Bundestagswahl im Landkreis Ebersberg:Von wegen klein

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Zum zweiten Mal in Folge räumen Grüne und FDP im Landkreis Ebersberg bei der Bundestagswahl ab. Die Ökopartei schiebt sich sogar an der SPD vorbei auf den zweiten Platz, die CSU bricht massiv ein

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Landkreis zeigt erneut seine Sympathie für die Kleinen. Auch wenn Grüne und FDP im neuen Bundestag deutlich hinter Schwarz und Rot landen, in Ebersberg sind die Liberalen und die Ökopartei die großen Gewinner. Und das schon zum zweiten Mal, bereits 2017 hatten die beiden Parteien hier sehr gute Ergebnisse erzielt. Die FDP hat das ihre weitgehend behauptet, die Grünen sich sogar noch verbessert, sie liegen nun landkreisweit auf dem zweiten Platz, noch vor der SPD.

Doch auch den Roten ist diesmal ein Erfolg geglückt, sie haben einen Trend gedreht: Nach einem Zwischenhoch 2013 verloren die Genossen vor vier Jahren mehr als fünf Prozentpunkte und fuhren das bislang schlechteste Landkreisergebnis ein. Gerade einmal 12,8 Prozent der Ebersberger wollten damals noch SPD wählen. Nun sind es immerhin wieder knapp 16 Prozent. Trotzdem reicht es im Landkreis nur für Platz drei, im Wahlkreis insgesamt aber sind sie Zweiter.

Abstimmung in Grafing: Auch im Landkreis wurde es ein spannender Wahltag. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor vier Jahren war das im Landkreis die FDP, sie scheint diesmal etwa so beliebt zu sein, wie 2017, dafür sind andere beliebter geworden. Bei den Liberalen vielleicht kein Grund zur ausgelassenem Jubel, aber wohl zur Zufriedenheit. In den vergangenen Jahren glich die FDP-Kurve im Landkreis einer Achterbahn, die bei der TÜV-Abnahme durchgefallen ist: Seit Bestehen des Wahlkreises 2005 lagen die Ergebnisse bei jedem Urnengang entweder weit über oder weit unter dem vorangegangenen. Diesmal scheint die Unterstützung stabil.

Ein wenig Berg-und-Tal-Fahrt gab es in den vergangenen Jahren auch bei den Grünen, wenn auch etwas moderater: Nach einem Einbruch um knapp vier Prozentpunkte vor acht Jahren geht es für die Ökopartei seitdem stetig bergauf. Heuer haben die Grünen das bislang beste Ergebnis eingefahren, das sie im Landkreis je erzielten und sich außerdem an der SPD vorbeigeschoben, auch das ist eine Premiere.

Eine solche gibt es auch bei der Partei, die nach Stimmen und Prozenten einerseits die stärkste geworden ist, andererseits diesmal aber so schlecht abgeschnitten hat, wie noch nie. Gerade einmal 32,6 Prozent der Stimmen bekamen die Christsozialen im Landkreis, was nicht nur deutlich unter dem Ergebnis von vor vier Jahren liegt, sondern auch insgesamt das schlechteste ist, welches die CSU hier jemals eingefahren hat - und zwar nicht nur seit Bestehen des Wahlkreises, sondern seit es Bundestagswahlen gibt.

Ebenfalls ein historisches Tief fährt die CSU bei den Erststimmen ein, für Platz eins im Wahlkreis reicht es dennoch. Was zeigt, dass die Sympathien für den Direktkandidaten höher sind, als für seine Partei. Bei den meisten anderen war es genau umgekehrt, da lag das Ergebnis für die Partei stets höher, als für die Person. Mit einer Ausnahme: Grünen-Kandidat Christoph Lochmüller übertraf das Zweitstimmen-Ergebnis, wenn auch nur knapp. Neben den Christsozialen hat auch die AfD deutlich Federn lassen müssen. Im Landkreis büßten sie rund vier Prozentpunkte ein und landeten sogar noch hinter den Freien Wählern auf dem sechsten Platz. Ähnlich sind die Verluste bei den Erststimmen, auch hier reicht es nur für Platz sechs im Wahlkreis, im Landkreis immerhin für Platz fünf.

Regional zeigen sich indes starke Unterschiede - aber auch eine Gemeinsamkeit: Die CSU verliert in allen 21 Landkreiskommunen an Zustimmung, besonders hoch ist der Absturz dort, wo die Ergebnisse in der Vergangenheit überdurchschnittlich gut waren: Im Süden, gewissermaßen dem schwarzen Herz des Landkreises, etwa in Frauenneuharting. Bei der Wahl, die Angela Merkel das erste Mal die Kanzlerschaft einbrachte, wählten dort noch fast 72 Prozent die CSU, vor vier Jahren war die kleine Gemeinde im Landkreis-Süden die einzige, in der die CSU noch über 50 Prozent kam - wenn auch nur einen halben Punkt. Zehn weniger sind es heuer, dafür gibt es rekordverdächtige 16 Prozent für die Freien Wähler. Was indes nur deren zweitbestes Ergebnis ist, in der Nachbargemeinde Emmering gibt es sogar eineinhalb Prozentpunkte mehr für Orange. Auch dies einst eine Hochburg der CSU, vor 16 Jahren hatten die Christsozialen noch eine Dreiviertelmehrheit, bei der vergangenen Wahl fielen sie erstmals unter 50, heuer sind es noch knapp 36 Prozent.

In den größeren Gemeinden sind es dagegen vor allem die Grünen und die SPD, die von der Schwäche der CSU profitieren. Wobei erstere besonders in den großen Kommunen entlang der S-Bahn besonders gut zulegen konnten. In drei von sieben liegen die Grünen diesmal vor der SPD, darunter in der größten Landkreiskommune Vaterstetten, was nicht unwesentlich zum Gesamtvorsprung beigetragen haben dürfte.

So unterschiedlich der Wahlabend für die Parteien im Landkreis auch ausgegangen ist, über ein Ergebnis dürften alle wohl erfreut sein: Die Beteiligung ist so hoch wie noch nie seit Bestehen des Wahlkreises. Insgesamt 85,1 Prozent der Berechtigten habe ihre Stimme abgegeben, im Wahlkreis insgesamt waren es knapp 84 Prozent, auch das ein Rekord. Die fleißigsten Wähler im Landkreis wohnen offenbar in Egmating, wo fast 89 Prozent ihre Stimmen abgegeben haben. Am wenigsten Interesse an der Wahl gab es mit knapp 80 Prozent in Markt Schwaben - was aber immer noch eine überdurchschnittliche Beteiligung ist.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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