Deutliche Warnung:Denn die Rente ist nicht sicher

Deutliche Warnung: Das niedrige Rentenniveau birgt Gefahren - da sind sich Werner Widuckel, Doris Rauscher und Uschi Bittner einig

Das niedrige Rentenniveau birgt Gefahren - da sind sich Werner Widuckel, Doris Rauscher und Uschi Bittner einig

(Foto: Christian Endt)

Zum Diskussionsthema "Jugend und Altersarmut" lädt die "AG 60 plus" der Kreis-SPD Werner Widuckel ein. Der Professor spricht eine deutliche Warnung aus und umkreist Wege aus der Altersarmut

Von Thorsten Rienth, Grafing

Es gibt Sätze, die bestenfalls als Populismus zu werten sind, wenn sie im Bierzelt und von einem Politiker ausgesprochen werden. Dieser etwa zählt dazu: "Wenn das Rentenniveau nicht wieder steigt, dann reißt das diese Gesellschaft auseinander." Sagt ihn aber ein Wissenschaftler, der aus Zahlen Schlussfolgerungen zieht, wird er zum politischen Warnschuss. Einen solchen hat Werner Widuckel, früher einmal Audi-Personalvorstand und heute Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg, mit dieser Aussage bei der "AG 60 plus" der Kreis-SPD losgelassen. Der Arbeitskreis hatte ihn als Impulsgeber für das Thema "Jugend und Altersarmut" in den Grafinger Kastenwirt eingeladen.

Der Prozentsatz an Menschen, die älter als 65 Jahre sind und unterhalb der Armutsgrenze leben, lag im Jahr 2008 noch bei elf Prozent, sagte Widuckel. Vier Jahre später seien es bereits 13,6 Prozent gewesen. Den aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2014 zufolge liegt der Satz bereits bei 14,4 Prozent. Besonders gefährdet sind Widuckel zufolge Alleinerziehende sowie Menschen mit Migrationshintergrund, Krankheiten oder Behinderungen. Ändere sich nichts, werde sich die Dynamik dahinter noch weiter verstärken.

Erstens, weil das Rentenniveau sukzessive sinke: Im Jahr 2007 lag es noch bei 54 Prozent des letzten Brutto-Gehalts. "In 2030 sprechen wir nur noch von 43 Prozent." Das werde sich ebenso in steigender Altersarmut niederschlagen wie die wachsende Schere zwischen Arm und Reich. Denn wer geringe Summen oder nur über einen kurzen Zeitraum hinweg einzahle, bekomme später eben nur geringe Beträge heraus.

Aus Sicht von Doris Rauscher, Ebersberger SPD-Landtagsabgeordnete und familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, muss an eben dieser Stelle angesetzt werden: "Dass zum Beispiel Kinder- und Pflegezeiten bei der Berechnung der Rente genauso anerkannt werden, wie normale Beitragsjahre." Auch für Widuckel ist dies der erste von drei Hebeln.

Zweitens werde man angesichts der demografischen Entwicklung nicht darum herumkommen, den Anteil der Steuerfinanzierung an der Rente anzuheben. Und drittens seien flexible Altersgrenzen nötig: "Das heißt nicht, dass man bis zum 70. Geburtstag arbeiten muss. Aber wenn jemand das kann und will?" Nur dürfe das nicht mit Abzügen enden, wenn jemand nicht so lange arbeite.

Zwar sei die Umsetzung eine Frage des politischen Willens - aber längst nicht nur: "Die Leute wollen alles finanziert wissen, aber wenn es um die Steuersätze geht, dann wird es laut", sagte Widuckel. Genauso wenig dürfe man bei jedem Überschuss in der Rentenversicherung von Beitragssenkungen reden. Ginge es nach der Kreisvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Maria Volland, müsste zu der Debatte auch wieder eine Mindestlohndebatte geführt werden. "Die 8,50 Euro reichen nicht aus" - weder für Einzahlungen noch für eventuelle private Vorsorgen. Und nicht zuletzt würde der Mindestlohn noch immer viel zu oft umgangen. "Unterm Strich sind halt vor allem im Niedriglohnsektor die Löhne viel zu gering", klagte sie.

Pauschal zu sagen, die junge Generation müsse eben vermehrt privat vorsorgen, ließ Landtagsabgeordnete Rauscher nicht gelten. "Wie will jemand mit sehr geringem Einkommen überhaupt Geld fürs Alter zurücklegen?" Und auch die Grafinger SPD-Vorsitzende Regina Offenwanger warf eine weitere Überlegung ein: Selbst wenn die Gelegenheit zur privaten Altersvorsorge bestünde - warum müsse sie ausgerechnet über Banken und Versicherungen laufen? "Beide Branchen sind der jungen Generation doch hochsuspekt."

Den Eindruck, dass das Thema bei den Jüngeren mindestens nicht von sonderlichem Interesse ist, verstärkte auch bereits das Publikum der Veranstaltung. Denn SPD-Kreisgeschäftsführer Daniel Kalteis war mit seinen 32 Jahren mit Abstand der jüngste im Saal.

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