Süddeutsche Zeitung

Chronische Erschöpfung:Eine Auszeit mit Strahlkraft

Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann legt auf ärztlichen Rat eine lange Pause ein. Mit seiner Erkrankung geht der SPD-Politiker bemerkenswert offen um

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Mitte April entscheidet sich Markt Schwabens Bürgermeister zu einem Schritt, der für Politiker eher ungewöhnlich ist: Georg Hohmann (SPD) teilt öffentlich mit, dass er sich wegen chronischer Erschöpfung für eine unbestimmte Dauer in ärztliche Behandlung begibt. Die Aufgaben im Markt Schwabener Rathaus übernehmen fortan seine Stellvertreter.

Bemerkenswert ist an Hohmanns Entscheidung die Art, wie er in der Öffentlichkeit damit umgeht. Naheliegend wäre, den Krankenstand per Pressemitteilung zu verkünden. Der damals 66-jährige Hohmann aber geht einen anderen Weg: Er ruft in der Redaktion an und spricht offen über die Hintergründe. "Mir ist wichtig, dass die Bürger wissen, warum ich in nächster Zeit nicht da bin", erklärt er im Gespräch mit der SZ. Dass es für ihn Normalität wurde, 12 bis 15 Stunden täglich zu arbeiten, zuzüglich der Wochenendeinsätze, die das Bürgermeisteramt mit sich bringt. "Ich habe gedanklich immer häufiger Sachen aus dem Büro mit nach Hause genommen", sagt er und verabschiedet sich per Appell an die Amtskollegen: "Passt auf euch auf."

Auf ärztlichen Rat kommt Homanns Pause zu einer Zeit, in der es in Markt Schwaben kommunalpolitisch rund geht, wie eigentlich immer seit Beginn der Planungen der neuen Schule vor drei Jahren. Dem bis dato größten und teuersten Bauprojekt der Gemeinde stehen in der Folge zwei Bürgerbegehren im Weg, die viel Wirbel verursachen. Hinzu kommt an Ostern der Ärger um eine Kindertagesstätte im Ort - eine medial erzeugte Posse, die sogar im bayerischen Landtag diskutiert wird. Georg Hohmann wird das alles zu viel.

Während seiner Auszeit teilen sich der zweite Bürgermeister Albert Hones (CSU) und der dritte Bürgermeister Joachim Weikel (Grüne) Hohmanns Aufgaben - wobei Hones vor allem die Rathausgeschäfte leitet und Weikel sich um das gemeindliche Blockheizkraft-Unternehmen "Kums" kümmert. Fünfeinhalb Monate sind die beiden kommissarisch im Einsatz, ehe sich Hohmann wiedergenesen zurückmeldet.

Ende September ruft der Bürgermeister am Tag nach seiner Rückkehr wieder selbst an, abermals spricht er offen über die Krankheit - und seine Schlüsse daraus. Er werde sich künftig strenger an die Arbeitszeiten halten, besonders am Wochenende und am Abend, so Hohmann, dem Beispiel von Kollegen aus umliegenden Landkreisen folgend. "Es geht auch ohne mich", sagt Hohmann. Spätestens nach den Kommunalwahlen 2020 muss es das auch. Georg Hohmann ist dann 68 und kann aus Altersgründen nicht mehr antreten.

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Quelle:
SZ vom 28.12.2018
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