"Bunt statt Braun" in Ebersberg:"Ihr seid nicht alleine"

Ein Infoabend zum Thema Rassismus erreicht kaum Betroffene, dafür aber viele Multiplikatoren

Von Vicky Burkholder, Ebersberg

"Ich werde ständig angefeindet", erzählt ein junger Mann aus Eritrea. Egal wo, egal wann. Inzwischen hat er resigniert, er versucht, die Kommentare zu überhören. Doch er ist enttäuscht. Enttäuscht von einem Land, in das er geflohen ist, um Frieden und Akzeptanz zu finden. Und er hat Angst. Der junge Ostafrikaner lebt hier im Landkreis Ebersberg und ist einer der wenigen Betroffenen - drei an der Zahl - die zu einem Infoabend zum Thema Rassismus vom Bündnis "Bunt statt Braun" gekommen sind. Zu groß war wohl bei vielen Opfern, vor allem bei Geflüchteten, die Hemmschwelle. Zu ungewohnt die Situation, offen über Anfeindungen zu sprechen.

Trotzdem sind die Veranstalter danach nicht unzufrieden. "Wir haben zwar unser ursprüngliches Ziel nicht erreicht, aber dennoch ein gutes Ergebnis erzielt", sagt Angela Warg-Portenlänger von Bunt statt Braun. Denn auch, wenn nicht viele Betroffene den Mut aufbringen konnten, so kamen doch insgesamt rund 35 Gäste - engagierte Einzelpersonen sowie Mitarbeiter von Helferkreisen oder anderen Organisationen, um die Vorträge des Vereins "Bud" (Beratung, Unterstützung, Dokumentation für Opfer rechtsextremer Gewalt) und der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus" zu hören. Und sie wiederum sind wichtige Multiplikatoren, die den Umgang mit der Problematik an die Betroffenen herantragen und mit ihnen gemeinsam das Erlebte aufarbeiten können.

Aber wie reagiert man nun, wenn man Opfer oder Zeuge eines rassistischen Übergriffes wird? Die Referenten des Bud raten dazu, grundsätzlich ruhig zu bleiben - auch wenn man am liebsten explodieren würde. Aus der Situation herausgehen, nicht handgreiflich werden, so lauten die Tipps. Das ist besonders wichtig für Geflüchtete, denn wenn der Konflikt eskaliert, kann das in jeder Hinsicht nach hinten losgehen: Abgesehen von der Verletzungsgefahr sei es nicht ausgeschlossen, dass sie am Ende als Aggressor dastünden - viele Mitglieder rechter Gruppierungen seien geübt darin, das Opfer zum Täter zu machen. Das wiederum kann sich negativ auf sämtliche Bereiche auswirken, die den Asylantrag betreffen. Ebenso wichtig: Auch wenn die Angst vor Übergriffen groß ist, sollte man keine Waffen bei sich tragen. Sie können allzu leicht gegen das Opfer verwendet werden.

Auch als Beobachter sollte man, wenn die Gefahr eines tätlichen Übergriffs im Raum steht, deeskalierend handeln. "Sich nicht an die Täter, sondern an das Opfer wenden, ihm Hilfe anbieten, es aus der Situation herausnehmen", erklärt Angela Warg-Portenlänger. Im Einzelfall könne es natürlich durchaus angebracht sein, die Aggressoren zu maßregeln, "aber die Sicherheit sollte vorgehen". Keinem ist gedient, wenn die Sache aus dem Ruder läuft.

Betroffen von Rassismus und Ausgrenzung sind natürlich insbesondere Menschen, die aufgrund ihres Aussehens schnell auffallen. Aber auch sexuelle Orientierung kann ein Grund sein. Derzeit, so Angela Warg-Portenlänger, würden aber sogar Kinder mit asiatischen Wurzeln in der Schule angefeindet, wegen des Coronavirus. Und: "Nicht nur Flüchtlinge und Migranten sind betroffen. Auch wir alle, die wir uns für sie einsetzen", sagt Philip Spiegelsberger, Geschäftsführer des Kreisjugendrings und Mitglied von Bunt statt Braun. "Aber wir können uns leichter Hilfe holen. Wichtig ist: Wir müssen uns gegenseitig unterstützen."

Insofern verlief der Abend zwar anders, als geplant, aber nicht weniger erfolgreich. "Es wurde sichtbar, dass es dieses Problem im Landkreis Ebersberg gibt", zieht Spiegelsberger Bilanz. "Außerdem haben wir Multiplikatoren erreicht - und deutlich gemacht: Ihr seid nicht alleine."

Mehr Infos zum Thema Rassismus gibt es auf der Homepage des Kreisjugendrings www.kjr-ebe.de. Betroffene und Interessierte können sich außerdem an Bunt statt Braun, B.U.D., die Mobile Beratung gegen http://www.kjr-ebe.deRechtsextremismus oder die Kooperationspartner der Veranstaltung wenden: Helferkreis Asyl, Katholisches Kreisbildungswerk, AJZ, Integrationsbeauftragter der Stadt.

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