Kommentar:Wenn sie können

Die Corona-Politik in Bund und Land ist frustrierend anzuschauen. Zum Glück geht es auch anders

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es ist nun auch schon wieder einige Zeit her, dass man den Ausdruck "das neuartige Coronavirus" gehört oder gelesen hat. Betrachtet man nun aber die Pandemiepolitik in Bund und Land, könnte man meinen, das Virus sei erst gestern per Express aus Wuhan eingetroffen. Einen sehr deprimierenden Beleg dafür lieferte etwa die Debatte im bayerischen Landtag am Dienstag, in der die viel zu spät ergriffenen Maßnahmen notdürftig mit viel zu viel Rhetorik kaschiert wurden. Der Ministerpräsident zitierte sogar aus dieser Zeitung - in der eine Mitarbeiterin der Ebersberger Kreisklinik die Situation beklagte, die er selbst zumindest teilweise zu verantworten hat. Und nun? Werden diejenigen, die es immer tun, diese Fehler ausbaden, weil es ja sonst keiner macht.

Es ist bedrückend zu sehen, wie sich die Situation wiederholt. Seit 20 Monaten ist die Planlosigkeit und Ignoranz der Politik in Sachen Corona zu beobachten. Mögen die Wissenschaftler mahnen, die Kliniken und Mediziner warnen, reagiert wird auf den letzten Drücker und meist ist der Druck auch nicht ausreichend. Bedrückend eben. Dagegen ist es beeindruckend zu sehen, wie sich die Leute engagieren, die gewissermaßen an vorderster Front stehen und das seit dem Zeitpunkt, als Corona hierzulande wirklich noch neuartig war. Krankenhäuser organisieren ihren gesamten Betrieb binnen Tagen, zur Not binnen Stunden, komplett um. Wer weiß, was für eine komplexe Maschine so eine Klinik ist, kann dem nur höchste Anerkennung zollen. Diese gilt auch allen, die in den Kliniken arbeiten, eine Tätigkeit, die schon zu "normalen Zeiten" - so es diese im Krankenhaus überhaupt gibt - mehr als anspruchsvoll ist. Nun kommt als "Bonus" noch eine zumindest abstrakte Lebensgefahr dazu, denn natürlich ist auch dreifach geimpftes Klinikpersonal nicht komplett immun gegen Corona, und jede Person, die deswegen behandelt werden muss, erhöht das Risiko, sich selbst anzustecken.

Ein Risiko, das auch diejenigen eingehen, die seit Tagen wieder unter Hochdruck Corona-Impfungen unter die Leute bringen. Die gute Nachricht bei all den schlechten scheint zu sein, dass immer mehr dieser Leute offenbar begriffen haben, dass eine Impfung notwendig ist - mit der Folge, dass die Angebote überrannt werden. Der Impfbus wird daher in eine stationäre Einrichtung überführt, die beiden Impfzentren in Ebersberg und Poing massiv ausgebaut. Auch das eine logistische Leistung, von der sich so manche, die sich gerne mit Macht und Verantwortung schmücken, eine Scheibe abschneiden könnten - aber es nicht müssen, weil fürs Machen gibt es ja die, die es immer machen, weil man es eben machen muss.

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