Süddeutsche Zeitung

Dorfgaststätten:Werben um die Gäste

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Die Wirte im Landkreis begegnen dem Wandel mit unterschiedlichen Strategien

Von Andreas Junkmann

Das Wirtshaus gehört zu einer Gemeinde wie die Kirche und das Rathaus - zumindest war das früher der Fall. Heute haben Gastronomen zunehmend mit Problemen zu kämpfen, immer mehr von ihnen müssen ihre Gaststätte sogar komplett zusperren. Wie schlimm steht es also tatsächlich um das Dorfwirtshaus? Wir haben uns im Landkreis umgehört.

Bayerische Küche reicht nicht

"Wie es bei einer Wirtschaft läuft, liegt ja vor allem an den Gästen. Man kann ja niemanden zwingen zu kommen", sagt Paul Bichler. Der 70-jährige Seniorchef vom gleichnamigen Landgasthof in Emmering blickt auf ein halbes Jahrhundert Gastro-Erfahrung zurück und weiß deshalb, wie man in der Branche überlebt. Um das Geschäft am Laufen zu halten, müsse man sich schon immer wieder was einfallen lassen. "Mit bayerischer Küche allein kommt man heute nicht mehr weit", sagt Bichler. Seit er die Geschäftsleitung an seine Tochter Bettina Mühlbauer übergeben hat, kommt deshalb im Landgasthof auch mediterranes und asiatisches Essen auf den Tisch. Das komme bei den Leuten an. "Wir können nicht jammern", sagt Bichler. Was sie allerdings auch in Emmering zu spüren bekommen, ist die Konkurrenz zum Vereinsheim. Da habe man aber eine Abmachung getroffen: Nach den Heimspielen gehen die Emmeringer Fußballer ins Vereinsheim, nach Auswärtsspielen zum Wirt.

Selber kochen wird bestraft

Die Probleme der Wirtshäuser gehen auch beim Gasthof Purfinger Haberer nicht spurlos vorüber. "Das merken wir schon", sagt Geschäftsführer Maximilian Mack, der das Wirtshaus bereits in sechster Generation betreibt. Besonders "die ganze Bürokratie" hält der 34-Jährige für übertrieben. "Das Arbeitszeitgesetz zum Beispiel. Das ist ja grundsätzlich sinnvoll, aber in der Gastronomie kontraproduktiv." Geht es nach Mack, sollten Mitarbeiter selbst entscheiden können, wann sie arbeiten. "Ich würde mir wünschen, dass es da ein bisschen mehr Freiheiten geben würde." Was den Jung-Wirt besonders schmerzt, ist die Versteuerung der Speisen. Da das Zubereiten vom Staat als Dienstleistung gewertet wird, ist das Wirtshausessen mit 19 Prozent belegt. Die Lebensmittelsteuer liegt aber eigentlich nur bei sieben Prozent. "Hier ist es leider so, wer selber kocht, wird bestraft", sagt Mack.

Vereine an sich binden

Dass das Dorfwirtshaus keineswegs vom Aussterben bedroht ist, findet Thomas Binder. Der 51-jährige Wirt der Alten Post in Ebersberg stört sich aber - wie seine Kollegen auch - am hohen Bürokratieaufwand. Außerdem werde es immer schwerer, Personal zu finden. Womit Binder hingegen keine Probleme hat, ist die Konkurrenz zu den Vereinsheimen. "Das spüren wir bei uns überhaupt nicht, ganz im Gegenteil." Viele Vereine würden nach wie vor regelmäßig in die Alte Post kommen. "Man muss sich eben untereinander verstehen."

Auf Stärken konzentrieren

Als Wirt arbeite man doch eh in einer sehr dankbaren Branche, meint Andreas Keipp, Chef der Schnitzelgaudi im Sonnblick. "Essen und Trinken kann man wenigstens nicht durch den Computer ersetzen", sagt der 43-jährige Gastronom aus Markt Schwaben. Deshalb ist er auch sicher, dass das Dorfwirtshaus sehr wohl noch eine Zukunft hat. Klar sei es heute nicht mehr so leicht wie früher. Aber da müsse man sich - wie auch in anderen Gewerben - eben anpassen. Und von Jammern hält der Schnitzelwirt ohnehin nicht viel. "Das bringt doch nichts", sagt er. "Man muss sich einfach auf seine eigenen Stärken konzentrieren und einen guten Job machen. Dann kommen die Leute auch."

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Quelle:
SZ vom 24.11.2018
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