Deutsche Bahn:Unter Zugzwang

Deutsche Bahn: Wer in Wiesham über die Schienen will, muss gut aufpassen, dass kein Zug kommt. Denn Schranken gibt es hier keine, das könnte sich bald ändern.

Wer in Wiesham über die Schienen will, muss gut aufpassen, dass kein Zug kommt. Denn Schranken gibt es hier keine, das könnte sich bald ändern.

(Foto: Christian Endt)

Weil der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Grafing und Ebersberg auf sich warten lässt, muss der Kreis eventuell zweimal für den Übergang bei Wiesham bezahlen

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Grafing

Das Wort Fahrplan wird ja gerne auch für Dinge verwendet, die mit Zügen gar nicht zu tun haben, das kann man bei der Bahn durchaus als Kompliment für sprichwörtlich gute Planungsfähigkeiten verstehen. Doch manchmal fehlt auch bei der Bahn ein Fahr- beziehungsweise Zeitplan, und das könnte für den Landkreis Ebersberg teuer werden. Weil der Schienenkonzern sich nicht festlegen will, ob und wann die Strecke zwischen Ebersberg und Grafing ein Ausweichgleis erhält, könnte der Bahnübergang bei Wiesham zweimal ausgebaut werden müssen - mit Kostenbeteiligung des Kreises.

Noch im Juli hatte der Verkehrsausschuss ein entsprechendes Angebot der Bahn zum gemeinsamen Ausbau des Übergangs abgelehnt. Zwar nicht grundsätzlich, aber bis zur Klärung der Frage, wie es die Bahn mit dem zweiten Gleis auf der Strecke hält. Dieses wird seit Jahren gefordert, um den Bahnverkehr zwischen den beiden Städten verlässlicher zu machen. Und die einzige Stelle, wo Platz für eine Ausweichstrecke wäre, ist nördlich von Grafing auf Höhe Wiesham. Da sei es doch unsinnig, so damals die einhellige Meinung im Ausschuss, jetzt für 870 000 Euro - von denen der Kreis 145 000 Euro zahlen muss - einen neuen Bahnübergang zu bauen, den man ein paar Jahre später wieder abreißen oder erweitern muss.

Doch genau so könnte es kommen, wie nun in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses zu erfahren war. Er sei bei der Juli-Sitzung leider verhindert gewesen, so Landrat Robert Niedergesäß (CSU), sonst hätte er damals schon gegen den dort gefassten Beschluss argumentiert. Denn warten, bis die Bahn ein zweites Gleis baut, solle und könne man mit dem Umbau nicht.

Ein Grund ist die Sicherheit, beziehungsweise der Mangel daran, an der Stelle. In den vergangenen zehn Jahren ereigneten sich dort vier schwere Unfälle, weil Autofahrer einen herannahenden Zug übersehen hatten. Auch wenn der letzte schon fünf Jahre zurückliegt und es keine Toten zu beklagen gab, gilt die Stelle bei Bahn wie Polizei als Unfallschwerpunkt, der entschärft werden sollte. Darauf bezieht sich auch das kürzlich abgelehnte Angebot der Bahn, nach fünf Jahren Planung hatte man eine Ausbauvariante vorgestellt, sie sieht etwa den Einbau von Schranken vor. "Wir sollten es bald sicherer machen", empfahl Niedergesäß nun, "und nicht warten, bis die Bahn ein zweites Gleis baut.

Denn - und das ist der andere Grund warum der Ausbau bald kommen sollte - bei der Bahn ist man derzeit nicht in der Lage, zu erklären, ob und wann ein Ausweichgleis zwischen den beiden letzten S-Bahnstationen gebaut wird, geschweige denn, wo es genau hinkäme. Laut Johannes Dirscherl vom Landratsamt, "kann die Bahn derzeit die Notwendigkeit für ein zweites Gleis nicht nachweisen". Dies könne sich zwar in den kommenden Jahren ändern, sagte Niedergesäß, "irgendwann muss man das Nadelöhr zwischen Ebersberg und Grafing angehen". Etwa wenn die Strecke nach Wasserburg elektrifiziert und leistungsfähiger gemacht werde, sowie nach Fertigstellung der zweiten Stammstrecke. Beides werde aber mindestens noch zehn Jahre dauern, erwartet der Landrat, und bis dahin dürfte sich aus Sicht der Bahn kein Bedarf für einen Gleisbau ergeben.

Für den Umbau des Übergangs dagegen schon, so Dirscherl. Der liegt derzeit noch an der Kreisstraße EBE 8 zwischen Grafing-Bahnhof und der Staatsstraße 2080 in Wiesham. Nur ist diese seit vergangener Woche gar keine Staatsstraße mehr. Seit Eröffnung der Umgehung ist diese die offizielle St 2080. Der alte Streckenabschnitt und die Verbindung zur B304 wird zurückgebaut. Dies hat Auswirkungen auf die Straße nach Grafing-Bahnhof, sie soll von einer Kreis- zur Gemeindestraße werden. Zuständig für den Unterhalt wäre damit die Stadt Grafing. Solche Übergaben sind nicht unüblich - allerdings, so Dirscherl, werden die Straßen zuvor in "gemeindestraßentauglichen Zustand" gebracht, also entweder vom Landkreis saniert oder dem künftigen Eigentümer Geld für die Sanierung bezahlt. Im konkreten Fall würde das auch eine Ertüchtigung des Bahnüberganges bedeuten, denn, so Niedergesäß, "die Stadt will den Übergang sicherer machen".

Trotzdem solle man sich auf einen Bahnausbau vorbereiten, forderten Martin Lechner (CSU) und Ilke Ackstaller (Grüne). Man könne doch den neuen Übergang einfach breiter bauen, so dass ein weiteres Gleis hinpasst, so Lechner. Dies wäre sicher billiger, als in ein paar Jahren alles neu zu machen, fand auch Ackstaller und empfahl, dies der Bahn vorzuschlagen, "auch wenn die Antwort sicher wieder etwas dauert".

Eine Zusage zu einer Kostenbeteiligung des Kreises gibt es auch weiterhin nicht. Zwar wurde der Umbau des Übergangs in die Investitionsliste für 2018 aufgenommen - "damit wir, wenn die Pläne der Bahn stehen, nicht bei Null anfangen müssen", so Niedergesäß - allerdings mit Sperrvermerk. Das Geld wird nur auf Beschluss des Verkehrsausschusses freigegeben.

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