Handwerker herein. "Max, hättest Du die Tage Zeit, dass Du unser Licht reparierst?", fragt Mayer ihn. "Ja, freilich", antwortet Max wie selbstverständlich. So läuft das hier. "Wer so einen Dorfladen betreibt, der muss wirklich dahinterstehen. Da gibt es keine strikte Trennung von Beruf und Privatleben. Wir brauchen die Handwerker, die schnell mal etwas für uns reparieren, oder Leute, die ehrenamtlich mitanpacken", erzählt Mayer.

Da trifft es sich gut, dass keine zehn Kilometer entfernt, in Schlacht bei Glonn, die Familie Schärfl einen Hofladen betreibt. Wenn Richard Schärfl für seinen Hofladen Gemüse in Neufahrn abholt, nimmt er auch gleich das bestellte Gemüse für den Harthauser Dorfladen mit. Denn auch die Schärfls sind leidenschaftliche Betreiber ihres Hofladens und wissen, dass es nur funktioniert, wenn man zusammenhält. "Unser Hofladen ist ein Familienbetrieb, alle müssen mitanpacken", sagt Martina Schärfl, Mutter von drei erwachsenen Kindern.

Den Hofladen in Schlacht gibt es seit etwa 20 Jahren. Vor drei Jahren haben die Schärfls den Laden umgebaut und modernisiert. Sie verkaufen zwar auch Ware aus der Region, wie Käse aus Hermannsdorf, Brot aus Piusheim, ja sogar Ingwer aus niederbayerischem Anbau. Doch können Kunden auch von den Schärfls selbst angebautes Gemüse im Laden erhalten. "Wir verkaufen zum Beispiel Zuckerhutsalat aus eigenem Anbau. Das ist eine alte Sorte, die schon fast in Vergessenheit geraten ist. Dabei ist sie so gesund", sagt Martina Schärfl. Wichtig ist den Schärfls, dass die Lebensmittel keinen langen Anfahrtsweg haben. Die Produkte mit dem weitesten Transportweg sind Orangen und Zitronen aus Andalusien. Doch selbst hier stammen die Früchte nicht von einem unbekannten "Plantagen-Baron", sondern von einem Rechtmehringer, der seine eigene Plantage in Spanien betreibt.

Dorfladen Harthausen

In Harthausen bei Zorneding setzen Christina Feicht (von links), Katharina Karg und Chefin Johanna Mayer auf regionale Produkte.

(Foto: Christian Endt)

In Moosach fragen immer mehr Kunden nach Bio-Produkten

Dass die Leute Wert auf Regionalität legen, das kann auch Tamara Weidlich bestätigen. Sie ist Mitbegründerin des Moosacher Dorfladens. Doch machte Weidlich noch eine weitere Erfahrung: "Zuerst wollten wir einfach eine Einkaufsmöglichkeit in Moosach bieten. Die Leute fragten zwar nach regionalen Produkte, aber es spielte keine Rolle, ob die aus biologischem oder konventionellem Anbau kamen", sagt Weidlich. Doch das hat sich geändert. "Irgendwann haben wir mehr Bio- als konventionelle Produkte verkauft", erzählt sie. Deshalb gehört bio in Moosach inzwischen zum Konzept. Und das erkennen die Kunden auf einen Blick. Die Gemüsesorten aus biologischem Anbau liegen in den grünen Kisten, die konventionellen Sorten in den farblosen Holzkisten.

"Uns war es wichtig, nicht einfach ein namenloser Supermarkt zu sein, sondern wir wollten ein eigenes Konzept", sagt Weidlich. Zum Konzept gehört auch, dass besondere Bestellwünsche der Moosacher berücksichtigt werden. "Oft kommen Leute auf uns zu und sagen: 'Das Produkt mag ich so gerne, könntet ihr das nicht mal ins Sortiment aufnehmen?' Das machen wir dann natürlich gerne."

Dorfläden, wie die in Harthausen und Moosach, sind auf zufriedene Kunden angewiesen. Denn trotz der vielen Arbeit, die Mitarbeiterinnen wie Johanna Mayer oder Tamara Weidlich investieren, sind die Dorfläden keine Selbstläufer. Wie Johanna Mayer in Harthausen, sagt auch Tamra Weidlich: "Jedes Teil das wir verkaufen, hilft uns." Und sie wünscht sich, dass der Kundenstamm auch weiterhin wächst. "Wir freuen uns über jeden Kunden, egal ob Handwerker und Radlfahrer auf der Durchreise, Zugezogene oder Alteingesessene."

Einkaufen im Landkreis Ebersberg: Regionale Produkte gibt es selbstverständlich auch im Moosacher Dorfladen bei Tamara Weidlich.

Regionale Produkte gibt es selbstverständlich auch im Moosacher Dorfladen bei Tamara Weidlich.

(Foto: Christian Endt)

Mayer, Schärfl und Weidlich berichten alle, dass sie starken Zulauf durch Corona bekommen haben. Doch findet Martina Schärfl es sehr schade, dass viele "mit einer Ellenbogen-Mentalität in den Hofladen kommen". Die Mentalität, die sie in den großen Supermärkten stört, bringen sie dann in die kleinen Betriebe. Außerdem weiß niemand, ob den Hof- und Dorfläden diese Kundschaft auch langfristig bleibt. Die Stammkunden, die die regionalen Dorfläden regelmäßig unterstützen, tun dies nämlich aus voller Überzeugung und kommen mehrmals die Woche.

Gerade diese Stammkundschaft hilft auch dem Dorfladen in Harthausen. "2009 waren wir der einzige Dorfladen weit und breit", sagt Johanna Mayer. Inzwischen ist der Dorfladen eine richtige Institution im Ort. "Es gibt ständig Leute, die neue Anteile am Dorfladen kaufen wollen. Doch wir wollen gar nicht mehr Anteilshalter", sagt Mayer und lacht. Um sich bei den Anteilsinhabern zu bedanken, bekamen diese zum zehnjährigen Bestehen im vergangenen Jahr alle einen einzigartigen Regenschirm geschenkt, auf dem Harthauser Motive gedruckt sind.

In Egmating gibt es bisher kein passendes Gebäude

Auch im wenige Kilometer entfernten Egmating gäbe es Leute, die sich genossenschaftlich an einem Dorfladen beteiligen wollen. Doch hier ist das Problem ganz anders gelagert: "Seit über zehn Jahren heißt es, wir brauchen eine Einkaufsmöglichkeit im Dorf. Aber es gibt einfach kein passendes Gebäude", sagt Magdalena Wagner, SPD-Gemeinderatsmitglied. Die Gemeinde müsste neue Flächen auftreiben, so Wagner, aber "irgendwie ist die Motivation inzwischen abgeflaut". Dennoch gibt Wagner die Hoffnung noch nicht auf. Sie ist immer noch der festen Überzeugung, dass ein Dorfladen für Egmating sehr gewinnbringend sein könnte und hofft, auf eine gute Zusammenarbeit mit der neuen Egmatinger Bürgermeisterin Inge Heiler.

Dörfer mit einem Hof- oder Dorfladen können sich glücklich schätzen, sagt jedenfalls Doris Bockmeir, Kundin im Hofladen in Schlacht. "Wo gibt's denn sowas noch, dass man mit Namen begrüßt wird, besondere Bestellwünsche abgeben kann und zugleich hervorragende, regionale Ware kaufen kann?"

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