Süddeutsche Zeitung

SZ-Kulturpreis Tassilo:Cafés wie Cafés sein können

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Die Cafés Übrig und Blabla erhalten Tassilo-Sozialpreise, die vom SZ-Adventskalender gestiftet werden. Beide werden von Ehrenamtlichen betrieben, die Teilen und Miteinander in den Mittelpunkt ihres Wirkens stellen.

Café Übrig: "Übrig", dass sei ihr Sinnspruch in der Küche gewesen, nachdem sie den Text zur Bewerbung des Freisinger Café Übrig für den Tassilo-Sozialpreis gelesen hatte, sagte Patin Sophie Pacini. Seitdem überprüfe sie sehr genau, was sie noch im Kühlschrank habe und was wirklich gebraucht wird.

Es ist tatsächlich ein einzigartiger Ort, den der Verein Übrig in Freising geschaffen hat: Bayerns erstes Foodsharing-Café. Nach dem Motto "sharing is caring" kommt dort jeder auf seine Kosten, ohne etwas bezahlen zu müssen - oder eben so viel, wie er mag und kann. Das Team um die Vereinsvorsitzende Carolin Stanzl bietet an, was andernorts verschmäht wird: Obst, Gemüse, Milchprodukte, Brot - eben das, was noch übrig ist. Die Idee dahinter ist simpel: Der Verein sammelt noch haltbare Lebensmittel, die in Supermärkten, Bäckereien oder Privathaushalten übrigbleiben. Jeder, der will, kann sich am "Fairteiler" kostenlos bedienen. Über Netzwerke wie Foodsharing.de erhält das Café Übrig täglich mehrere Kisten voll geretteter Lebensmittel. Das Café ist eingerichtet wie ein gemütliches Wohnzimmer und sogar barrierefrei. Auch die Möbel sind gespendet. Das Konzept kommt gut an in Freising, gerade bei denen, die zu den Schwächeren in der Gesellschaft zählen. Dafür bekommt der Verein nun den Tassilo-Sozialpreis der Süddeutschen Zeitung.

Café Blabla: Das Publikum im Café Blabla ist international. Die Gäste kommen aus dem Irak oder aus Iran, aus Indien, aus Eritrea, aus der Ukraine - und natürlich auch aus Deutschland. Für die meisten von ihnen ist das Café ein zweites Wohnzimmer geworden. Hier können sie nicht nur bei Kaffee, Tee und Kuchen Kontakte knüpfen, Musik hören, Gesellschaftsspiele machen und ein bisschen Deutsch sprechen. Sie können auch Deutsch lernen und Nachhilfe bekommen. Sie können sich für Computer-, Fahrrad- und Schwimmkurse anmelden. Sie können Fragen stellen, wenn sie Formulare ausfüllen müssen, wenn sie einen Arzt oder einen Anwalt brauchen. Eine Arbeit oder eine Wohnung, einen Kita- oder Hortplatz suchen.

Das Café Blabla in Herrsching ist kein normales Café. Und es ist gleichzeitig ein ganz normales Café. Betrieben wird es von Ehrenamtlichen, die sich 2016 im Verein "Wir schaffen das e.V." zusammengeschlossen haben. Die Mitarbeiter kennen die meisten Besucher des Cafés persönlich und sie kennen auch ihre jeweiligen Geschichten und Probleme. Sie freuen sich mit ihnen, wenn es wieder einmal jemand geschafft hat, das Containerdorf zu verlassen und eine eigene Wohnung zu beziehen. Ohne die Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern hätten die meisten Geflüchteten keine Chance, in Deutschland Fuß zu fassen. Ein Café Blabla sollte es eigentlich in jedem Ort geben, fand auch die Geschäftsführerin des SZ-Adventskalenders Anita Niedermeier, der den Sozialpreis stiftete.

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SZ/kmp/flha
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