Freestyle:"Ich habe eine Riesenwut auf den DSV"

Julius Garbe pausiert

Vom Skiberg ins Studierzimmer: Buckelpistenfahrer Julius Garbe ist zuletzt vier mal in Folge Deutscher Meister geworden. Statt Weltcup-Punkte zu sammeln, lernt er nun daheim in Ebersberg für seine Prüfungen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Julius Garbe aus Ebersberg steigt aus dem Weltcup aus und konzentriert sich vorerst auf sein Studium. Deutschlands bester Buckelpistenfahrer über die Gründe und Zwänge seiner Auszeit.

Interview von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Normalerweise wäre er jetzt mit seinem Rennski in Kanada, Japan oder Russland unterwegs - irgendwo im Hochgebirge auf der Jagd nach Weltcup-Punkten. So wie immer in den vergangenen Jahren. Doch in diesem Winter ist alles anders: Deutschlands bester Buckelpistenfahrer Julius Garbe widmet sich künftig seinem BWL-Studium und zieht sich vorerst aus dem Freestyle-Ski-Weltcup zurück. Statt mit Helm und Skistecken am Berg sitzt er jetzt daheim in Ebersberg vor seinem Laptop und schreibt eine Seminararbeit.

SZ: Herr Garbe, wie läuft's im Studium?

Julius Garbe: Ich bin im ersten Semester und muss mich gerade auf meine Prüfungen vorbereiten, die gehen im Januar los. Nachher habe ich noch eine Vorlesung. "Bürgerliches Recht und Mathematik".

Sie sind 26 und zuletzt viermal in Folge deutscher Buckelpistenmeister geworden. Wie kann es sein, dass so jemand aus dem Weltcup aussteigt?

Julius Garbe

Garbe in Aktion: Sprünge sind Teil des Sports.

(Foto: Harald Marbler/oh)

Ich muss nun zusehen, dass ich meine Zukunft nach dem Sport vorantreibe. Wir Buckelpistenfahrer sind an einen Punkt angelangt, wo es für mich so nicht mehr weitergehen konnte.

Sie meinen den Rückzug von Ihrem Teamtrainer Harald Marbler?

Ich kann ihn sehr gut verstehen. Wir haben unseren Sport jetzt vier Jahre lang auf eigene Faust betrieben und so gut wie keine Unterstützung vom Deutschen Skiverband erhalten. Irgendwann mag man nicht mehr. Bei der schwedischen Mannschaft hat er nun eine Festanstellung im Trainerstab, die ich ihm nur vergönne, auch wenn es für uns deutsche Fahrer natürlich sehr schade ist.

Haben Sie versucht, einen Nachfolger für Marbler zu finden?

Natürlich, aber es gibt in dem Bereich nicht so viele gute Coaches. Und die es gibt, sind alle schon bei Teams unter Vertrag. Eine Option gab es, aber die konnte ich mir nicht leisten.

Wie hätte die ausgesehen?

Es gibt ein internationales Privatteam, die hätten mich auch aufgenommen. Da hätte ich aber für das erste Trainings-Camp schon so viel Geld in die Hand nehmen müssen wie sonst für eine ganze Saison.

Wäre es nicht möglich, bei einer anderen Nationalmannschaft mitzutrainieren?

Theoretisch schon. Bei uns im Team haben zum Beispiel K.C. Oakley aus den USA oder Melanie Meilinger aus Österreich mittrainiert. Für unser Team sanken dadurch die Pro-Kopf-Trainingskosten. Nationen, die es sich leisten können, sind für solche Konstrukte eher weniger offen.

Der österreichische Alpin-Profi Fritz Strobl wechselte vom ÖSV zum slowenischen Verband, es gibt mehrere ähnliche Beispiele. Wäre so etwas eine Option?

Das habe ich durchgesponnen, es ist aber eher ein Hirngespinst geblieben, weil ich wahrscheinlich eine längere Wettkampf-Sperre absitzen müsste.

Sie haben ihren Sport nun vier Jahre aus eigener Tasche finanziert und dafür pro Saison um die 20 000 Euro investiert. Anders als etwa die Biathleten, Langläufer, Alpinfahrer oder Skispringer sind die Buckelpistenfahrer beim Deutschen Skiverband (DSV) in Ungnade gefallen. Zuletzt hatten die deutschen Freestyler immerhin zwei Olympia-Teilnehmerinnen. Gab es vom DSV je ein Signal, dass sich an der Förderung wieder etwas ändert?

Leider nein, sonst hätten wir diese Situation so nicht.

Sie wirken bei all dem ruhig, haben öffentlich nie ein böses Wort über den DSV verloren. Müssten Sie nicht platzen?

Über die Jahre hinweg gab es immer mal Phasen, in denen ich dachte, wie unfair das alles eigentlich ist. Ich hatte aber auch lang die Hoffnung, dass es sich für uns wieder zum Guten ändert. Und fürs Skifahren musste ich schauen, dass ich mich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lasse.

Sie sind ein zurückhaltender Mensch.

Das stimmt. Aber tief in mir drin habe ich eine Riesenwut auf den DSV. Ich kann nicht verstehen, wie man mit einer olympischen Sportart so umgehen kann.

Der DSV begründete den Schritt damit, dass der Verband weniger Geld zur Verfügung habe und Prioritäten setzen müsse.

Wir als mit kleinste Abteilung, die nicht die großen Erfolge aufweisen konnte, wurden aussortiert.

Der Ober sticht den Unter.

Nun, das war bitter, aber wir mussten es damals erst mal so hinnehmen. Wenn ich aber sehe, dass die Laura (Grasemann, Anm. d. Red.) jetzt bei den ersten drei Weltcuprennen drei mal in die Top Ten fährt, und der DSV auf seinen ganzen Social-Media-Kanälen, Postings und Verteilern das alles völlig ignoriert, wirkt es irgendwie so, als wolle man uns beim DSV bewusst kleinhalten. Ich weiß nicht, ob es so ist, aber es sieht nun mal so aus.

War's das hiermit für Sie?

Nein, dafür mache ich diesen Sport einfach zu gerne. Ich werde versuchen, dass ich in den Semesterferien im Frühjahr vielleicht noch die letzten Weltcups mitnehmen kann, oder zumindest einige Europacup-Rennen. Ich bin keiner, der gerne aufgibt.

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