Demonstration:Corona-Leugner instrumentalisieren Ebersberger Landrat

Corona-Maßnahmen-Gegner Demo vor LRA

Die diensthabenden Ebersberger Beamten mussten die verbalen Verunglimpfungen einiger Teilnehmer über sich ergehen lassen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Knapp 30 Menschen versammeln sich in Ebersberg, um ihre Unterstützung für Landrat Robert Niedergesäß zum Ausdruck zu bringen. Dann aber werden Politiker beschimpft und Polizisten verbal angegriffen.

Von Andreas Junkmann und Barbara Mooser, Ebersberg

Dass das mit der vermeintlichen Unterstützung für den Ebersberger Landrat womöglich gar nicht so gut klappen könnte, musste eine Demonstrantin noch am Abend der Veranstaltung feststellen: "Ich bin ziemlich frustriert, dass nur so wenig Leute da sind", sagte die Frau in das Mikrofon unter dem orangefarbenen Pavillon, den die Organisatoren am Mittwoch vor dem Landratsamt aufgebaut hatten. Dort wollten sie unter dem Slogan "Lasst uns dem Landrat den Rücken stärken" ihre Solidarität mit Behördenchef Robert Niedergesäß (CSU) ausdrücken, der sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch über einige Corona-Maßnahmen geäußert hatte. Dass dieser Schuss krachend nach hinten losging, lag allerdings nicht nur an der überschaubaren Teilnehmerzahl.

Immerhin: Die etwa 30 Menschen auf dem Parkplatz vor der Kreisbehörde hielten sich weitestgehend an die geltenden Abstandsregeln. Das dürfte aber auch schon das Einzige an dem Abend gewesen sein, mit dem der Landrat einverstanden gewesen war. Bereits kurz vor Beginn der Kundgebung, die von mehreren Polizisten der Ebersberger Inspektion überwacht wurde, verschickte das Landratsamt eine Pressemeldung, in der Niedergesäß wie folgt zitiert wird: "Auch wenn ich mich über politische Rückendeckung grundsätzlich freue, möchte ich explizit anmerken, dass durch den Slogan der Demonstration eventuell Äußerungen und Meinungen mit meiner Person in Verbindung gebracht werden könnten, die nicht meiner Meinung entsprechen, denn extreme Sichtweisen wie mitunter das Leugnen einer Pandemie oder das Verweigern von Masken zum Schutz der Mitmenschen lehne ich grundlegend ab."

Tatsächlich wurde das Tragen von Schutzmasken von den Teilnehmern eher locker interpretiert. Vor allem aber fielen einige der Redner durch inhaltliche Entgleisungen auf. So beschimpfte ein Mann die Vertreter der Bundesregierung als "Arschlöcher" und erntete dafür Applaus aus dem Publikum. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wohlgemerkt ein Parteikollege von Niedergesäß, wurde von dem Mann in Anlehnung an Adolf Hitler als "Södolf" bezeichnet - all das auf einer Demonstration, die angeblich als Unterstützung für einen Lokalpolitiker anberaumt war. Die verbalen Angriffe richteten sich schließlich auch gegen Polizisten, die lediglich Marionetten des Staates seien und das Volk drangsalieren würden, wie ein anderer Mann sagte. Eine mögliche Gefahr durch das Coronavirus spielten die Teilnehmer indes herunter, vielmehr zerstöre übertriebene Körperhygiene das Immunsystem, so eine der Aussagen an diesem Abend.

Die Redner - das Mikrofon war für jeden, der etwas loswerden wollte, frei verfügbar - gingen aber noch einen Schritt weiter. Ein Demonstrant rief offen dazu auf, gegen die geltende Maskenpflicht zu verstoßen. In Grafing seien neben regelmäßigen Treffen zum gemeinsamen maskenlosen Gebet auch Aktionen geplant, bei denen man zusammen ohne Mund-Nasen-Schutz zum Einkaufen gehen wolle. "Die Pandemie ist erst zu Ende, wenn das Volk sie beendet", sagte der Mann, der die Teilnehmer zum "aktiven Widerstand" gegen die Politik anstachelte. Schließlich mache man hier nur das, "was kranke Gehirne von uns verlangen".

Zu denen als Mitglied der Regierungspartei demnach auch Landrat Niedergesäß zählen müsste. Der hatte die Demonstranten zwar nicht live erlebt, weil er sich auf einem anderen Termin befand, doch am Tag nach der Demo erklärte er auf Nachfrage der SZ nochmals, dass er sich von extremen Sichtweisen klar distanziere und auch nicht mit den Zielen und Forderungen der Demonstrationsteilnehmer übereinstimme. Er sei beispielsweise klar Impfbefürworter und finde auch den Einsatz medizinischer Masken wichtig und sinnvoll. Allerdings hatte der Landrat in der Vergangenheit bisweilen an anderen Aspekten der Corona-Politik Kritik geübt, beispielsweise an der starken Orientierung an Inzidenzwerten und mangelnden Perspektiven für die Wirtschaft. Es habe durchaus einige Versuche der Präventionsgegner gegeben, ihn für ihre Zwecke einzuspannen, so Niedergesäß, aber noch nie in dieser Form.

Aus Sicht der Polizei verlief die Demonstration unauffällig, strafrechtlich relevante Inhalte habe man nicht feststellen können, so der Ebersberger Polizeichef Ulrich Milius, der dort auch selbst im Einsatz war. Organisiert worden war die Demonstration von Andreas Krause, der ähnliche Veranstaltungen auch in seiner Heimatstadt Grafing auf die Beine stellt. Unterstützung kam außerdem von der Gruppe aus Poing, die dort jede Woche gegen Corona-Maßnahmen demonstriert.

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