Dienstwagenaffäre:Bürgermeister schuldet Grafing 12.000 Euro

Erst wurde die private Nutzung des Dienstwagens von Rudolf Heiler gar nicht versteuert, dann hat die Stadt für ihn bezahlt.

Thorsten Rienth

- Dienstwagen, Lohnsteuer, Selbstanzeige - das sind die Stichworte, die den Grafinger Stadtrat gerade ordentlich in Atem halten. Mittendrin: Bürgermeister Rudolf Heiler (Freie Wähler). Für einen fünfstelligen Lohnsteuerbetrag, den Heiler für die private Nutzung seines Dienstwagens hätte zahlen müssen, sprang die Stadt ein.

Seit 1997 fährt Heiler einen Dienstwagen. Die private Nutzung des Wagens - im Fachjargon "geldwerter Vorteil" genannt - müssen Dienstwagenbesitzer versteuern. Abführen muss die Steuer der Arbeitgeber, also die Stadt Grafing. Der Arbeitnehmer, hier Bürgermeister Heiler, muss sie bezahlen. Wie aus einem Bericht des Kommunalen Prüfungsverbands (KPV) hervorgeht, in den die SZ Einsicht hatte, ist in Grafing beides über Jahre hinweg nicht passiert. Er habe von der Versteuerungspflicht schlicht nichts gewusst, antwortete Heiler Ende der Woche auf eine SZ-Anfrage. "Dass geldwerte Vorteile durch die Nutzung privater Fahrten eines Dienstwagens zu versteuern sind", will er erst 2008 aus einem Artikel in der Verbandszeitschrift des Bayerischen Gemeindetags erfahren haben. "Mit der Bitte um Prüfung und sinngemäße Erledigung", habe er den Text an seine Personalverwaltung weitergegeben. Soll heißen: Es wurde sofort reagiert.

Der Prüfbericht des KPV vom Februar 2011 über die Haushaltsjahre 2006 bis 2009 widerspricht. Ihm zufolge war Grafing schon zehn Jahre früher auf den Fehler aufmerksam gemacht worden: "Im Schlussgespräch der Lohnsteuer-Außenprüfung vom Februar 1998 wurde die Stadt darauf hingewiesen, dass die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs künftig einen zu versteuernden geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer darstellt." Laut Prüfbericht überwies Grafing am 16. Februar 2009 den offenen Betrag ans Finanzamt und meldete ihn einen Monat später schriftlich nach. "Diese nachträgliche Meldung wurde von der Bußgeld- und Strafsachenstelle beim Finanzamt Rosenheim als Selbstanzeige (...) gewertet", steht dazu im Bericht. 12 337,97 Euro waren über die Jahre zusammengekommen.

Erst einige Monate später forderte die Stadt Grafing ihren Bürgermeister auf, den Betrag zurückzuerstatten. Darauf bat Heiler um Aufschub, um die Sache von einem Steuerberater prüfen zu lassen. Als das Finanzamt dann aber Hinterziehungszinsen in Höhe von 2816 Euro nachforderte, legte die Stadt Einspruch ein. Diesem sei auch stattgegeben worden, berichtet Heiler - "da im strittigen Zeitraum bis 2008 kein Vorsatz und keine Fahrlässigkeit vorlagen." Trotzdem sind die angeblich unstrittigen 12 337,97 Euro bis dato nicht an die Stadt zurückgeflossen. Obwohl der KPV genau das fordert: "Der Bürgermeister wäre erneut zur Erstattung aufzufordern und der Zahlungseingang wäre zu überwachen." Vorsorglich weist der Prüfungsverband außerdem darauf hin, dass eine Übernahme der Kosten durch die Stadt nicht rechtens wäre, weil dies einer "unzulässigen sonstigen Zuwendung" gleich komme. Heiler versichert, die 12337,97 Euro bezahlen zu wollen. "Ich würde nie Steuerschulden auf die Stadt abwälzen", das sei "geradezu grotesk". Er wolle aber die rechtliche Prüfung abwarten. Sie läuft seit Ende 2009.

Vergangenen Dienstag war die Lohnsteuerangelegenheit nun Thema im Stadtrat. Ausführlich wurde darüber aber erst nicht öffentlich diskutiert: "Seitens der Verwaltungsvertreter wurde mein Angebot, den entsprechenden Betrag auf ein Sperrkonto der Stadt zu überweisen, bekannt gegeben", berichtet Heiler. Persönlich erklären konnte Heiler dies dem Gremium nicht. Es hatte Heiler per Geschäftsordnungsantrag als Betroffenen von den Beratungen ausgeschlossen. Über das Sperrkonto könnte das Geld direkt an die Stadt Grafing fließen, sobald die rechtliche Prüfung beendet sei, erklärte Heiler.

Einen Beschluss fasste der Stadtrat nicht. Der Mitarbeiter, der jene Überweisung ans Finanzamt erledigt hatte, war im Urlaub. Die Stadträte dürfte vor allem interessieren, was er über die Rolle Heilers in der Angelegenheit zu berichten hat. Die Sache ist erst einmal vertagt.

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