Debatte im Gemeinderat:Sparen und schützen

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Vaterstetten will die Umfahrung für die Ortschaften Weißenfeld und Parsdorf umplanen. Damit würde ein Biotop verschont, außerdem könnte die neue Trasse deutlich billiger ausfallen

Wieland Bögel

Ein Idyll, dass nur wenige Landkreisbürger kennen. Das ist gut so, denn hier finden seltene Tierarten und eine vom Aussterben bedrohte Fledermausart einen Lebensraum. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

- Von den Einwohnern Wei-ßenfelds und Parsdorfs wird sie seit 30 Jahren gefordert, für Umweltschützer ist sie ein Problem: die geplante Umfahrung für die beiden Ortschaften. Denn nach den bisherigen Überlegungen würde sie teilweise durch ein Biotop verlaufen. Nun hat der Gemeinderat beschlossen, eine neue Variante prüfen zu lassen. Damit würde das Biotop nördlich der Autobahn 94 umfahren, zudem könnte die Gemeinde durch die neue Streckenführung viel Geld sparen.

Auslöser für die Umplanung war ein vor einem Monat vorgestelltes artenschutzrechtliches Gutachten. Demnach ist die renaturierte Kiesgrube bei Parsdorf Lebensraum vieler seltener Arten. Ein wenig versuchte Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) dieses Gutachten vor dem Gemeinderat herunterzuspielen: "Es gibt dort wohl ein paar seltene Vögel, aber die wohnen da nicht. Die machen da Freizeit oder Brotzeit." Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass in der ehemaligen Kiesgrube auch einige vom Aussterben bedrohte Fledermäuse leben, die sich nicht umsiedeln lassen.

Bereits im November war deshalb eine neue, "Variante 6" genannte Trasse im Gespräch. Diese würde nördlich um das Biotop herumführen und etwa 800 Meter länger sein, als die ursprünglich geplante Straße. Gleichzeitig würde "Variante 6" erheblich billiger, als die Strecke durch das Biotop: Wie der Bürgermeister erklärte, könne man durch die weiträumige Umfahrung auf aufwendige Stützmauern verzichten, und auch eine Brücke über die A 94 würde kürzer ausfallen. Die Einsparung bezifferte die Verwaltung auf rund 3,3 Millionen Euro, die Gesamtkosten für die rund 5,5 Kilometer lange Strecke würden damit bei etwa 10,1 Millionen Euro liegen.

Möglicherweise kann die Gemeinde sogar noch mehr Geld sparen: Manfred Vodermair (CSU) und Sepp Mittermaier (SPD) schlugen vor, die Straße einen engeren Bogen um das Biotop ziehen zu lassen. Dadurch bräuchte man weniger Land zu erwerben, und die Brücke könnte sogar noch kürzer gebaut werden. Auch diese, als "Variante 6.1" bezeichnete Streckenführung sollen die Planer nun prüfen.

Dass die Prüfung der neuen Varianten auf die Drohung von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz zurückzuführen ist, man werde gegen die Trasse klagen, bestritt der Bürgermeister. Man habe ohnehin vorgehabt, die alternativen Strecken dem Gemeinderat vorzulegen, so Niedergesäß. Dass die Umweltschützer nach einem internen Gespräch von Fachleuten und Mitarbeitern von Behörden im Rathaus gleich an die Öffentlichkeit gegangen seien, sei bedauerlich. Er sei darüber "not amused", so der Bürgermeister.

Wenig amüsiert waren auch einige Gemeinderäte, aber nicht über mögliche Indiskretionen: Dass man erst jetzt eine alternative Trassenführung vorstelle, die nicht nur das Biotop schone, sondern auch noch billiger sei, stieß auf Kritik. "Ein Planer ist kein Zeichenknecht der Auftraggeber", sagte Will-Rafael Bienheim (FW). Die beteiligten Büros hätten die Gemeinde auch beraten müssen, dass ein anderer Streckenverlauf möglich sei. Ebenfalls verwundert zeigte sich Stefan Ruoff (Grüne). Er habe schon vor einem Jahr auf die Problematik der Trassenführung hingewiesen, "es hat immer geheißen, dass es keine andere Möglichkeit gibt."

Ob die Trasse tatsächlich um das Biotop herum gebaut werden kann, hängt aber nicht alleine vom positiven Votum der Planer ab. Auch die Frage, ob die Eigentümer des Grundes, auf dem die Trasse einmal verlaufen soll, verkaufen wollen, ist noch ungeklärt. "Wir haben ein sehr aufgeschlossenes und ein sehr kritisches Signal", fasste der Bürgermeister das Ergebnis erster Gespräche mit den Eigentümern zusammen.

Beim Landesbund für Vogelschutz ist man aber trotzdem erst einmal erleichtert, sagt der stellvertretende Kreisvorsitzende Rainer Förderreuther. "Von der strukturellen Vielfalt ist das eine der wertvollsten Stellen im Landkreis. Ich hoffe, dass es erhalten bleiben kann."

© SZ vom 11.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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