Design aus Vaterstetten:Europäische Helden

Der Entwurf einer Schülerin des Humboldt-Gymnasiums wird das neue Logo für ein europaweites Erasmus-Projekt

Von Katrin Kastenmeier, Vaterstetten

Die Einfachheit ihres Designs wird es gewesen sein, mit der sie die Jury von ihrem Logo überzeugen konnte mutmaßt Emelie Maurer. Die Schülerin der 6C hat sich bei einem Wettbewerb, an dem neben dem Humboldt-Gymnasiums Vaterstetten (HGV) auch Schulen aus Norwegen und Portugal teilgenommen haben, gegen sechs andere Vorschläge durchgesetzt. Der Entwurf ist schlicht, universal und die Message dahinter auf den ersten Blick erkennbar: Ein Männchen hilft einem anderen. Eine Charaktereigenschaft, die laut Emelie jeden Helden auszeichnen sollte. Doch sehen Heldenbilder in ganz Europa gleich aus? Dieser Frage sind die Schülerinnen und Schüler aus Vaterstetten im vergangenen Schuljahr nachgegangen. Mitgegrübelt haben weitere neunten Klassen aus Genua, Mafra und Porsgrunn.

Für April war ein erstes reales Treffen in Portugal geplant, an dem acht Schülerinnen und Schüler aus Vaterstetten teilnehmen und ihre europäischen Mitschüler kennenlernen sollten. Im Laufe des Schuljahres wären weitere Besuche in Norwegen und Italien gefolgt. Unter dem Projektnamen "Heroes" galt es zusammen herauszufinden, ob Helden gemeinsame, landesunabhängige Charakteristiken besitzen, oder ob es nationale Stereotype gibt. Außerdem wie die Zeit des "Dritten Reichs" in den jeweiligen Partnerländern vermittelt wird und welche Schwerpunkte in der Aufarbeitung dieser Zeit national gesetzt werden. So viel zur Idee. Da die Pandemie, laut betreuender Englischlehrkraft Kristina Wiese, aber "mal wieder jegliche Planungssicherheit verdarb", verlegte man das Projekt kurzerhand ins Internet und winkte sich auf zwei virtuellen Projekttagen letztlich über den Bildschirm zu.

Design aus Vaterstetten: Gewinner des Erasmus Logo Wettbewerbs: Christian Kraftsik, Emelie Maurer, Stephanie Bott (vorne, von links) mit Direktor Rüdiger Modell und Lehrerin Kristina Wiese.

Gewinner des Erasmus Logo Wettbewerbs: Christian Kraftsik, Emelie Maurer, Stephanie Bott (vorne, von links) mit Direktor Rüdiger Modell und Lehrerin Kristina Wiese.

(Foto: Christian Endt)

Vielen sei das Reden mit den Schülern der anderen Länder anfangs etwas schwer gefallen, erinnert sich teilnehmende Schülerin Nele Wefelscheid. "Doch nach einiger Zeit haben wir es dann geschafft ein Gespräch in Gang zu bringen und am Ende konnten wir sogar noch unsere Handynummern austauschen". Bis heute würden einige deshalb noch in regem Kontakt stehen. Nach der Vorstellungsrunde und einem Länderquiz folgte schließlich das Brainstormen über die Heldenkonzeption. Grundlage dafür war "Die Bücherdiebin", ein Roman von Markus Zusak, welcher auch in den drei weiteren Schulen als Lektüre gelesen wurde. Fragen wie "Sind Widerstandskämpfer Helden?" oder "Welche Rolle spielt ein solcher im eigenen Land?" wurden in kleinen Gruppen diskutiert und sollten schließlich als Anreize für die Gestaltung eines Logos des Erasmus-Projekts dienen.

Seit 1987 fördert Erasmus schulische Begegnungen und ein gelebtes Miteinander über die europäischen Ländergrenzen hinaus. Die Idee dahinter: in einen Dialog zu kommen, um so die Identifikation mit Europa zu stärken. Aktuell beteiligen sich die 28 Mitgliedsstaaten der EU sowie Island, Norwegen, Liechtenstein, die Türkei und Nordmazedonien an der Initiative. Neben der Organisation von schulischen Auslandsaufenthalten, unterstützt Erasmus+ seit einigen Jahren auch die Bildungszusammenarbeit und hilft teilnehmenden Ländern bei der Modernisierung ihrer Schulsysteme. Im Rahmen einer Lehrerfortbildung beteiligte sich das HGV bereits 2019 an diesem internationalen Austausch und blickte, laut Wiese "über den eigenen Tellerrand" um sich an anderen Schulen hilfreiche Konzepte abzuschauen.

Design aus Vaterstetten: Das Gewinner-Logo.

Das Gewinner-Logo.

(Foto: Christian Endt)

"Heuer haben wir die zunächst die ganze Schulfamilie zur Gestaltung eines Logos aufgerufen und schließlich wurde auch schulintern abgestimmt wer für uns ins internationale Rennen geht", erklärt Wiese, die mit weiteren Kolleginnen und Kollegen des Gymnasiums am diesjährigen Projekt teilnimmt. Daraufhin kommt es auch unter den teilnehmenden Klassen des Helden-Projekts zu Diskussionen. Streitpunkt: Faschistische Symbole. Wiese erinnert sich, dass hier "erhebliche Unterschiede" zwischen den Ländern zu erkennen waren, weshalb ein Logo-Entwurf aus Italien nicht berücksichtig werden konnte. Obwohl es in den Kontext des "Dritten Reichs" gepasst hätte, sei dieser schlicht zu explizit gewesen. Während des zweiten Projekttages entsteht so ein Meinungsaustausch, der offenlegt, wie unterschiedlich das Thema in den verschiedenen europäischen Ländern eingeordnet wird. "An dieser Debatte sind unsere Schüler wirklich gewachsen", sagt Wiese und fasst das Projekt als eine Bereicherung für alle Beteiligten zusammen.

Ginge es nach der Englischlehrerin, hätten es sich alle Teilnehmenden deshalb auch verdient, im nächsten Schuljahr den abgesagten persönlichen Austausch nachzuholen. "Wir bleiben optimistisch, dass ein Treffen in Norwegen und Portugal zeitnah möglich ist". Bis dahin wird das Logo von Sechstklässlerin Emelie die Briefköpfe des Erasmus-Projekts schmücken und außerdem auf T-Shirts und Hoodies zu finden sein. Die Abstimmung innerhalb des Humboldt-Gymnasiums Vaterstetten gewinnt schließlich Christian Kraftsik mit seinem Entwurf, vor Emelies Idee und einem Logo, das sich Stephanie Bott überlegt hatte.

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