Virus:Wegen Corona-Verdacht: Ebersberger Arztpraxis schließt

Virus: Die Ebersberger Arztpraxis ist wegen eines Verdachtsfalls auf Corona für mindestens eine Woche geschlossen.

Die Ebersberger Arztpraxis ist wegen eines Verdachtsfalls auf Corona für mindestens eine Woche geschlossen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Mitarbeiter sind in Quarantäne. Das Gesundheitsamt ist mit Anfragen überlastet und muss Anrufer trotz Symptomen um Geduld bitten. Eine Betroffene berichtet.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Die Coronakrise ist längst im Landkreis Ebersberg angekommen und hat nun eine Hausarztpraxis in der Kreisstadt zur vorübergehenden Schließung gezwungen. Wie am Dienstag zu erfahren ist, musste die Praxis wegen eines Corona-Verdachtsfalls unter den Mitarbeitern den Betrieb einstellen. Auf dem Anrufbeantworter der Praxis ist zu erfahren, dass sich "das Team in Quarantäne" befindet. Demnach soll die Praxis bis mindestens 25. März geschlossen bleiben. In dieser Zeit werden die Patienten gebeten, sich an zwei anderer Arztpraxen in Ebersberg zu wenden. Von dort ist von einer Mitarbeiterin zu erfahren: "Bei uns ist die Bude voll."

Wie reagiere ich im Verdachtsfall? Diese Frage beschäftigte die vergangenen Tage auch Verena Huber, die im östlichen Landkreis Ebersberg wohnt und vom Skifahren aus Tirol zurückkam, ehe das Gebiet einen Tag später zur Risikozone erklärt wurde. Weil die 26-Jährige nach ihrer Rückkehr Fieber und Husten bekam, erkundigte sie sich. "Als es nach drei Tagen nicht besser wurde, wollte ich mich testen lassen." Huber, die ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, rief unter der bayernweiten Corona-Hotline an. "Ich hab es sieben Mal versucht und bin nie durchgekommen", sagt sie. Also wählte sie direkt die Nummer des Ebersberger Gesundheitsamts.

Dort kam sie am Montagmittag durch, erzählt Huber, allerdings mit mäßigem Erfolg. Die Mitarbeiterin sei sofort an den Hörer gegangen und habe ihr erklärt, dass sie sich "auf jeden Fall testen lassen" solle, so Huber. Statt eines Termins für den Coronatest erhielt sie jedoch die Information, dass sie sich gedulden müsse. "Ich warte immer noch auf einen Rückruf", sagt sie.

Wie in weiten Teilen Bayerns sind auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamts Ebersberg wegen der Corona-Pandemie stark überlastet. Die Behörde ist den steigenden Anfragen für Untersuchungen und Test nicht mehr gewachsen: Möglich sind derzeit 20 Tests pro Tag, so erklärte man es Huber, und so bestätigt es das Ebersberger Landratsamt am Dienstagnachmittag auch auf Nachfrage. Allein am Montag hätten sich 330 Menschen über die Hotline mit Fragen zum Corona-Virus an das Landratsamt gewandt, dies berichtet die Behörde in einer Pressemitteilung am Dienstagnachmittag. Wobei man von dieser Zahl nicht auf Verdachtsfälle wie die von Verena Huber schließen dürfe, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts. "Es rufen auch viele besorgte Bürger an, die andere Anliegen in diesem Zusammenhang haben".

Das Landratsamt will die Testquote erhöhen - braucht dafür aber zusätzliche Labore

Zum Fall der 26-jährigen Landkreisbürgerin Verena Huber erklärt das Landratsamt, dass es angesichts der angespannten Lage durchaus möglich sei, dass man auf einen Test zwei Tage warten müsse, auch wenn man nach einer Rückkehr vom Risikogebiet von Symptomen berichte. In der Regel, so heißt es, empfehlen die Mitarbeiterin dann, sich in Quarantäne zu begeben. Bei einem Fall wie Huber, die durch ihr junges Alter nicht zur gefährdeten Gruppe zählt, sei das vertretbar. Und derzeit offenbar auch nicht anders zu lösen.

Allerdings könnte sich hier etwas ändern. Am späten Dienstagnachmittag ist noch zu erfahren, dass die Ebersberger Behörde offenbar daran arbeitet, die Tagesquote an Coronatests im Landkreis zu erhöhen. "Man versucht jetzt, zusätzliche Testlabore an Land zu ziehen, das ist aber nicht einfach", erklärt die Sprecherin. Etwa weil das Material für die Test-Abstriche beschränkt sei. Bislang arbeitet ihre Behörde hier mit dem Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zusammen. Wegen knappem Untersuchungsmaterial und fehlender Schutzausrüstung nimmt ein Vertreter der Bundeswehr an der Sitzung des Krisenstabs teil. So sollen auf Dauer "auch die niedergelassenen Ärzte besser unterstützt werden".

In Zahlen sieht es im Kreis Ebersberg - Stand Dienstagfrüh - so aus: Mehr als 150 Landkreisbürger sind laut Landratsamt derzeit in Quarantäne, vier Verdachtsfälle werden in der Kreisklinik behandelt, dort werde in Kürze eine Quarantäne-Station in Betrieb genommen. Weiter gibt die Behörde bekannt, dass die Zahl der Infizierten im Vergleich zum Montag nicht angestiegen ist. Stand Dienstagmorgen waren 28 Landkreisbürger positiv getestet. Die Sprecherin erklärt hierzu, dass dies keinesfalls als Entwarnung interpretiert werden dürfe, weil ja zahlreiche Testergebnisse noch ausstehen.

Um die Mitarbeiter des Ebersberger Gesundheitsamts zu entlasten, werden sie geschlossen vom Team Demografie unterstützt, dessen Arbeit muss in dieser Zeit ruhen. Auch sonst sei "das ganze Haus damit beschäftigt, die Kollegen vom Gesundheitsamt zu unterstützen", so die Sprecherin. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) spricht von einer Krise, die es zu bewältigen gelte. "Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Fragen, auf die wir immer wieder neue Antworten finden müssen." Drive-in-Tests wie etwa in München seien in Ebersberg nicht geplant, heißt es vom Landratsamt, die Räume des Sparkassengebäudes halte man hier für die bessere Lösung.

Verena Huber wird frühestens am Mittwoch erfahren, ob sie am Coronavirus erkrankt ist. Falls nicht, war sie dann wegen des Testtermins zwei zusätzliche Tage in Quarantäne im Wartezustand. Doch das ist dieser Tage eh schon Normalität.

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