Corona im Kreis Ebersberg:Keine Dosis übrig

Corona im Kreis Ebersberg: Die Hausärzte impfen nun kräftig mit - hier verabreicht die Zornedinger Ärztin Stefani Lordick-Block gerade das Vakzin an Evelyne Wergles.

Die Hausärzte impfen nun kräftig mit - hier verabreicht die Zornedinger Ärztin Stefani Lordick-Block gerade das Vakzin an Evelyne Wergles.

(Foto: Christian Endt)

In anderen Landkreisen gibt es groß angelegte Sonderimpfaktionen, in Ebersberg mangelt es dafür an Nachschub. Das Landratsamt hat an übergeordneter Stelle Aufklärung beantragt.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es gab triumphale Botschaften zu verkünden: Im Landkreis Starnberg impfte man kürzlich innerhalb von zehn Stunden fast 2000 Menschen; im Landkreis Dachau erhielten innerhalb von zehn Tagen bei einem sogenannten "Impfmarathon" 14 231 Menschen den begehrten ersten Piks, die Impfquote liegt damit dort nun bei 24,8 Prozent und somit weit über dem bayerischen Schnitt von 20,3 Prozent. Im Landkreis Ebersberg wundern sich die Verantwortlichen über solche Meldungen - denn der Impfstoffnachschub ist nach wie vor unzuverlässig, für große Aktionen im Impfzentrum gäbe es schlicht gar keinen Stoff, wie Brigitte Keller, Leiterin des Corona-Krisenstabs, erläutert. Die niedergelassenen Ärzte tun unterdessen, was sie können, um möglichst viele Menschen mit einer Impfung gegen Corona zu schützen - doch es bleibt insgesamt mühsam, im Testzentrum wie in den Arztpraxen.

Denn der Impfstoff kommt nach wie vor nicht in den Mengen an, die man benötigen würde, um die vorhandenen Kapazitäten auszuschöpfen, wie Brigitte Keller beklagt. 1200 Impfungen pro Tag könnte man im Impfzentrum in Ebersberg und seiner Poinger Außenstelle sowie mit Hilfe der mobilen Teams verabreichen, rechnet sie vor. Die Impfwilligen aus der Gruppe Ü70, die derzeit im Landkreis Ebersberg noch auf einen Termin warteten, hätte man dann in einer Woche durch. Doch so schnell geht es eben nach wie vor nicht, wenn auch schneller als in der Vergangenheit: Diese Woche etwa sind insgesamt 3216 Impfdosen für das Impfzentrum angekündigt.

Es handelt sich also um Mengen, die routinemäßig locker an den Mann oder die Frau gebracht werden können, Lagerhaltung gibt es im Impfzentrum nicht, wie Keller erklärt: "Unsere Kühlschränke sind leer." Wieso deshalb in anderen Landkreisen große Aktionen möglich sind und diese deshalb an den einstigen Impf-Primus Ebersberg, der noch Mitte März in der Region München die Nase vorn hatte, vorbeiziehen können, ist ihr ein Rätsel.

Das Gesundheitsministerium teilt auf Anfrage mit, dass die Impfzentren in zwei Kalenderwochen den Impfstoff von Astra Zeneca unabhängig von der Zuteilung nach Bevölkerungsschlüssel bestellen konnten, die Verimpfung an die über 60-Jährigen deshalb im Rahmen von Sonderimpfaktionen möglich gewesen sei. Hiervon habe zum Beispiel der Landkreis Dachau Gebrauch gemacht und zusätzlich 1500 Impfdosen Astra Zeneca erhalten. Doch der Landkreis Ebersberg hat sogar 2500 zusätzliche Dosen bestellt und erhalten - das kann also auch nach Einschätzung Kellers nicht der Grund gewesen sein. Im Landratsamt will man deshalb der Sache noch näher auf den Grund gehen: Sie habe an übergeordneter Stelle Aufklärung beantragt, teilt Keller mit: "Sollten sich die Impfquoten bestätigen, werden wir unsere fehlenden fünf Prozent, also rund 7000 Dosen, nachfordern!"

Dennoch geht es mittlerweile auch im Landkreis mit dem Impfen schneller voran als bisher, was auch an der tatkräftigen Unterstützung durch die niedergelassenen Ärzte liegt. Innerhalb von nur zwei Wochen bis einschließlich Dienstag wurden von ihnen 2477 Erstimpfungen verabreicht, das sind 8,5 Prozent aller Erstimpfungen. Doch wie Marc Block, Koordinierungsarzt der niedergelassenen Ärzte im Kreis, erläutert, ist es nach wie vor "extrem schwierig und zeitaufwendig", Patienten für eine Impfung mit Astra Zeneca zu akquirieren. So hätten beispielsweise Niedergelassene aus verschiedenen Fachgebieten berichtet, dass sie in drei Stunden Telefonieren lediglich vier Patienten von der Impfung mit Astra Zeneca überzeugen konnten. "Das ist eine gefährliche Fehlentwicklung, weil es nicht nur unsere wertvolle Arbeitszeit verschlingt und die Durchimpfung großer Bevölkerungsgruppen fahrlässig verzögert, sondern auch die Bereitschaft der Niedergelassenen zur Covid-Impfung angesichts dieser frustrierenden Erfahrungen mindert und sich demnächst kaum einer noch aufrafft, Patienten zu einer Covid-Impfung einzuladen. Erste Kollegen haben bereits signalisiert, dass sie unter diesen Umständen nicht impfen werden", erläutert Block, der selbst gemeinsam mit seiner Frau in Zorneding eine Hausarzt-Praxis betreibt. Telefone stünden seit Wochen nicht mehr still, Patienten würden ungeduldig, oft auch fordernd, und es werde immer schwieriger, der ärztlichen Arbeit jenseits des Impfens nachzukommen. "Besonders sind hierbei unsere medizinischen Fachangestellten diesem Stress ausgesetzt, der sie oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit führt", sagt Block.

Trotzdem müsse man versuchen, voranzukommen und dürfe keinen Impfstoff ungenützt lassen. Deshalb freut sich der Mediziner trotz der damit verbundenen Anstrengungen darüber, dass die niedergelassenen Impfärzte diese Woche in einer Sonderzuteilung 1000 Dosen Astra Zeneca erhalten und diese an Ältere verimpfen können. Dass manche ältere Impfwillige Astra Zeneca ablehnen und auf mRNA-Impfstoffen bestehen, mit denen auch Jüngere geimpft werden könnten, an die Astra Zeneca nicht mehr verimpft wird, hält er freilich für "mehr als fragwürdig". Durch diese "Rosinenpickerei" müssten Impfwillige unter 60 länger auf einen Impfstoff warten als eigentlich nötig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: