Diskussion um Finanzen:Grafing will die Spendierhosen ausziehen

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Der Stadtrat drückt die Neuverschuldung um 3,6 Millionen Euro und gelobt Besserung bei der Haushaltsdisziplin

Von Thorsten Rienth, Grafing

Zweimal war er schon vertagt worden, der dritte Anlauf hat jetzt geklappt: In seiner jüngsten Sitzung hat der Grafinger Stadtrat den Haushalt des Jahres 2019 verabschiedet. Und der ist mit einem Volumen von 44,9 Millionen Euro deutlich schlanker, als ursprünglich gedacht.

Zu den amtsgegebenen Vorteilen einer Bürgermeisterin gehört, in Stadtratsdebatten das erste Wort zu haben. Eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit geht damit einher. Nämlich die, der Diskussion den gewünschten Spin mit auf den Weg zu geben. Bei Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) geschah das am Dienstagabend in Form eines politischen Dreiklangs. "Wir schaffen neue Werte. Wir erhalten Werte. Wir erfüllen unsere Aufgaben", fasste sie den Haushaltsansatz ihrer Stadt zusammen. Dann folgte eine lange Aufzählung: Neubau und Sanierung von Grund- und Mittelschule. Anschluss der Ortsteile ans Kanalnetz. Neuer Bauhof. Erweitertes Gewerbegebiet. Straßen, Gehwege, Radwege. Anschlüsse an die Ostumfahrung. Weitere Millionen für die Kitas.

Das alles, und so schlug Obermayr den Bogen zur weniger guten Nachricht des Abends, wolle aber finanziert werden. 4,1 Millionen Euro betrage deshalb die Kreditaufnahme im laufenden Jahr. Immerhin: Das sind 3,6 Millionen Euro weniger, als noch vor wenigen Wochen befürchtet. Im Kern liefe die Sache allerdings spürbar besser, als einst geplant. "Im Jahr 2015 haben wir für Anfang 2019 mit einer Verschulung von 10,6 Millionen Euro gerechnet." Aktuell liege der Stand bei 9,1 Millionen Euro. "Wir haben den Verwaltungshaushalt vorsichtig eingedampft und Investitionsprojekte gestreckt", erklärte die Bürgermeisterin. Strecken, damit meine sie eine realistischere Einschätzung dessen, was möglich sei. "Auch was unsere Man- und Woman-Power im Rathaus angeht, war der erste Haushaltsentwurf wohl zu sportlich."

Diese Perspektive freilich ist Interpretationssache. "Diese Millionen sind doch nicht eingespart", entgegnete etwa Yukiko Nave (Bündnis für Grafing). "Die Kosten sind nur verschoben und kommen in jedem Fall." Nur eben später und womöglich dann höher. Jeder wisse, dass Baukosten stiegen und Instandhaltungen teurer würden, je später man sie anpacke.

Tatsächlich betreffen die "gestreckten" oder "verschobenen" Posten fast ausschließlich Bauprojekte respektive deren Rechnungsstellung. Beim Grundschulausbau ließen sich zum Beispiel eine Million Euro herausholen, beim Umbau der Kita am Dobelweg etwa 700 000 Euro, beim Neubau der Straße "Am Feld" weitere rund 600 000 Euro.

Die CSU-Fraktion stimmte dem Haushalt zwar geschlossen zu. Kritik kam allerdings von Fraktionschef Max Graf von Rechberg. "Es fehlt hier an einer Grunddisziplin", klagte er - und meinte damit das Stadtratsgremium selbst. "Wir gehen hier in der Runde einfach zu lässig mit den Dingen um." Stünden Entscheidungen an, die in der Öffentlichkeit zwar beliebt, für den Etat aber schlecht seien, würden viel zu schnell die Arme hochgehen.

Innerhalb von vier Jahren hätte der Stadtrat nicht nur die Rücklagen der Stadt aufgebraucht. Sondern auch die Schulden verdreifacht. "Ein 'Nice-to-have' können wir in den nächsten fünf Jahren vergessen."

So drastisch wollte es SPD-Stadtrat Ernst Böhm nicht formulieren. Rechbergs Tenor sei aber nicht von der Hand zu weisen. "Der Bund hat in den vergangenen Jahren Schulden abgebaut, der Freistaat, der Landkreis und die Hälfte der Landkreisgemeinden", ordnete Böhm ein. Grafing gehöre nicht dazu - habe aber auch was zu bieten: "Die Gemeinden ohne Schulden haben keine Stadthalle, kein Freibad, keine Eishalle."

Nicht zuletzt deshalb, findet das BfG, müsse die Stadt ihre Einnahmen erhöhen. Die Fraktion schlug vor, die verbleibenden Grundstücke des Gewerbegebiets anstatt für 180 Euro für 250 Euro je Quadratmeter zu verkaufen. Parallel solle der Gewerbesteuer-Hebesatz von 330 auf 350 steigen. Einen konkreten Antrag stellte sie allerdings nicht zur Abstimmung.

Am Ende der Diskussionsrunde votierten alle Fraktionen - mit Ausnahme des Bündnis für Grafing - für den vorgelegten Haushalt.

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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