Gemüseanbau:Hobbygärtner fürchten um ihre Parzellen

Krautgarten Poing

Gerlinde Hitzinger, Initiator Werner Dankesreiter, Christina Seidler, Ludwig Barbacsy, Roman Barday und Charlotte Schmid lieben die Arbeit in ihren Gärten am Poinger Ortsrand.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Poing garteln Rentner, Pärchen und junge Familien. Nun drohen die 65 Felder dem Ausbau des Sportzentrums zum Opfer zu fallen.

Von Moritz Kasper, Poing

Wer an diesem Sommernachmittag vom Bauhof Richtung Sportzentrum läuft, erkennt schon aus der Ferne, dass hier etwas aus dem Rahmen fällt. Auf dem Acker neben den gepflegten, knallgrünen Rasenflächen des Sportzentrums wandern einzelne Gestalten zwischen dem großen links vom Weg aufgestellten Wassertank und einem scheinbar wild zugewucherten Acker hin und her.

Bei näherem Hinsehen erkennt allerdings selbst das ungeübte Auge einige bekannte Kandidaten aus der Küche: Fenchel, Kohlrabi, Bohnen und Tomaten wachsen aus dem Ackerboden. Dazwischen hoppelt ein Feldhase herum und inspiziert die Möhren.

Mit dieser Idylle könnte bald Schluss sein, denn wenn es nach der Gemeinde geht, müssen die Hobbygärten in einigen Jahren einer Erweiterung des Sportplatzes weichen. Damit würde auch ein Erfolgsprojekt zu Ende gehen, das sich besonders in dieser Saison regen Zulaufs erfreut: Um 80 Prozent ist die Zahl der vermieteten Einheiten, sogenannter Parzellen, gewachsen. Momentan sind 65 vermietet, nur eins der 30 Quadratmeter großen Gärtchen ist frei geblieben.

Krautgarten Poing

Ein Feldhase inspiziert die Krautgärten neben dem Poinger Sportgelände.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Durch die spärliche Unterteilung - die Parzellen sind nur mit einer Schnur voneinander getrennt, ist eine aktive Nutzung quasi garantiert. Wächst nämlich an einem Ort zu viel Unkraut, landet dieses schnell auch beim Nachbarn, der darüber weniger begeistert sein dürfte. "Wenn einer ned wirtschaftet, dem klopf ma auf die Finger", versichert der Vorsitzende der Initiative, Grünen-Gemeinderat Werner Dankesreiter. Das sei aber noch so gut wie nie nötig gewesen.

Gerade dieses Miteinander, das durch das gemeinsame Bewirtschaften des Ackers entsteht, steht nun auf dem Spiel. Es eint die sonst sehr unterschiedlichen Menschen - junge Familien, Pärchen, Rentner und Alleinstehende verschiedenster Herkunft - die aus ganz verschiedenen Gründen hier anbauen.

Kein Gemüse aus dem Supermarkt

Da sind die Ambitionierten, die ihren Gemüsebedarf im Sommer vom Feld decken wollen. "In der Sommerzeit müssen wir fast gar nicht zum Supermarkt", sagt Kyungha Eisener.

Katrin Podlejska, die schon fast jede erdenkliche Gemüsesorte angepflanzt hat, verbringt an drei bis vier Tagen in der Woche mindestens zwei Stunden auf dem Feld. Ihre Freunde rollen schon mal mit den Augen, wenn sie die Kräutergärten erwähnt, oder ihre Familie macht sich Sorgen, weil sie um zehn immer noch nicht zu Hause ist.

Krautgarten Poing

Heidi und Rosamond sind stolz auf ihr selbst gezogenes Gemüse.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Junge Familien wollen vor allem auch den Kindern die Natur näher bringen. Sie haben wie die meisten hier keinen eigenen Garten. Mit Erfolg - den Kindern macht es nicht nur Spaß, das selbst Angebaute scheint auch besser zu schmecken: "Da wird auch mal Mangold gegessen, was sonst nicht so der Brüller ist", erklärt Podlejska.

Für Roman Barday hat das Gärtnern hingegen noch eine ganz persönliche Seite. Er fühlt sich so an die eigene Kindheit in Russland zurückerinnert, wo die meisten Stadtbewohner seit der Sowjetzeit ein 600 Quadratmeter großes Grundstück im Umland zur Verfügung haben.

Dort steht meist nicht nur die Datsche, ein kleiner selbstgebauter Bungalow. Man nützt das Land auch, um Obst und Gemüse anzubauen - früher oft aus reiner Notwendigkeit. So kann Barday auf mehr als zehn Jahre Erfahrung beim Anbau zurückblicken, die er nun auch an seine drei Kinder weitergeben möchte.

Trotz all dieser positiven Aspekte, die das kleine Stück Land in ihr Leben gebracht hat, erhitzen sich die Gemüter nicht unbedingt, wenn es um den Ausbau des Sportplatzes geht. Die meisten haben Verständnis dafür, dass gerade die Jugend mehr Platz für Sport braucht und hoffen auf einen Kompromiss. "Genug Platz wäre vorhanden", ist sich Dankesreiter sicher.

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