Corona-ProtestLaufen lassen

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Eine unangemeldete Demo Anfang Januar in Ebersberg. Seit Wochen versammeln sich auch hier regelmäßig Kritiker der Corona-Politik.
Eine unangemeldete Demo Anfang Januar in Ebersberg. Seit Wochen versammeln sich auch hier regelmäßig Kritiker der Corona-Politik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Landkreis Ebersberg gibt es nach wie vor regelmäßig unangemeldete Demonstrationen gegen die Corona-Politik. Weil die Teilnehmer friedlich sind, lässt man sie vorerst weiter gewähren.

Von Barbara Mooser, Ebersberg/Poing

Sie selbst behaupten von sich, sie seien Spaziergänger, nur zufällig gemeinsam unterwegs. Viele von ihnen haben Kerzen und Laternen dabei, was man eben so zum Spazierengehen mitnimmt - jedenfalls dann, wenn man unzufrieden mit der Corona-Politik ist und das auch zum Ausdruck bringen will. Auch am Montagabend haben sich wieder Menschen an mehreren Orten im Landkreis zu unangemeldeten Demonstrationen getroffen, in Grafing, Ebersberg und Glonn ebenso wie in Markt Schwaben, Vaterstetten und Poing. Begleitet wurden die Versammlungen von der Polizei, die zwar insgesamt von friedlichen Veranstaltungen spricht - aber auch erneut darauf hinweist, dass Versammlungen vorab angemeldet werden müssen. Die Poinger Polizei hat zwei Personen bei der Versammlungsbehörde, das ist das Landratsamt, angezeigt.

Denn wieder war es so, wie die Polizei berichtet, dass an allen drei Örtlichkeiten, für die sie zuständig ist, niemand die Rolle der Versammlungsleiterin oder des Versammlungsleiters übernehmen wollte, so dass die Beamten selbst die Auflagen und Beschränkungen verkünden mussten. In Vaterstetten stießen die Polizisten erneut auf eine Frau, die sich bei den vergangenen Versammlungen zwar wie eine Organisatorin verhalten hatte, aber dennoch nicht die Verantwortung übernehmen wollte. Deshalb war bereits auch eine Anzeige gegen sie erstattet worden. Am Montag nun war die Frau erneut vor Ort, schickte dann aber die beim Rathaus ankommenden Teilnehmer gleich weiter, so dass die Polizei hier ihre Auflagen gar nicht verkünden konnte und den sich im Hintergrund bildenden Aufzug erst später begleiten konnte. Die Frau wurde ebenso bei der Versammlungsbehörde angezeigt wie ein Mann, der über ein ein soziales Netzwerk zu einem "Spaziergang" in Baldham aufgerufen hatte. Bei einer polizeilichen Überprüfung "konnten hierbei jedoch keinerlei Aktivitäten festgestellt werden", so die Polizei.

Die größten Demonstrationen finden regelmäßig in Grafing statt

Die größte der Montagsveranstaltungen fand auch diesmal wieder in Grafing statt, hier trafen sich etwa 200 Teilnehmer zu einer unangemeldeten Demonstration. Bis zu 70Teilnehmer waren es in Markt Schwaben, 60 in Grafing und Vaterstetten, 50 in Glonn und etwas über zehn in Poing. Auch im Süden verliefen die Versammlungen störungsfrei, wie die Ebersberger Polizei mitteilt, ebenso wie die offiziell angemeldete Grafinger Gegendemo der Antifa mit etwa 50 Teilnehmern.

Dass, anders als in vielen anderen Städten, die Demonstrationsteilnehmer sich nicht gewaltbereit verhalten, ist auch der Grund dafür, dass es bisher keine konkreten Pläne gibt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Zwar habe man schon einmal darüber diskutiert, ob eine Allgemeinverfügung gegen die Kundgebungen sinnvoll sein könnte, wie sie etwa die Landeshauptstadt immer wieder mal erlassen habe, sagt der Grafinger Bürgermeister Christian Bauer (CSU), doch hier wäre in diesem Fall der Landkreis am Zug - und die Rechtslage sei auch nicht ganz klar. Bauer hat sich die Demonstrationen schon einmal selbst angeschaut, "als Grafinger Bürgermeister will ich natürlich wissen, was in der Stadt los ist", und dabei einige Gesichter erkannt, viele aber auch nicht. Er gehe davon aus, dass Demonstranten auch von auswärts nach Grafing kämen, sagt er, im Süden sei es in einem ländlichen Einzugsgebiet die einzige Stadt weit und breit, und in einer Stadt lasse es sich eben besser demonstrieren. "Das ist aber natürlich nur eine Vermutung", unterstreicht Bauer.

Die öffentliche Sicherheit muss gewahrt bleiben

Im Corona-Krisenstab des Landratsamts war die Möglichkeit einer Allgemeinverfügung durchaus schon Thema, wie Sprecherin Evelyn Schwaiger berichtet. Allerdings eher im Hinblick darauf, wie man sich verhalte, sollten die Demonstrationsteilnehmer einmal nicht mehr so friedlich sein wie bei den jüngsten Veranstaltungen. "Es ist eine Gratwanderung", sagt sie, einerseits müsse die Versammlungsfreiheit gewährleistet sein, andererseits eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verhindert werden. Wenn die Situation bleibe wie momentan, seien schärfere Mittel nach Einschätzung der Fachleute nicht notwendig.

Ohnehin ist es juristisch schwierig, mit Allgemeinverfügungen die Demonstrationen zu verbieten. Diese Erfahrung hat der Landkreis Starnberg gemacht, der bereits derartige Allgemeinverfügungen erlassen hat. Eine von ihnen hat nach einer Klage eines Bürgers der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gekippt, mit der Begründung, sie sei nicht ausreichend begründet gewesen.

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