Süddeutsche Zeitung

Caritas bietet Trägerschaft an:Eine Insel für die letzten Tage

Mit einem stationären Hospiz wird es in Ebersberg vorerst nichts. Dafür ist nun eine spezielle Wohngruppe geplant, in der schwerkranke Menschen betreut werden können

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Schmerzen und Angst begleiten ohnehin oft die letzten Lebenswochen von schwerkranken Menschen. Immer wieder kommt dann aber auch noch die Unsicherheit dazu, wo sie diese Zeit verbringen sollen: Die Palliativstation der Kreisklinik darf Schwerkranke nur für einen bestimmten Zeitraum aufnehmen, die Pflegeheime sind schlecht gerüstet für stark betreuungsbedürftige Kranke, auch Angehörige können diese Aufgabe oft nicht meistern. Künftig könnte es eine Anlaufstelle geben, in der Patienten in ihrer letzten Lebensphase gut betreut werden können: eine so genannte "Hospizinsel", wie sie bereits in einigen Nachbarlandkreisen erprobt wird. Der Sozialausschuss des Kreistags will hierfür nun ein Konzept erstellen lassen.

Ursprünglich hatte die CSU/FDP-Fraktion im Kreistag die Einrichtung eines klassischen stationären Hospizes beantragt. Doch die Chancen stehen schlecht, dass dieses Projekt in absehbarer Zeit verwirklicht werden könnte, denn derzeit entstehen in der Region - unter anderem im Nachbarlandkreis Erding - mehrere Hospize; die Entscheidungsträger bei den Krankenkassen sehen den Bedarf dadurch gedeckt. Auf der Suche nach Alternativen sind die Fachleute aus der Verwaltung im Landratsamt, des örtlichen Hospizvereins und des Zentrums für Ambulante Hospiz- und Palliativversorgung auf das Konzept der Hospizinsel gestoßen.

Es handelt sich dabei um so etwas wie eine Wohngemeinschaft, in der Schwerkranke von mehreren Pflegekräften und Helfern des Hospizvereins betreut und versorgt werden. Gedacht ist das Angebot für Menschen, die palliativ behandelt werden und die zu Hause nicht mehr versorgt werden können. Es kann auch nur tage- oder wochenweise in Anspruch genommen werden, beispielsweise in Situationen, in denen pflegende Angehörige eine Entlastung brauchen. Intensive Rundumversorgung wie in einem stationären Hospiz ist hier hingegen nicht möglich, das kritisierten insbesondere Marina Matjanovski und Rolf Jorga, die sich bei der CSU federführend für ein Hospiz eingesetzt hatten. Manche der Menschen in Hospizen könnten nicht einmal die Notfallglocke bedienen, merkte Matjanovski an, sie bedürften häufiger Umbettung, Reinigung und Medikamentengabe. Für solche Fälle sei eine Hospizinsel auch künftig keine Option.

Das räumten auch alle Fachleute ein, dennoch könnte die Wohngruppe immer noch vielen die Möglichkeit bieten, ihre letzten Tage oder Wochen in der Nähe ihrer Lieben zu verbringen. Man solle doch bitte pragmatisch statt dogmatisch handeln, appellierte Christian Salberg, Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Demografie, an die Kreisräte. Denn es sei nun einmal so, dass man ein echtes Hospiz derzeit nicht genehmigt bekomme: "Wir drehen uns im Kreis." Auch andere Kreisräte warben dafür, nun doch wenigstens diese Idee weiterzuverfolgen. Wenn man denn überhaupt die Möglichkeit habe "auf den letzten Metern im Leben Unterstützung zu finden", müsse man doch zugreifen, sagte etwa Uli Proske (SPD).

Zumal es schon einen Partner und möglicherweise einen Ort gäbe, wo die Hospizinsel entstehen könnte, wie Hans Leonhard Schneider, der Vorsitzende des Christophorus Hospizvereins, erläuterte. Denn die Caritas, die auch Trägerin des Zentrums für ambulante Hospiz- und Palliativversorgung im Landkreis ist, hat sich bereit erklärt, auch die Hospizinsel zu betreiben. Und Räume sind gerade im Pfarrer-Guggetzer-Haus an der Kreisklinik frei geworden. Dort waren bis vor kurzem Patienten der Klinik untergebracht, diese sind aber wieder in das frisch sanierte Bettenhaus umgezogen. Ohne große Umbaumaßnahmen könnte man das Erdgeschoss des Hauses sofort in Räume für die Wohngemeinschaft umbauen, sagte Schneider. Stefan Huber, der Geschäftsführer der Kreisklinik, habe auch schon grundsätzliches Wohlwollen signalisiert - mit der ausdrücklichen Vorgabe, dass die WG völlig unabhängig von der Kreisklinik betrieben wird. Synergien könnte man trotzdem nutzen, beispielsweise könnte die Wohngruppe das Essen von der Klinik beziehen.

Der Ausschuss signalisierte grundsätzliche Zustimmung, ein genaueres Konzept soll im Herbst vorgelegt werden. Die Kreisräte beschlossen mehrheitlich auch, dass man trotzdem langfristig an der Realisierung eines stationären Hospizes im Landkreis festhalten will.

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Quelle:
SZ vom 31.05.2019
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